Worum geht es bei der Entscheidung?
Geklagt hat hier der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Firmen Primastrom und Voxenergie. Die Beklagten verwendeten in den Geschäftsbedingungen zu ihren Stromlieferverträgen nachfolgende Klausel:
„10.1 (Umzug)
Der Kunde hat (voxenergie) (primastrom) einen Umzug spätestens vier Wochen vorher anzuzeigen und das genaue Umzugsdatum (und die neue Wohnanschrift) mitzuteilen und das ihm durch (voxenergy) (primastrom) übermittelte Umzugsformular vollständig ausgefüllt nebst der angeforderten Nachweise einzureichen. ((voxenergy) (primastrom) gewährt das Recht zur vollständigen Vertragsbeendigung, wenn die Belieferung durch (voxenergie) (primastrom) an der neuen Verbrauchsstelle nicht möglich ist.) Unterbleibt eine vollständige Information durch den Kunden über den Umzug nebst Aus- und Einzugsdaten sowie der Einreichung der durch (voxenergie) (primastrom) angeforderten Unterlagen und hat der Kunde das Ausbleiben der Benachrichtigung zu vertreten, ist der Kunde verpflichtet, weitere Entnahmen an der bisherigen Verbrauchsstelle, für die (voxenergie) (primastrom) gegenüber dem örtlichen Netzbetreiber einstehen muss und für die (voxenergie) (primastrom) von keinem anderen Kunden eine Vergütung fordern kann, nach den Preisen des mit (voxenergie) (primastrom) geschlossenen Vertrages zu bezahlen.“
Diese Klausel möchte der Kläger gerichtlich für unwirksam erklären lassen.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Der klagende vzbv ist der Ansicht, dass die streitgegenständliche AGB-Klausel das Sonderkündigungsrecht der Kundinnen und Kunden unangemessen einschränke. Der gesamte Inhalt dieser Klausel weiche von den Grundgedanken der gesetzlichen Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes ab. Dieses sehe weder für eine Kündigung eine Vier-Wochen-Frist für die Anzeige des Umzugs noch die verpflichtende Verwendung vorgegebener Formulare vor. Außerdem bestehe nach dem Gesetz keine Pflicht der Kundinnen und Kunden, bei unvollständigem Ausfüllen für weitere Stromentnahmen an der alten Verbrauchsstelle einzustehen.
Die Beklagten sind der Ansicht, dass hier dem Grundgedanken des Energiewirtschaftsgesetzes, insbesondere § 41b Abs. 5 Satz 3 EnWG entsprochen wäre. Eine 4-wöchige Bearbeitungszeit sei schon alleine aufgrund der technischen Notwendigkeit angemessen.
Der ersten Ansicht hat sich auch das KG angeschlossen und die streitgegenständliche AGB-Klausel der Beklagten für unwirksam erklärt.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat das KG zweitinstanzlich entschieden. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde explizit nicht zugelassen, da der Rechtsstreit offensichtlich keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung behandelt (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO). Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagten Nichtzulassungsbeschwerde erheben werden, da sie in der mündlichen Verhandlung bereits angekündigt haben, die streitgegenständliche AGB-Klausel zu überarbeiten.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?
Die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher sollte sich darüber im Klaren sein, dass es sich bei dem Sonderkündigungsrecht des Stromliefervertrages um ein unumstößliches vom Energiewirtschaftsgesetz eingeräumtes Recht handelt. Dieses Recht wird Kundinnen und Kunden nicht von ihrem Stromlieferanten eingeräumt und darf folglich von diesem weder beschnitten noch eingeschränkt werden.
Ist die Entscheidung gut?
Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Hier markiert das KG Berlin eine klare rote Linie für Stromanbieter. Das Sonderkündigungsrecht der Kundinnen und Kunden bleibt im Falle eines Umzugs so bestehen. Seine Ausübung darf auch nicht durch AGB einseitig erschwert werden.
Was kann der Verbraucher jetzt machen?
Verbraucherinnen und Verbraucher sollten dieses Urteil zum Anlass nehmen, ihre Stromlieferverträge, insbesondere die Geschäftsbedingungen hierzu einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Bei einzelnen Klauseln, die das Sonderkündigungsrecht der Kundinnen und Kunden einschränken, kann man sich sicher sein, dass diese unwirksam sind. Darauf sollte man sich dann gegebenenfalls unter Hinweis auf dieses Urteil berufen.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des KG Berlin vom 30.04.2025 hat das Aktenzeichen Az. 23 UKl 9/24.
Stand: Juli 2025