Silberlöffel mit blauen Mikroplastikteilen drauf. Um den Löffel liegen noch weitere blaue Mikroplastikteile verstreut.

Essen wir inzwischen täglich Mikroplastik?

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Salat Mikroplastik aus Reifenabrieb aufnehmen kann. Was ist Mikroplastik und was ist über Mikroplastik in Lebensmitteln bekannt?

Wo kommt das viele Mikroplastik her?

Kunststoffen begegnen wir im Alltag in den unterschiedlichsten Formen und das nahezu täglich. Mit der wachsenden weltweiten Kunststoffproduktion gelangt auch immer mehr Mikroplastik in die Umwelt.

Unter Mikroplastik werden sehr kleine Kunststoffpartikel und -fasern von unter fünf Millimeter Größe verstanden. Sie entstehen unter anderem als Bruchstücke durch Abrieb und Erosion aus größeren Plastikteilen wie Plastiktüten, -flaschen oder -verpackungen (sekundäres Mikroplastik) oder werden zum Beispiel als Trägermaterial für Dünger und Pflanzenschutzmittel genutzt (primäres Mikroplastik). Plastik, das in Form von Tüten oder Flaschen in die Umwelt gelangt, zerfällt durch Wind, Wasser und Witterungen über Jahre in immer kleinere Bruchstücke. Insbesondere der Eintrag von Mikroplastik in die Meere und seine Aufnahme durch Meerestiere wie Fische oder Muscheln wird seit einiger Zeit thematisiert. Auch in Honig, Tafelsalz, Mineralwässern und Bier wurden in Untersuchungen Mikroplastikpartikel nachgewiesen.

Mikroplastik in Meer, Tier und Pflanze

Gelangt Plastik in die Umwelt, verbleibt es dort auf unbestimmte Zeit und kann sich anreichern, da es kaum abbaubar ist. Weil auch Klärwerke die Mikroplastikpartikel im Abwasser nicht vollständig herausfiltern können, kann Mikroplastik in Gewässer und über das Austragen von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Flächen auch auf Äcker gelangen. Eine mögliche Aufnahme von Mikroplastik durch den Menschen über die Luft, das Trinkwasser, über Staub und Kosmetika sowie über Lebensmittel werden geprüft.

Wie wird Mikroplastik in Lebensmitteln nachgewiesen?

Allgemein anerkannte und geprüfte Methoden, um die Menge und die Zusammensetzung von Mikroplastik in Lebensmitteln und anderen Produkten zu analysieren, gibt es aktuell noch nicht. Unter anderem stellt die Vielfalt an Kunststoffen die Forschung bei der Analyse vor Herausforderungen.

Fische, Muscheln und Krebse

Dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) liegen Publikationen vor, die Mikroplastikartikel in Fischen, Muscheln und Krebsen bestätigen. Die nachgewiesenen Mengen an Mikroplastikpartikeln beispielsweise in Muscheln schwankten in verschiedenen Proben. Untersuchungen bei Fischen zeigten, dass das Mikroplastik vor allem im Magen-Darm-Trakt der Tiere nachzuweisen ist. Weil dieser Bestandteil des Fisches in aller Regel nicht verzehrt wird, lässt sich daraus keine Aufnahmemenge von Mikroplastik beim Fischverzehr ableiten. Daten für Mikroplastik in Krustentieren fehlen bislang.

Reifenabrieb im Salat

Eine Laborstudie fand nun heraus, dass Salat Stoffe aus dem Reifenabrieb von Autos aufnehmen kann. Es wurde festgestellt, dass die in Autoreifen enthaltenen Zusatzstoffe über die Wurzeln der Salatpflanzen aufgenommen werden und sich in den Blättern anreichern können. Die Studienergebnisse sind nicht ohne Weiteres auf Pflanzen im Freiland übertragbar. Gleichzeitig enthält der Autoreifenabrieb bestimmte Zusatzstoffe, die hochgiftig sind. Über Wind und Regen gelangen die Mikroplastikartikel von den Straßen in Gewässer, Kläranlagen und auf Ackerflächen. Einige dieser Stoffe stehen im Verdacht, für das Sterben von Lachsen in bestimmten Abschnitten eines Flusses in den USA verantwortlich zu sein. Ob diese Stoffe beim Verzehr auch vom Menschen aufgenommen werden können, bei einer Aufnahme gesundheitliche Risiken bestehen und wie es um Substanzen bestellt ist, die der Kopfsalat aus den Stoffen des Reifenabriebs verstoffwechselt, wird weiter erforscht.

Wie gefährlich ist Mikroplastik in Lebensmitteln?

