Ein Handwerker repariert eine Dachrinne

Aufgepasst beim Widerruf von Handwerkerverträgen

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) bekommt ein Kunde sein Geld nicht zurück, wenn er sich von einem Handwerker ein Angebot machen lässt, dieses am nächsten Tag telefonisch annimmt und nach Ausführen der Arbeiten den Vertrag widerruft.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Diesem Rechtsstreit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Ein Dachdeckerbetrieb (Beklagter) wurde von zwei Hauseigentümern (Kläger) mit der Erneuerung der Dachrinnen beauftragt. Bei der Ausführung der Arbeiten fiel einem Mitarbeiter des Beklagten auf, dass der Wandanschluss defekt war. Als Kosten für die Erneuerung würden ca. 1.200 Euro anfallen. Die Kläger sollten sich bis zum nächsten Tag überlegen, ob sie diese Auftragserweiterung wünschen.   Nachdem die klagenden Eigentümer den Auftrag erteilten und sämtliche Arbeiten mangelfrei ausgeführt wurden, widerriefen die Kläger beide Verträge schriftlich. Im weiteren Verlauf drückten sie dem Beklagten noch einen Flyer mit der Aufschrift „Der Handwerker-Widerruf – Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern“ in die Hand und erklärten, dies sei ihr neues Geschäftsmodell.

Die Kläger begehren nun vom Beklagten die Zustimmung dazu, dass ihr Widerruf wirksam sei.

In der Ausgangsinstanz vor dem Amtsgericht (AG) Hameln wurde die Klage als rechtsmissbräuchlich abgewiesen.  Gegen diese Entscheidung legten die Kläger Berufung zum Landgericht (LG) Hannover ein. Hier wurde zumindest ihr Widerruf hinsichtlich der Vertragserweiterung zugelassen, weil keine Widerrufsbelehrung des außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages erfolgt sei. Gegen die letzte Berufungsentscheidung des LG wiederum legte der Beklagte Revision zum BGH ein. In dieser Instanz befinden wir uns nun.

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Die Kläger sind der Ansicht, dass sie sich nur strikt an das Gesetz halten. Wenn ein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wird und es an einer ordnungsgemäßen Belehrung über das dem Verbraucher dann zustehende Widerrufsrecht fehle, so könne ein Vertrag ein volles Jahr lang widerrufen werden (vgl. § 355 BGB). Dieses Widerrufsrecht hätten sie hier ausgeübt, weshalb kein Vertrag geschlossen wurde.

Der Beklagte reagiert mit Unverständnis auf die Aussagen der Kläger. Er ist der Ansicht, dass es rechtsmissbräuchlich ist, erst Verträge abzuschließen und diese dann zu widerrufen, wenn diese auftragsgemäß und beanstandungslos erbracht seien. Ein Widerruf könne hiernach nicht in Betracht kommen.

Im Ergebnis schließt sich der BGH wie auch das AG Hameln der Sichtweise des Beklagten an. Allerdings begründet der BGH sein Ergebnis anders. Sinn und Zweck des Widerrufsrechts sei es ja, die Verbraucherin beziehungsweise den Verbraucher vor einer Überrumpelung zu schützen. Wenn Angebot und Annahme dieses Angebotes zwar außerhalb von Geschäftsräumen stattfinden, jedoch an verschiedenen Tagen erfolgen, so fehlt es dem BGH zufolge an einer möglichen Überrumpelungsgefahr, die dann zum Widerruf berechtigen könnte. Anders als noch die Berufungsinstanz des LG Hannover sieht der BGH weder beim ursprünglichen Vertrag noch bei der Vertragserweiterung ein Widerrufsrecht der Kläger überhaupt als gegeben an.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher sollte nicht darauf spekulieren, dass ihnen das Ausbleiben einer Widerrufsbelehrung durch den Handwerker per se ein Widerrufsrecht nach vertragsgemäß erbrachter Leistung zubilligt. Wenn das Vertragsangebot und dessen Annahme zeitlich einen Tag auseinanderfallen fehlt es an einer Überrumpelungsgefahr, vor der ja das Widerrufsrecht schützen soll.

Ist die Entscheidung gut?

Ja. Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil stärkt das Vertrauen in die Rechtsordnung. Es wird hier deutlich, dass die Rechtsprechung keinen Raum dafür sieht, es Leuten zu ermöglichen, Verbraucherrechte zu missbrauchen, um handwerkerschädliche Geschäftsmodelle zu etablieren.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher sollte nur dann einen Handwerker mit Leistungen beauftragen, wenn sie beziehungsweise er grundsätzlich bereit ist, eine angemessene Vergütung für die Leistungen zu erbringen

Wenn man außerhalb der Geschäftsräume des Handwerkers ein Vertragsangebot annimmt, so steht einem nur dann ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu, wenn eine Überrumpelungsgefahr besteht. Der Schutz vor einer Überrumpelung ist ja gerade Sinn und Zweck des Widerrufsrechts. Eine Überrumpelung kann nach BGH jedoch dann nicht mehr vorliegen, wenn ein Vertragsangebot erst am darauffolgenden Tag angenommen wird.  

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des BGH vom 06.07.23 hat das Aktenzeichen VII ZR 151/22.

Stand: September 2023

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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