Intuitiv essen - was bedeutet das?
Anders als bei vielen Diätformen geht es beim intuitiven Essen nicht um eine Gewichtsreduktion, sondern um die Rückbesinnung auf die natürlichste Ernährungsweise: Essen nach dem Bauchgefühl – der Intuition. Indem auf die eigenen Bedürfnisse und inneren Signale wie Hunger, Durst, Sättigung und Verträglichkeit der Speisen geachtet wird, soll das Wohlbefinden gesteigert und der Körper mit den Mengen und Bestandteilen aus der Nahrung versorgt werden, die er tatsächlich benötigt.
Statt ausgetüftelten Speiseplänen, strenger Einschränkung und Kalorienzählen stehen Zufriedenheit mit dem Essverhalten, dem eigenen Körper und sich selbst an oberster Stelle. Einschränkungen bezüglich der Lebensmittelauswahl gibt es nicht, alles ist erlaubt und Genuss steht im Vordergrund. Reue oder Schuldgefühle während und nach dem Essen sind fehl am Platz.
Die Begründerinnen der Thesen um das Intuitive Essen und Ernährungswissenschaftlerinnen Evelyn Tribole und Elyse Resch gehen davon aus, dass der Körper durch natürliche Anlagen in der Lage ist, mitzuteilen, was er braucht und in welchen Mengen. Allerdings ist das Bauchgefühl den meisten Menschen im Laufe ihres Lebens verloren gegangen und muss wieder neu erlernt werden.
Hunger und Sättigung – was ist das?
„Auf die Körpersignale achten“ – das klingt einfacher als es ist. Vielen Menschen fällt es nicht leicht, Appetit von Hunger zu unterscheiden oder zu wissen, wann sie satt sind.
So glauben nicht wenige, dass sie keinen Hunger mehr haben, wenn der Teller leer gegessen ist. Ob es sich dabei um das Sättigungsgefühl handelt oder Erziehung aus frühen Kindertagen bleibt fraglich.
Das Essen in Gesellschaft, Geruch, Geschmack, der Anblick einer leckeren Speise oder das Ambiente können das Sättigungs- und Hungergefühl beeinflussen.
Häufig erfolgt die Nahrungsaufnahme stets zur gleichen Tageszeit oder dann, wenn es gut in den Tagesrhythmus passt, unabhängig davon, ob Hunger verspürt wird: Frühstück – Mittagessen - Abendessen.
Auch bei Stress und Kummer wird ein starker Drang nach Essen verspürt. Nach den Seelentröstern wie Chips, Kuchen und Süßigkeiten bessert sich oftmals zwar die Laune, aber langfristig sind die Probleme nicht gelöst.
Folgende Anzeichen können auf Hunger hindeuten:
- Magenknurren
- Übelkeit
- Schwindel
- Kopfschmerzen
- Gereiztheit
- Konzentrationsschwäche
- Müdigkeit
Achtsamkeit ist das A und O
Um also wieder einen Draht zum eigenen Bauchgefühl herstellen zu können, gilt es achtsam mit seinem Körper umzugehen und eine mitfühlende und liebevolle Haltung zu sich selbst aufzubauen. Nur so können die Signale Hunger, Sättigung oder Appetit bewusst gespürt und auseinandergehalten werden. Da es bei der intuitiven Ernährung ums Essen geht, lassen sich folgende Achtsamkeitsübungen während der Mahlzeiten spielend leicht umsetzen:
- Volle Konzentration: Fernsehen, Smartphone oder Zeitung lenken beim Essen vom Wesentlichen ab – besser das Essen konzentriert genießen.
- Klein anfangen: Wer kleine Portionen auf seinem Teller hat, kann sich besser auf die Speisen konzentrieren und isst nicht zu schnell zu große Mengen. Ist der Hunger doch größer, kann man schließlich nochmal nachnehmen.
- Essen mit allen Sinnen: Es lohnt sich Farbe, Konsistenz und Textur der Speisen und Dekorationen genau anzuschauen, am Teller zu riechen und die ersten Bissen bewusst wahrzunehmen. Welche Kräuter und Gewürze kann man herausschmecken oder riechen? Sind die Nudeln al dente? Wie schön leuchtet die rote Bete?
- Pausieren und wirken lassen: Während des Essens können Messer und Gabel immer wieder zur Seite gelegt werden und die Speisen auf dem Teller erneut begutachtet werden. Sind alle Zutaten herauszuschmecken?
- Langsam essen und gut kauen! Wer langsam isst und die Bissen gut durchkaut, bekommt schneller ein Gefühl dafür, wann das Sättigungsgefühl eintritt. Das setzt nämlich verzögert ein – manchmal erst nach 20 bis 30 Minuten. Schnellesser kommen häufig an einen Punkt, an dem sie bereits über dieses Gefühl hinaus gegessen und zu viel Nahrung aufgenommen haben.
Burger und Schokolade statt Gemüse und Vollkorn?
Wer denkt, dass man sich nur noch von Süßigkeiten und Fast Food ernährt, wenn man auf sein Bauchgefühl hört, ist auf dem Holzweg. So zeigen einzelne Studien, dass Personen, die beim Essen ihrer Intuition folgen, nicht mehr fett- und zuckerhaltige Speisen verzehren als andere Menschen. Des Weiteren geht aus Untersuchungen hervor, dass bei den intuitiven Essern die Kalorienzufuhr vermindert und der Body Mass Index (BMI) um bis zu zwei Punkte verringert ist.
Grund dafür ist, dass das Verlangen nach Chips, Torte und Pommes nach einiger Zeit von alleine nachlässt. Stattdessen bildet der Körper ein Bedürfnis aus nach natürlichen, nährstoffreichen und unverarbeiteten Lebensmitteln - je nachdem welche Nährstoffe er in diesem Moment benötigt.
Langzeitstudien gibt es noch nicht
Wie sich eine intuitive Ernährung über einen längeren Zeitraum auswirkt, ist bisher kaum erforscht. In Anbetracht des großen Angebots an verarbeiteten, fett- und zuckerreichen Produkten bleibt zudem unklar, wie lange das Essen nach dem Bauchgefühl mit gesunden Lebensmitteln tatsächlich Bestand haben kann.
Fazit
Dass die Pfunde in null Komma nichts purzeln, ist mit der intuitiven Ernährung eher unwahrscheinlich, aber dies ist auch nicht das vorrangige Ziel. Wer bewusst genießt und seinen Fokus auf die Signale des eigenen Körpers legt, kann besser abwägen, worauf er wirklich Lust hat und was Körper und Seele guttut. Es gibt keine Lebensmittel, die bei der intuitiven Ernährung gemieden werden sollten. Dass sich daraus ein entspanntes und gesünderes Essverhalten entwickeln kann, ist mehr als denkbar.
Klar sollte aber sein, dass eine intuitive Ernährung individuell ausfallen kann und nicht für jeden Menschen die gleichen Effekte aufweist. Manche Menschen müssen ihren Körper auch erst kennenlernen, um die verschiedenen Signale richtig deuten zu können.
Die ErnährungsempfehlungenÖffnet sich in einem neuen Fenster der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) geben Auskunft über eine ausgewogene und vollwertige Lebensmittelauswahl. Schließlich sollte das Bauchgefühl keinen Freibrief schreiben für eine Schlemmerei ohne Maß und Ziel. (Sie)
Stand: September 2024