Ein Mann sitzt am Küchentisch. Vor Ihm steht ein Laptop aufgeklappt und es liegen mehrere Zettel vor ihm. Außerdem steht vor ihm eine Kaffeetasse. Er hat ein Bein auf einen Stuhl gestellt und liest mit kristischem Blick eine Rechnung. Der Mann hat dunkle Haare, einen Dreitagebart und hat eine Brille auf.

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat auf eine Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (VZ NRW) gegen einen Energieversorger hin entschieden, dass Preiserhöhungen an Kundinnen und Kunden besonders transparent und hinreichend verständlich kommuniziert sein müssen.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt die VZ NRW gegen den Strom- und Gasanbieter „immergrün“, eine Marke der Rheinischen Elektrizitäts- und Gasversorgungsgesellschaft mbH (REG). Stein des Anstoßes ist das Verhalten der REG in der Energiekrise.

So hatte REG Verbraucherinnen und Verbrauchern Abschlagserhöhungen und erhebliche Preiserhöhungen angekündigt. Diese Erhöhungen hatte REG lediglich mit gestiegenen Großhandelspreisen und mit einer Zunahme der operativen Kosten begründet. Zudem wurden einigen Kundinnen und Kunden ihre Kündigungen bestätigt, ohne dass diese de facto gekündigt hatten. Vereinzelt erfolgte auch eine Abmeldung vom Netz, obwohl ein Liefervertrag existierte.

Zunächst ist die VZ NRW hier per einstweiliger Verfügung gegen die REG vorgegangen. Danach folgte das Klageverfahren vor dem Landgericht (LG) Köln und das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf, welche die Sichtweise der VZ NRW im Wesentlichen bestätigt haben. Gegen das letzte Berufungsurteil des OLG Düsseldorf legte die REG Revision zum BGH ein. In diesem Verfahren befinden wir uns nunmehr.

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Die beklagte REG gibt hier zu verstehen, dass sie ihr Verhalten in der streitgegenständlichen Situation als völlig angemessen erachte. Es sei eine ausreichende und offensichtlich zutreffende Begründung darauf hinzuweisen, dass die Großhandelspreise extrem angestiegen seien und sich die operativen Kosten somit erhöht hätten.

Die klagende VZ NRW bewertet die Sache hier völlig anders. Ihrer Ansicht nach erfüllt die REG die Transparenzanforderungen, die das Energiewirtschaftsgesetz (EWG) aufstellt, nicht. Hiernach sind Anlass, Voraussetzungen und Umfang von Preiserhöhungen mitzuteilen. Als Anlass müsste ein konkreter Grund genannt werden, aus dem der Energielieferant ein Recht zur einseitigen Preiserhöhung ableiten möchte. Allgemeine Formulierungen und Allgemeinplätze seien hierfür nicht ausreichend.  

Letzter Ansicht hat sich auch der BGH angeschlossen und die REG entsprechend dem Klageantrag zu mehr Transparenz und Verständlichkeit verurteilt.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat der BGH, das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, in einem Revisionsverfahren abschließend entschieden. Es wird keine weitere Entscheidung in dieser Sache mehr geben.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Konkret stärkt dieses Urteil Kundinnen und Kunden der REG den Rücken. Sie können nun mehr Transparenz und Verständlichkeit von dieser erwarten und haben damit bessere Vergleichsmöglichkeiten mit Konkurrenzprodukten.

Allgemein bedeutet dieses Urteil auch, dass andere Strom- und Gaslieferanten diese Transparenz- und Verständlichkeitsanforderungen erfüllen müssen. Damit wird es für Strom- und Gaslieferanten immer schwieriger, sich in dem undurchsichtigen Tarifdschungel überraschende und nicht nachvollziehbare Vorteile zu verschaffen.

Ist die Entscheidung gut? 

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Der BGH weist den Energie- und Gaslieferanten REG („immergün“) stellvertretend für andere Anbieter auf dem Markt in seine Schranken.

Gerade auf dem Strom- und Gasmarkt sind Transparenz und Verständlichkeit von besonderem Interesse für Verbraucherinnen und Verbraucher. Man will nachvollziehen können, worauf eine Preiserhöhung konkret basiert, um gegebenenfalls von seinem sogenannten Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen und sich für ein günstigeres Konkurrenzprodukt entscheiden zu können.

Somit stärkt dieses Urteil auch die Rechtsstellung von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber ihren Strom- und Gaslieferanten. Erstere können somit durch ihr Verhalten (Ausübung des Sonderkündigungsrechts) darüber entscheiden, ob sie ein Verhalten der letzteren (Preiserhöhungen) für transparent und logisch halten und dieses im Wege der Vertragstreue mittragen wollen. Keinem Gas- und Stromlieferanten ist es jedoch gestattet, Verbraucherinnen und Verbraucher buchstäblich im Kalten sitzen zu lassen und diese willkürlich vom Netz abzumelden. Das stellt dieses Urteil jedenfalls auch klar.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Verbraucherinnen und Verbraucher sollten bei den Rechnungen ihrer Strom- und Gaslieferungsverträge peinlich genau darauf achten, ob für sie alles verständlich kommuniziert und transparent dargestellt ist. Sollte dies nicht der Fall sein, sollten sie unmittelbar mit ihrem Strom- und Gaslieferanten Kontakt aufnehmen, um die konkreten Verständnislücken zu schließen. Dieses Urteil macht klar, dass sie einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Transparenz und verständliche Kommunikation haben.
Sollte auch dieser Versuch erfolglos verlaufen, so wäre unmittelbar Kontakt mit der Verbraucherzentrale vor Ort aufzunehmen, um das weitere Vorgehen abzustimmen (zum Beispiel: Abmahnung, Verpflichtung zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung, Klage…).

Wo ist das Urteil zu finden?

Das BGH-Urteil vom 21.10.2025 hat das Aktenzeichen Az EnZR 97/23.

Stand: November 2025

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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