Ein junger Mann mit Hut schaut fröhlich durch ein Loch in der Wand

Mobilfunkkunden aufgepasst!

Nach einem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) darf das „Nicht- telefonieren“ auch keine Handy-Kosten verursachen. Zu viel in Rechnung gestellte Gebühren müssen in vollem Umfang an die Staatskasse abgeführt werden.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verklagte in einem mehrjährigen Rechtsstreit die Firma mobilcom-debitel darauf 419.000 Euro an die Staatskasse abzuführen.

Die Beklagte hatte von den Verbrauchern bis zum Jahr 2012 eine Nichtnutzungsgebühr für ihre Dienste in Höhe von 4,95 Euro erhoben. Diese Gebühr wurde von Kunden verlangt, die über drei Monate hinweg ihr Handy im gebuchten Tarif weder für einen Anruf noch eine Kurznachricht (SMS) nutzten.

Hierbei sind zwischen Abmahnung und rechtskräftiger Unterlassungsklage Gebühren von 419.000 Euro angefallen. Die Klägerin verlangt im Berufungsverfahren die Herausgabe der gesamten aufgelaufenen Gebühren in Höhe von 419.000 Euro an die Staatskasse, nachdem die Beklagte erstinstanzlich nur die Zahlung von 148.000 Euro anerkannt hat.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Beklagte behauptet, dass ohne die Nichtnutzungsgebühr im Tarif eine Kostenunterdeckung entstünde und sie wolle diese deshalb vom Gewinn abziehen. Denn wenn das Unternehmen gewusst hätte, dass die Nichtnutzungsgebühr unzulässig ist, hätte es den Basistarif anders kalkuliert, so dass keine Kostenunterdeckung eintreten könne. Somit habe sie ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich 271.000 Euro und brauche nur 148.000 Euro zurückzuzahlen.
Der klagende vzbv hält diese Auffassung nicht für zielführend und sogar für eine Schutzbehauptung. Eine Anrechnung fiktiver Kosten auf den Gewinn könne es seiner Ansicht nach nicht geben.

Letzter Ansicht hat sich auch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) angeschlossen und die Beklagte zur Zahlung der gesamten Summe von 419.000 Euro verurteilt.

Für die Veranlassung einer Rückzahlung der Nichtnutzungsgebühr an den einzelnen Handynutzer fehlt dem vzbv die Klagebefugnis. Es hätte dann jeder einzelne Nutzer selbst klagen müssen, was im Hinblick auf die von den Einzelnen entrichtete Gebühr von 4,95 Euro äußerst unwirtschaftlich gewesen wäre. Vor dem Hintergrund des durchaus existenten Prozessrisikos hätte dem einzelnen Handykunden hier sogar von einer Klage abgeraten werden müssen. Für solche Fälle wäre es sinnvoll Sammelklagen zuzulassen, wie sie leider in Deutschland noch nicht möglich sind.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in einem Berufungsverfahren entschieden. Die Rechtsmittelfrist der Revision zum Bundesgerichtshof ist noch nicht abgelaufen.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Verbraucher werden vor dem unverständlichen Ergebnis geschützt, dass sie ohne Inanspruchnahme einer Leistung mit Kosten belangt werden.

Ist das Urteil gut?

Uneingeschränkt Daumen nach oben. Es ist zu begrüßen, dass man ein Entgelt nur für tatsächlich in-Anspruch genommene Handyleistungen entrichten muss. Bereits die Möglichkeit mit einem Mobiltelefon telefonieren zu können oder anders ausgedrückt das „Nichttelefonieren“ mit einem Entgelt zu belegen, wiederspricht den ursprünglich getroffenen und gewöhnlichen, vom Verbraucher erwartbaren, Vertragsvereinbarungen.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Der Verbraucher sollte seine Handyrechnungen genau überprüfen. Im Falle der Inrechnungstellung einer „Nichtnutzungsgebühr“ sollte er deren Begleichung unter Verweis auf dieses Urteil verweigern.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) vom 07.06.2018 hat das Aktenzeichen AZ 2 U 5/17. Letztinstanzliche Entscheidung.

Stand: Mai 2019

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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