Ein Mann sitzt an einem Laptop, mann sieht nur Arme und Hände. Im Vordergrund des Bildes sind Icons eingeblendet, die einen Richterhammer, eine Waage und ein Gericht abbilden.

Aufgepasst bei Gebührenerhöhungen von Sparkassen

Nach einem Urteil des Kammergerichts (KG) Berlin muss sich die Sparkasse Berlin das ausdrückliche Einverständnis der Kundinnen und Kunden einholen, um Gebühren für Girokonten zu erhöhen oder einzuführen. Stillschweigen ist kein „Zustimmen“!

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt der vzbv (Verbraucherzentrale Bundesverband) gegen die Berliner Sparkasse. Stein des Anstoßes sind Gebührenerhöhungen der beklagten Sparkasse, die diese seit dem Jahr 2016 vornimmt, ohne dass Kundinnen und Kunden selbst aktiv zustimmen müssen.
Beispielhaft sei hier genannt, dass die Beklagte bereits im Jahr 2016 ihr „Girokonto Comfort“ auf „Giro Pauschal“ umstellte und die Gebühren hierfür einseitig um drei Euro erhöhte.

Zur Gesetzeslage hinsichtlich der vertraglichen Auswirkungen des Schweigens:  In § 241a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) findet sich der Grundsatz wieder, dass dem Schweigen im Rechtsverkehr grundsätzlich kein Erklärungswert beigemessen wird. Es ist somit weder als Zustimmung noch als Ablehnung zu werten. Ein gesetzlicher Ausnahmefall, bei dem man das Schweigen als Zustimmung verstehen kann (z.B. Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben) liegt hier nicht vor.

Der Kläger hat eine Musterfeststellungsklage erhoben, an der sich 1.200 Sparkassenkundinnen und -kunden beteiligt haben, um von ihnen zu viel gezahlte Gebühren zurückzuerhalten. 

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Der vzbv ist hier der Ansicht, dass die Beklagte ohne die ausdrückliche Zustimmung der Kundinnen und Kunden weder Gebühren neu einführen noch erhöhen dürfe. Dies habe der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2021 in dem sognannten „Postbank-Urteil“ bekräftigt. Die entsprechende Änderungsklausel in den AGBs (Allgemeine Geschäftsbedingungen) der Beklagten war unwirksam, was auch für andere Banken und Sparkassen gelte.

Die Beklagte hält die Klage für komplett unbegründet. Zum einen haben die Sparkassenkundinnen und Sparkassenkunden die von der Sparkasse angebotenen Dienste weiterhin rege in Anspruch genommen, was zumindest eine Zustimmung zu Gebührenanhebungen ableiten ließe. Zum anderen wurde keinem das Recht genommen, die Geschäftsbeziehungen zur Berliner Sparkasse aufgrund der veränderten Gebühren zu beenden. Ohne nennenswerten Unterschied liefen die Geschäftsbeziehungen zur Berliner Sparkasse weiter. Deshalb sei die Klage abzuweisen.

Das KG Berlin hat sich der klägerischen Sichtweise angeschlossen und der Klage stattgegeben.

Wichtiger Hinweis: In einem ähnlich gelagerten Fall können sich Kundinnen und Kunden weiterhin zu einer Musterfeststellungsklage des vzbv gegen die Sparkasse Köln/Bonn anmelden.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das Kammergericht (KG) Berlin zweitinstanzlich entschieden. Gegen diese Entscheidung könnte zwar noch das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden. Dies ist jedoch nicht zu erwarten, da sich das Urteil an der eindeutigen gesetzlichen Bestimmung des § 241a Abs. 2 BGB orientiert.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucherinnen beziehungsweise Verbraucher aus?

Die Auswirkung dieses Urteils auf die Verbraucherinnen beziehungsweise Verbraucher ist offensichtlich: Wir befinden uns im Privatrecht und da darf der eine Vertragspartner dem anderen Vertragspartner nicht ohne dessen Zustimmung höhere Entgelte für seine Leistungen berechnen.

Außerdem - und das habe ich bereits zu einem früheren Urteil ausgeführt - sollte man nicht auf den Trick mancher Banken und Sparkassen hereinfallen, die von ihnen erhobenen Entgelte als Gebühren zu bezeichnen. Banken und Sparkassen sind keine Behörden, sondern privatrechtlich organisiert und handeln privatrechtrechtlich. Es wäre meines Erachtens daher richtiger von Kontoführungsentgelten anstatt Kontoführungsgebühren zu sprechen.

Ist das Urteil gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil stärkt Kundinnen und Kunden gegenüber ihren Kreditinstituten (Banken oder Sparkassen) den Rücken. Letztere dürfen sich bei Gebührenerhöhungen nicht auf einseitige Gebührenerhöhungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, zu deren Geltung die Kundin beziehungsweise der Kunde nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Zur Wirksamkeit solcher Gebührenerhöhungen ist zwingend – und das stellt dieses Urteil klar – eine ausdrückliche Zustimmung der Kundin beziehungsweise des Kunden erforderlich.

Was kann die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher jetzt tun?

Verbraucherinnen beziehungsweise Verbraucher sollten immer überprüfen, ob sie bestimmten Entgeltsätzen oder Entgelterhöhungen ihrer Kreditinstitute ausdrücklich zugestimmt haben. Eine vom Verhalten der Bankkunden abgeleitete Zustimmung, zum Beispiel durch die Inanspruchnahme von Bankautomaten oder sonstigen Bankleistungen, kann das Erfordernis einer ausdrücklichen Zustimmung nicht ersetzen. Wenn eine ausdrückliche Zustimmung nicht gegeben ist, können Rückforderungsansprüche gegen das Kreditinstitut bestehen. In einem solchen Fall wäre die Verbraucherzentrale zu kontaktieren, um zu überprüfen inwiefern dann kostensparend und erfolgreich gegen das betreffende Kreditinstitut vorgegangen werden kann (Stichwort: Musterfeststellungsklage). 

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des KG Berlin vom 27. März 2024 hat das Aktenzeichen Az 26 MK 1/21.

Stand: April 2024

 

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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