Frau mit langen Haaren und Bademantel hält in der linken Hand einen Cremetigel und cremt sich mit dem rechten Zeigefinger unterhalb des Auges ein.

Wieviel Natur steckt tatsächlich drin?

Auf Kosmetikprodukten finden sich immer häufiger die Bezeichnungen „Bio“ oder „mit natürlichen Inhaltsstoffen“. Doch wie verlässlich sind diese Bezeichnungen?

„Bio“ oder „mit natürlichen Inhaltsstoffen“ - Was ist Naturkosmetik?

Gleich zu Beginn: Der Begriff „Naturkosmetik“ ist nicht geschützt. Das bedeutet, dass in Cremes, Duschgel und Co. synthetische Stoffe enthalten sein können, auch wenn die Verpackungen und ihre Aufschriften zunächst einen anderen, umwelt- und gesundheitsschonenden Anschein erwecken lassen und nur ein Anteil an natürlichen Zutaten in solch beworbenen Artikeln „auf pflanzlicher Basis“ ist oder aus „hochwertigen pflanzlichen Ölen“ besteht. Viele Produkte die so oder ähnlich beworben werden, lassen sich höchstens als „naturnahe Kosmetik“ einordnen.

Wer auf „Nummer sicher“ gehen möchte und auf Chemie in den Pflegeprodukten weitgehend verzichten möchte, sollte daher Ausschau nach Siegeln auf der Kosmetik halten. Diese stehen meist für feststehende Kriterien, die die Hersteller bei der Produktion der Kosmetikartikel eingehalten haben. Ein einheitliches Label für Naturkosmetik fehlt allerdings.

Welche Siegel gibt es bei Naturkosmetik und für was stehen sie?

Mittlerweile gibt es bis zu 30 unterschiedliche Label und Siegel die vermeintliche Naturkosmetik ausweisen. In der Regel stehen Verbände oder die Hersteller selbst hinter den formulierten Kriterien zum Erhalt der Siegel. Die jeweiligen Anforderungen an die Kosmetik können daher von Siegel zu Siegel abweichen.Bekannte und etablierte Siegel zur Zertifizierung von Naturkosmetik sind zum Beispiel „BDIH“, „NaTrue“, „Cosmos“ oder „Ecocert“.

BDIH-Siegel

Seit 2001 zertifiziert der deutsche Bundesverband der Industrie und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel (BDIH) Naturkosmetik. Hierfür hat er Mindestkriterien festgelegt, die gleichzeitig auch Grundlage für das internationale „Cosmos“-Siegel sind. Daher trägt das BDIH-SiegelÖffnet sich in einem neuen Fenster auch den Zusatz „Cosmos“. Um das Siegel zu erhalten, muss nicht nur das ausgezeichnete Produkte die Kriterien erfüllen, sondern auch mindestens 60 Prozent aller weiteren Kosmetikartikel der Marke.

Für die Siegelvergabe müssen die Rohstoffe weitestgehend aus kontrolliert biologischem Anbau stammen. Bei pflanzlichen Rohstoffen wie Jojobaöl, Olivenöl, Sojaöl oder Palmöl muss allerdings grundsätzlich ein zertifizierter Bio-Anbau zu Grunde liegen. Gänzlich ausgeschlossen werden organisch-synthetische Farbstoffe, synthetische Duftstoffe, ethoxylierte Rohstoffe, Silikone, Paraffine und Rohstoffe von toten Tieren.

Das BDIH-Siegel findet man auf Kosmetikartikeln in Bioläden, Super- und Drogeriemärkten.

NaTrue

Das NaTrue-SiegelÖffnet sich in einem neuen Fenster ist ursprünglich auf Eigeninitiative der internationalen Industrie entwickelt worden und wird seit 2008 vergeben. Damit Hersteller das Siegel auf ihrem Produkt verwenden dürfen, müssen mindestens 75 Prozent aller von der Marke hergestellten Produkte den Siegel-Standards entsprechen.

Zugelassen sind nur natürliche, naturnahe und naturidentische Stoffe. Das beinhaltet auch Rohstoffe von lebenden Tieren oder von toten Insekten. Die naturnahen und natürlichen Stoffe müssen zu mindestens 70 Prozent aus kontrolliert biologischem Anbau oder kontrollierter Wildsammlung stammen. Petrochemische oder gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe, synthetische Duftstoffe und Rohstoffe von toten Wirbeltieren dürfen hingegen nicht enthalten sein.

