Worum geht es bei der Entscheidung?
Geklagt hat hier der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen ein Unternehmen aus Recklinghausen. Dieses hatte im Internet und in sozialen Medien für Behandlungen von Nase, Lippen, Kinn oder anderen Teilen des Gesichts durch Unterspritzen von Hyaluron oder Botox geworben. Der klagende Verband stößt sich an der Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern bei dieser Art der Behandlung und möchte ein Werbeverbot gerichtlich durchsetzen.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Nach Ansicht des klagenden vzbv stellt das verwendete Verfahren des Unterspritzens mit sogenannten "Fillern" auf Basis von Hyaluronsäure einen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff im Sinn des Heilmittelwerberechts dar. Hierfür sei die Werbung zu unterlassen.
Das beklagte Unternehmen sieht die Sache hier naturgemäß komplett anders und hält das Unterspritzen weder für ein operatives noch für ein plastisch-chirurgisches Verfahren.
Das OLG Hamm hat sich hier der klägerischen Sichtweise angeschlossen. Es wertete das Unterspritzen ebenfalls als operatives plastisch-chirurgisches Verfahren und hat die Werbung hierfür konsequenterweise verboten.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat das OLG erstinstanzlich über eine Unterlassungsklage entschieden. Gegen das Urteil hat das OLG die Revision zugelassen. Es ist nicht zu erwarten, dass der Bundesgerichtshof (BGH) plötzlich eine Hyaluronspritze nicht mehr als medizinischen Eingriff ansähe, der dann ja auch noch medizinisch notwendig sein müsste. Somit ist nicht davon auszugehen, dass gegen diese Entscheidung noch das Rechtsmittel der Revision zum BGH eingelegt wird.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?
Dieses Urteil bewirkt ein Mehr an Verbraucherschutz im Bereich von Unterspritzungen mit Hyaluron. Die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher darf nunmehr nicht mehr mit Vorher-Nachher-Bildern in der Werbung hierfür konfrontiert werden.
Ist die Entscheidung gut?
Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass die Gesundheit von der Rechtsprechung als ein sehr hohes schützenswertes Rechtsgut angesehen wird. Über Risiken eines operativen Verfahrens sind Verbraucherinnen und Verbraucher zwingend aufzuklären. Werbung, die nur Fälle zeigt, bei denen das Verfahren erfolgreich verlaufen ist, gehört nach diesem Urteil nicht dazu.
Was kann der Verbraucher jetzt tun?
Verbraucher sollten bei jeglichen Behandlungen oder auch plastisch chirurgischen Eingriffen immer im Kopf behalten, dass diese nicht risikolos gemacht werden können. Solche Fälle, bei denen sich das Risiko verwirklicht, sind in der Werbung natürlich nicht zu sehen. Man sollte sich stets seinen kritischen Blick auf jegliche Vorher-Nachher-Bilder bewahren und Werbeversprechen bei gesundheitlichen Eingriffen, die nicht auf die Risiken hinweisen, keinen Platz im eigenen Entscheidungsprozess einräumen.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des OLG Hamm vom 29.08.2024 hat das Aktenzeichen Az. 4 UKl. 2/24.
Stand: Oktober 2024