Die Wissenschaft geht aktuell nicht davon aus, dass von Plastikpartikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für den Menschen ausgehen. Gleichzeitig erlaubt die aktuelle Datenlage keine abschließende Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken. Sehr kleine Mikroplastikpartikel unter einem Millimeter Größe werden voraussichtlich vollständig über den Darm ausgeschieden. Inwieweit kleinere Partikel systemisch im Körper verteilt werden, ist derzeit noch wenig bekannt. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) geht aktuell davon aus, dass nur Partikel, die kleiner als eineinhalb Mikrometer sind, im Körper verteilt werden. Publikationen zur Wirkung von Mikroplastik auf den Menschen liegen derzeit noch nicht vor und auch inwieweit andere unerwünschte Stoffe über eine Anlagerung an Mikroplastikpartikel vom Menschen aufgenommen werden, wird weiter erforscht.

Mikroplastik: Forschung und Perspektiven

Verschiedene Gremien beschäftigen sich bereits regelmäßig mit der wissenschaftlichen Bewertung von Mikroplastik in Lebensmitteln und mit Perspektiven der Analyse. Das BfR tut dies beispielsweise im Rahmen von ressortübergreifenden Fachgesprächen der Bundesbehörden. Ziel der Gespräche ist unter anderem ein gemeinsames Vorgehen bei der Bewertung von Mikroplastik und eines entsprechenden Konzeptes. Neben der Erhebung von Daten zur Menge und Zusammensetzung von Mikroplastik in Lebensmitteln und anderen Produkten, steht auch im Vordergrund, zu ermitteln, ob und welche Gesundheitsgefahren zu erwarten sind. Aktuell wird unter anderem im Labor untersucht, ob Mikro- und Nanoplastikartikel in Zellen der menschlichen Darmwand aufgenommen werden.

Hessen aktiv gegen Plastikmüll

Um den Eintrag von Plastik in die Umwelt zu verringern, kann jeder etwas tun. Die hessische Landesregierung hat in ihrer Plastikvermeidungsstrategie vier Handlungsfelder definiert, in denen der Vermüllung der Umwelt entgegengetreten werden kann. Auch die Verringerung des Einsatzes von Mikroplastik auf ein absolutes Mindestmaß wird darin aufgegriffen. Mehr zu den verschiedenen Maßnahmen und Zielgruppen der Strategie sind auch im Artikel „Plastik sparen – zu Hause und unterwegsÖffnet sich in einem neuen Fenster" zusammengefasst.

Plastikmüll vermeiden

Es gibt viele Möglichkeiten, den Eintrag von Plastik in die Umwelt zu verringern:

  • Wiederverwenden: Ob beim Kaffee-to-go, beim Wocheneinkauf an der Käsetheke oder dem Abendessen vom Lieferdienst – eigenes oder Pfand-Mehrweggeschirr hilft, unnötiges Plastik zu vermeiden. Bei vielen Cafés und Bäckereien in Hessen gibt es sogar einen Preisbonus, wenn der eigene Kaffeebecher mitgebracht wird. Wo genau es diesen BecherBonus gibt, ist auf einer interaktiven Karte verlinktÖffnet sich in einem neuen Fenster.
  • Reparieren: Viele Produkte können durch kleine Ersatzteile repariert werden; nicht immer müssen sie sogleich entsorgt und neu angeschafft werden.
  • Recyceln: Schon beim Einkauf kann auf eingesetzte möglichst langlebige Kunststoffe und die Recyclingfähigkeit geachtet werden. Ist ein Produkt nicht mehr zu reparieren, sollte eine korrekte Abfallentsorgung berücksichtigt werden, damit Produkte, wo es möglich ist, einem hochwertigen Recycling zugeführt werden können.
  • Abfall richtig entsorgen: Zu Hause und unterwegs sollte auf die Mülltrennung geachtet und Bio-Müll in jedem Fall plastikfrei gesammelt werden.
  • Achtsam sein: Ob beim Spaziergang oder der Wanderung - nicht immer ist ein Abfalleimer in unmittelbarer Nähe. Abfälle in diesem Fall sammeln und nicht achtlos in der Umwelt entsorgen!
  • Unverpackte Produkte bevorzugen: Beim Einkauf unverpackte Waren oder plastikfreie Alternativen (Seifen, Kosmetik, Hygieneartikel oder Kleidung) wählen. Das Angebot solcher Produkte wächst stetig.

Fazit

Nach derzeitigem Stand der Forschung ist wahrscheinlich, dass Mikroplastik über verschiedene Wege in Lebensmittel gelangt. Die Zusammensetzung des Mikroplastiks, das sich in Lebensmitteln anreichert und durchschnittliche Gehalte sind noch nicht abschließend erforscht. Offen sind auch noch die vielfältigen Pfade, über die Mikroplastik in die Lebensmittel und andere Produkte gelangt sowie Informationen zu Partikelgrößen. Somit fehlen aktuell noch gesicherte Kenntnisse über die Mengen an Mikroplastik, denen Menschen über den Verzehr von Lebensmitteln ausgesetzt sind und dazu, ob und welche Auswirkungen auf den menschlichen Organismus bestehen. (Kup)

Stand: Mai 2023

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