Zwei Personen sitzen sich gegenüber. Vor ihnen liegt ein Vertrag. Eine Person hält einen Stift in der Hand und unterschreibt den Vertrag. Im Hintergrund liegt ein Taschenrechner und ein Modelhäuschen aus Holz.

Aufgepasst bei kreativen Bankentgelten

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt darf die Degussa Bank Kundinnen und Kunden, die einen Immobilienkredit vorzeitig zurückzahlen, keinen über die übliche Vorfälligkeitsentschädigung hinausgehenden „Institutsaufwand“ von 300 Euro pauschal in Rechnung stellen.

Worum geht es bei der Entscheidung?

 Geklagt hat hier der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Degussa Bank. Hintergrund dieses Rechtsstreits ist, dass die Beklagte bereits im Jahr 2017 eine Klausel in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis führte, die sie dazu berechtigen sollte 300 Euro „Verwaltungsaufwand“ für die Berechnung der sogenannten „Vorfälligkeitsentschädigung“ geltend zu machen. Das Landgericht (LG) Frankfurt erklärte die vorgenannte Klausel für unwirksam, weshalb die Beklagte sie ersatzlos gestrichen hatte.

Drei Jahre später forderte die Beklagte erneut 300 Euro für die „Vorfälligkeitsentschädigung“. Diesmal unter dem Posten „Institutsaufwand“ im Berechnungsprotokoll.  Hiergegen wendet sich nunmehr der Kläger.

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Berechnung der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung eine Leistung ist, die ausschließlich im Interesse der Banken liegt. Es wäre nun sinnwidrig, wenn man vom Schuldner (hier: der Kundinnen und Kunden) einen Geldbetrag zur Berechnung der Entschädigungshöhe des Gläubigers (hier: der Degussa-Bank) verlangen würde. Außerdem ist die Aufnahme einer als Institutsaufwand in Höhe von 300 Euro bezeichneten Position in das Berechnungsprotokoll lediglich eine Umgehung des 2017 vom Landgericht ausgesprochenen Klauselverbots. 

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung eine zeitintensive und komplizierte „Sonder“-Arbeit darstellt und sie deshalb eine pauschale Vergütung in Höhe von 300 Euro hierfür verlangen könne.

Das OLG hat sich der ersten Ansicht angeschlossen. Hier komme ein Verstoß gegen §§ 306a, 309 Nr. 5b BGB in Betracht. Die pauschal in Rechnung gestellten 300 Euro könnten nur dann von der Bank verlangt werden, wenn die Verbraucherin oder der Verbraucher ausdrücklich der Nachweis eines geringeren oder entfallenden Schadens der Bank gestattet wäre. Außerdem liegt hier das offensichtliche Umgehen des 2017 ausgesprochenen Klauselverbots vor.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das OLG Frankfurt zweitinstanzlich entschieden. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde ausdrücklich nicht zugelassen. Es wird somit keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

 Dieses Urteil bricht eine Lanze für mehr Verbraucherschutz im Bankensektor. Konkret wird hier verhindert, dass die Degussa-Bank ein Entgelt für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung einnehmen kann.

Im Allgemeinen hat das Urteil jedoch eine weitere Ausstrahlungswirkung. Es zeigt, dass die Rechtsprechung gerade im Bankensektor genau hinschaut, für was genau ein Entgelt berechnet wird.  Über diese verbraucherfreundliche Rechtsprechung zur „Kostenfreiheit“ der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung können sich Kundinnen und Kunden nun freuen.

Ist die Entscheidung gut?

 Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Hier werden der Degussa-Bank - exemplarisch für alle anderen Banken – die Grenzen beim Eintreiben von Entgelten aufgezeigt. Der Kreativität von Banken beim Finden neuer Entgelttatbestände wird - leider noch zu selten – Grenzen gesetzt. Dieses Urteil bildet da eine positive Ausnahme.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

 Konkret hat dieses Urteil natürlich Relevanz für Kundinnen und Kunden der Degussa-Bank. Diesen dürfen die streitgegenständlichen 300 Euro nicht mehr in Rechnung gestellt werden. Wenn die 300 Euro bereits gezahlt worden sind, so müssten Kundinnen oder Kunden von der Degussa-Bank schriftlich mitgeteilt werden, dass ihnen die zu viel und rechtsgrundlos gezahlten 300 Euro zurückerstattet werden. Sollte dies wider Erwarten nicht geschehen, wäre unmittelbar Kontakt mit der Verbraucherzentrale vor Ort aufzunehmen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Im Allgemeine sollten die von der Bank in Rechnung gestellten Entgelte kritisch unter die Lupe genommen werden. Zunächst handelt es sich bei Zahlungen an die Bank um Entgelte nicht um Gebühren. Gebühren werden nur von hoheitlichen, öffentlich-rechtlichen Institutionen veranschlagt, nicht jedoch von privatrechtlich agierenden Aktiengesellschaften wie die meisten BankenDavon sollten sich Verbraucherinnen oder Verbraucher nicht beeinflussen lassen. Die von der Bank erhobenen Entgelte müssten jedenfalls Leistungen umfassen, die auch der Kundin beziehungsweise dem Kunden zugutekommen und vor Vertragsschluss als solche geregelt sind.

Wo ist das Urteil zu finden?

 Das Urteil des OLG Frankfurt vom 04.10.2023 hat das Aktenzeichen Az 17 U 214/22.

Stand: Januar 2024

 

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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