Im Supermarkt wird nichts dem Zufall überlassen. Werbepsychologen, Designer und Marketingexperten nutzen vielfältige Möglichkeiten, um Verbraucher zu einem ungeplanten Einkauf zu verleiten.
Große Einkaufswagen für Erwachsene und kleine für die Kinder
Liegen nur wenige Produkte in einem großen Einkaufswagen, hat man schnell den Eindruck, dass noch nicht genug eingekauft wurde oder sich der Weg zum Supermarkt nicht gelohnt hat. Deshalb nimmt die Versuchung zu, den großen, überwiegend leeren Einkaufswagen zu füllen und so mehr einzukaufen als geplant war.
Können Kinder ihren Mini-Einkaufswagen selbst durch den Supermarkt schieben, quengeln sie weniger. Dadurch hat man aber noch mehr Ladefläche zum Einkaufen. Zudem wollen Kinder dann selbst etwas in ihrem Wagen haben und legen so manches in ihrer Augenhöhe platzierte Produkt in ihren Einkaufswagen. Der Aufforderung der Eltern an die Kinder, diese Waren wieder zurück ins Regal zu legen, kommen die Kinder meist nicht ohne Widerspruch nach. Da das Einkaufen mit Kindern schon stressig genug ist, haben die Eltern in dieser Situation oftmals keine Nerven, in der Öffentlichkeit mit ihrem Nachwuchs zu diskutieren und geben klein bei.
Bremszone am Eingang
Ist Ihnen schon aufgefallen, dass sich im Eingangsbereich vieler Supermärkte weitläufige Stände mit Obst- und Gemüseangeboten befinden? Die Marktatmosphäre soll zum Verweilen und Kaufen einladen. Damit bildet sie eine „Bremszone“, die das Tempo der Kunden drosselt, damit diese möglichst langsam an den Regalen vorbeigehen.
Lange Wege
In vielen Supermärkten sind beliebte Produktgruppen wie Backwaren, Fleisch- und Milchprodukte möglichst weit verteilt, häufig auch ganz hinten im Laden. So muss man durch die ganze Verkaufsfläche laufen und an vielen anderen Produkten wie Gewürze, Nudeln oder Konserven vorbei. Dadurch steigt das Risiko, dass man etwas sieht und kauft, das nicht benötigt wird.
Manche Gänge werden durch Aktionsstände bewusst verengt. Durch das langsamere Vorangehen hat man mehr Zeit zum Betrachten der Waren rechts und links und entdeckt so manches Produkt, was man vielleicht doch noch gebrauchen könnte und kauft es ein.
Auch die Laufrichtung ist beim Einkaufen oft vorgegeben. Meist wird man links herum in langen, zum Teil engen Gängen durch den Laden geleitet. Diese Laufrichtung kommt dem Linksdrall vieler Menschen entgegen. Würden Kunden rechts herumgeleitet, fühlten sie sich eher gestresst und wären weniger in Kauflaune.
Auf Griffhöhe und am Gangende ist vieles teurer
Die Regalplätze sind in verschiedene Zonen unterteilt. Produkte, die in den Regalen griffbereit auf Augenhöhe stehen, haben meist die größten Gewinnspannen. In den Reck- und Bückzonen befinden sich die preisgünstigeren Produkte. Wird zum Beispiel Kaffee in verschiedenen Preisstufen angeboten, so steht der teuerste in Augenhöhe, der billigste knapp über dem Fußboden. Für Kinder aufgemachte Produkte sind oft auf Greif- und Sichthöhe von Kindern platziert.
Am Gangende sind die Produkte häufiger hochpreisiger als am Ganganfang. Beim Vorbeischlendern am Ganganfang ist man sich meist noch nicht sicher, welches Produkt man wählen soll. Ist man jedoch am Gangende angekommen, greift man zu der angebotenen, meist teueren Ware, da man zu bequem ist, wieder zurückzulaufen.