Beim NaTrue-Siegel gibt es noch zwei weitere Abstufungen: Naturkosmetik mit organischem Anteil, bei der mindestens 70 Prozent der natürlichen und naturnahen Rohstoffe Bio sind und Biokosmetik mit einem Anteil an natürlichen und naturnahen Rohstoffen von 95 Prozent.

Produkte mit dem NaTrue-Siegel kann man ebenfalls in vielen Supermärkten, Bioläden und Drogerieketten erwerben.

Ecocert

Bei EcocertÖffnet sich in einem neuen Fenster handelt es sich um eine in Frankreich gegründete internationale Kontroll- und Zertifizierungsstelle mit einem großen Netzwerk an Unternehmen und Verbänden. Auch Ecocert gehört zu den Gründungsmitgliedern des internationalen Cosmos-Siegels, ebenso wie das BDIH-Siegel. Daher trägt auch das Ecocert-Siegel den Zusatz „Cosmos“.

Damit Produkte das Siegel tragen dürfen, müssen mindestens 95 Prozent aller Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs sein. Bei den übrigen fünf Prozent darf es sich um synthetische Stoffe handeln, allerdings müssen diese auf einer Positivliste vermerkt sein. Stoffe auf petrochemischer Basis, Nanopartikel oder gentechnisch veränderte Substanzen sind hingegen nicht erlaubt. Auch bei Ecocert gibt es die Unterscheidung in „Naturkosmetik“ und „Biokosmetik“. Während in Naturkosmetik mindestens 50 Prozent der pflanzlichen Inhaltsstoffe biologischen Ursprungs sein müssen, sollten es in Biokosmetik mindestens 95 Prozent sein. Auch bei der Herstellung der Kosmetikartikel gibt es bei Ecocert strenge Auflagen. So muss die Herkunft aller Materialien nachvollziehbar sein und Produktionsanlagen dürfen nur mit speziell zugelassenem Reinigungs- und Desinfektionsmittel gesäubert werden.

In Deutschland ist das Ecocert-Siegel noch nicht so weit verbreitet und daher nur auf einzelnen Produkten zu finden.

Cosmos

Das internationale Cosmos-Standard-SiegelÖffnet sich in einem neuen Fenster basiert auf den Richtlinien des deutschen BDIH, den französischen Verbänden Cosmebio und Ecocert, dem ICEA aus Italien und der Soil Association aus Großbritannien. Daher sind die Vergabekriterien auch dem BDIH- und Ecocert-Siegel ähnlich. Für die Mitgliedsverbände ist die Zertifizierung nach dem Cosmos-Standard sogar vorgeschrieben. So bekommen neu zertifizierte Produkte ausschließlich die Cosmos-Zertifizierung des jeweiligen Mitgliedverbands. Das vergebene Siegel zeigt dann weiterhin das Prüfzeichen des BDIH oder Ecocert mit der Erweiterung „Cosmos Natural“ (mindestens 50 Prozent der pflanzlichen Inhaltsstoffe biologischen Ursprungs) oder „Cosmos Organic“ (mit mindestens 95 Prozent der pflanzlichen Inhaltsstoffe aus Bio-Anbau).

Produkte die vor 2017 ein Siegel des BDIH oder von Ecocert erhalten haben, dürfen dies auch weiterhin ohne den Zusatz „Cosmos“ tragen.

Ist Naturkosmetik auch vegan und tierversuchsfrei?

Naturkosmetik ist nicht zwangsläufig vegan. So kommen auch in zertifizierter Naturkosmetik tierische Inhaltsstoffe vor, wie etwa Bienenwachs, Seide oder Honig. Substanzen von toten Tieren werden allerdings von den größten Naturkosmetik-Zertifizierern ausgeschlossen.

Zudem erweitern die Prüfzeichen neben dem in der EU geltenden Tierversuchsverbot für Kosmetika, das Verbot für derlei Praxis auch auf Staaten außerhalb der EU.

Label wie das „Leaping BunnyÖffnet sich in einem neuen Fenster“ und der „Hase mit der schützenden HandÖffnet sich in einem neuen Fenster“ oder die Vegan-BlumeÖffnet sich in einem neuen Fenster garantieren zusätzlich (auch bei konventioneller Kosmetik), für eine tierversuchsfreie Herstellung beziehungsweise für vegane Inhaltsstoffe.

(Sie)

Stand: Dezember 2022

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