Im Vordergrund steht ein Internetrouter, im Hintergrund sitzt eine Person auf einer Couch mit Kopfhörern, der auf sein Smartphione blickt. Im Hintergrund sieht man zudem noch die Möbel eines Wohnzimmers.

Lahmes Internet: Aufgepasst beim Sonderkündigungsrecht

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Köln verliert ein Telekom-Kunde, der sich wegen vertragswidrig zu langsamem Internet zunächst für eine Minderung des Entgelts seines Internetvertrages entscheidet, sein Sonderkündigungsrecht nicht.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Telekom. Dem Rechtsstreit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Ein Kunde der Telekom hatte in einer Beschwerde seine lahme Internetverbindung angeprangert. Aufgrund dieser Internetverbindung – die deutlich langsamer war als zwischen dem Kunden und der Telekom vereinbart –, hatte der Kunde um eine Preisanpassung gebeten. Die Beklagte reagierte daraufhin mit einer Senkung des Grundpreises und folgender Mitteilung: „Mit der Minderung entfällt ein Sonderkündigungsrecht für den Vertrag.“ Gegen diesen Entzug des Sonderkündigungsrechtes der Kunden wendet sich der vzbv hier klageweise.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die beklagte Telekom ist der Ansicht, dass sich Wandlung und Minderung gegenseitig ausschließen. Das Wort Sonderkündigung sei nur ein Hinweis auf das allgemeine Wandlungsrecht (vgl. §§ 459 ff. BGB). Wenn man sich nun für das Wandlungsrecht entscheide, so bestehe kein Bedürfnis mehr für eine Minderung und umgekehrt. Dieser klarstellende Zusatz diene nur der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit der Parteien.

Der klagende vzbv ist der Ansicht, dass die Aussage über das entfallende Sonderkündigungsrecht die Rechtslage falsch darstelle und somit irreführend sei. Demnach seien Aussagen zum Entfallen des Sonderkündigungsrechts in oben genannter Konstellation zu unterlassen. Im Übrigen dürften Kunden nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) bei zu langsamer Internetgeschwindigkeit (langsamer als vertraglich vereinbart) das Vertragsentgelt mindern oder außerordentlich kündigen. Das Sonderkündigungsrecht stehe Verbrauchern somit auch noch nach einer bereits erfolgten Minderung zu.

Der letzten Ansicht hat sich auch das LG Köln angeschlossen und die Beklagte dazu verurteilt, den Zusatz mit dem Entzug des Sonderkündigungsrechts entfallen zu lassen. Im Übrigen ergebe sich dieses Ergebnis auch aus dem Sinn und Zweck des TKG, nämlich Verbraucherinnen und Verbraucher in die Lage zu versetzen, sich besser gegen Schlechtleistungen ihres Internetanbieters zur Wehr setzen zu können. Eine Preisminderung mache aus der geringeren Datenübertragungsrate nicht plötzlich eine vertragsgemäße Leistung.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das LG Köln erstinstanzlich entschieden. Gegen dieses Urteil wurde Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Köln eingelegt.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Dieses Urteil stärkt Verbraucherinnen und Verbrauchern den Rücken gegenüber dem Internetanbieter. Letzterer darf den Kundinnen und Kunden das Sonderkündigungsrecht, mit dem er geworben hat, nicht nachträglich wieder entziehen, nur weil sie beziehungsweise er sich zunächst für das Minderungsrecht nach TKG wegen des vertragswidrig zu langsamen Internet entschieden hat.

Im Übrigen wird dieses Urteil dazu führen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ein schnelles Internet vorfinden. Eines der letzten Schlupflöcher für Internetanbieter wird nunmehr geschlossen. Zu langsame Internetverbindungen werden - wie gesagt - nicht plötzlich vertragsgemäß, weil man sich zunächst für sein Minderungsrecht nach TKG entscheidet.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Das LG nimmt die Telekom hier beim Wort. Diese hat nämlich mit einem Sonderkündigungsrecht bei zu langsamen Internet geworben. Sie hat jedoch nicht damit geworben, dass dieses Sonderkündigungsrecht unter der auflösenden Bedingung der Senkung/Minderung des Vertragsentgelts steht. Somit spricht sich das LG für mehr Verbraucherschutz aus und untersagt es der Beklagten, willkürlich in der Werbung gemachte Versprechen nachträglich wieder zu kassieren.

Dieses Urteil bewahrt Kundinnen und Kunden davor, Ihren Internetanbietern hilflos ausgesetzt zu sein, schafft einen gesunden Konkurrenzdruck unter den Internetanbietern und sorgt für mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Bereich der Telekommunikationsdienste.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Noch nichts. Diese Entscheidung wurde erstinstanzlich gefällt und es wurde Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Köln eingelegt. Über den weiteren Verlauf des Verfahrens werde ich Sie auf dem Laufenden halten.

In dem Urteil des LG spiegelt sich die wünschenswerte Haltung der Judikatur wieder, Gedanken des Verbraucherschutzes vermehrt in die eigene Urteilsfindung einzubeziehen. Es ist nun mehr als zweifelhaft, darauf zu hoffen, dass das OLG eine Rolle rückwärts macht und dem Unternehmensschutz (hier: dem Schutz der Telekom) Vorrang vor dem Verbraucherschutz (hier: dem Schutz der potentiellen Telekomkunden) einräumt.

Einen guten Rat kann ich aber geben: Man sollte sich immer seiner Rechte aus dem TKG bei zu langsamen Internet bewusst sein (vgl. § 57 Abs. IV TKG). Diese sind die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses oder die Minderung. Von diesen Rechten sollte dann auch gegebenenfalls rege Gebrauch gemacht werden. Nur so kann Druck auf Internetanbieter gemacht werden, um zu flächendeckend schnelle Internetverbindungen zu kommen.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des LG Köln vom 04.05.23 hat das Aktenzeichen Az 33 O 315/22.

Stand: Juni 2023

 

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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