Aktionsware und Wühltische sind nicht immer Schnäppchen
Mittendrin werden oft Aktionsware und Wühltische platziert. Diese Präsentation suggeriert dem Kunden, dass es sich hier um ein Sonderangebot handelt. Dabei ist es oft gar nicht günstiger. Zudem ist ein Preisvergleich erschwert, da sich die Konkurrenzprodukte nicht in der Nähe befinden.
Musikberieselung
Der Einkauf wird in vielen Supermärkten von einem ausgeklügelten Klangteppich begleitet. Die Musik wird auf die je nach Tageszeit vorherrschende Zielgruppe abgestimmt: So gibt es beispielsweise morgens beliebte Schlager oder klassische Musik für Hausfrauen und Senioren, abends aktuelle Hits für Berufstätige und Jugendliche. Als positiv empfundene Musik hebt diese das Wohlbefinden und steigert damit die Kauflaune. Dadurch wird man wiederum empfänglicher für die clever eingestreuten Angebotsdurchsagen.
Beeinflussung durch Düfte
Bekannt ist, dass Düfte Gefühle und Gelüste auslösen. Deshalb werden im Supermarkt durch nicht sichtbare Aromasäulen oder Klimaanlagen häufig Düfte verströmt, denen sich niemand entziehen kann. Marketingstrategen machen sich dies zu Nutze: Steigt in der Nähe der Backwarentheke ein köstlicher Duft nach frischen Brötchen in die Nase, wirkt das appetitanregend und verleitet zum Kauf der Ware. Wenn der Brötchengeruch oder der in der Obstabteilung vorherrschende Erdbeergeruch nicht von den tatsächlich im Laden angebotenen Lebensmitteln stammen, schafft vielleicht eine Nachfrage bei der Marktleitung Abhilfe.
Andere beliebte Duftnoten, wie der Geruch nach erfrischender Zitrone, Vanille oder Lavendel sorgen dafür, dass Kunden mehr Zeit in den bedufteten Räumen verbringen. Die Duftstoffe sind zum Teil so niedrig dosiert, dass sie nicht bewusst wahrgenommen werden.
Licht und Farben beeinflussen das Kaufverhalten
Gefärbtes Licht lässt Lebensmittel frischer und hochwertiger erscheinen. Deshalb wird Fleisch meist rötlich, Fisch hingegen blau angestrahlt. Backwaren sehen unter gelbem Licht besonders gut aus.
Versteckte Preiserhöhungen: Weniger Inhalt zum gleichen Preis
Da es keine verbindlichen Vorgaben für die Füllmengen von Lebensmittel-verpackungen mehr gibt, müssen in einem Becher Margarine nicht zwangsläufig die üblichen 500 Gramm oder in einer Eispackung 1000 Milliliter enthalten sein. Hersteller und Handel nehmen verstärkt versteckte Preiserhöhungen vor. Sie verkleinern die Verpackungsinhalte zum Beispiel um 50 Gramm, ändern minimal und unauffällig die Aufmachung der Verpackung, verkaufen aber das Produkt zum gleichen Preis wie vorher.
Kassenzone – es wird teuer
Auf den letzten Metern vor der Kasse fallen noch Kaufentscheidungen. Die Kassenzone wird oft besonders eng gestaltet, um den Absatz der hier gelagerten Produkte zu fördern. Griffbereit liegen Alkohol, Süßigkeiten und Snacks in Portionspackungen bereit. Die kleinen Packungen zu vermeintlich günstigen Preisen sind im Vergleich zu den Originalpackungen in den Regalen aber oft teurer. Langes Warten in der Schlange an der Kasse führt dazu, dass viele aus Langeweile oder Frust schnell noch einmal zugreifen.
Insbesondere Kinder werden mit dieser Strategie geködert. Sie quengeln nach Süßigkeiten oder bedienen sich selbst im Gedrängel an der Kasse. Dies ist besonders leicht möglich, da sich die Waren oft direkt in deren Augen- und Greifhöhe befinden. Abhilfe schaffen hier Kassen, in deren Umgebung keine Süßwaren platziert sind. (fra)
Stand: November 2023