Eine Person sitzt am Schreibtisch vor einem Laptop. Man sieht nur Laptop und Hände die auf der Tastatur tippen. Im Vordergrund liegt ein Stift und ein Vertrag.

Aufgepasst bei der Online-Kündigung von Telekommunikationsverträgen

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz muss ein Telekommunikationsanbieter die Ausgestaltung seiner Webseite in der bisherigen Form unterlassen, insbesondere die Verwendung eines „Kündigungsassistenten“. Denn der erschwere das Kündigen in unzulässiger Weise.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Geklagt hat hier die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen einen Telekommunikationsanbieter mit Sitz in Rheinland-Pfalz. Stein des Anstoßes war die Ausgestaltung von dessen Webseite im Blick auf Kündigungsmöglichkeiten. Seit dem 1.7.2022 wird von § 312k BGB die Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr geregelt. Einfach ausgedrückt könnte man § 312k BGB so zusammenfassen: Er fordert bei Verträgen über Dauerschuldverhältnisse, die online abgeschlossen werden können, ein besonders einfach zugängliches Kündigungsformular auf der Website des Unternehmens.

Unter dem bunten und gut sichtbaren Link zum sogenannten „Kündigungsassistenten“ war hier das Formular zu sehen, welches gemäß dem beklagten Telekommunikationsanbieter den Vorgaben von § 312k BGB entsprechen solle.  Das Problem bei dieser Gestaltung: Der bunte, auffällige Button animiert zum Anklicken, was zur unmittelbaren Folge hat, dass Verbraucher vom einfachen Kündigungsformular weggeführt werden. Für den Assistenten brauchten die Kunden Zugangsdaten und mussten eine sogenannte „Kündigungsvormerkung“ im Nachgang aktiv bestätigen. Laut der Verbraucherzentrale ist das komplizierter als es die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit vorsieht. Ein weiteres Problem ist, dass man bei gängigen Bildschirmauflösungen herunterscrollen muss, um das richtige Kündigungsformular zu finden.

Das Landgericht (LG) Koblenz hatte sich in der ersten Instanz auf die Seite des Beklagten geschlagen und die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung zum OLG eingelegt. In dieser Instanz befinden wir uns nunmehr.

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Nach Ansicht des Beklagten sei es ihm ja nicht verboten, neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Weg des „Kündigungsbuttons“ (vgl. § 312k BGB) weitere Möglichkeiten zur Kündigung anzubieten. Für aufmerksame Verbraucherinnen oder Verbraucher sei die Darstellung auf seiner Webseite völlig unproblematisch und unmissverständlich zu erfassen.

Der Kläger sieht in der Darstellung von Kündigungsformular neben einem farbigen Button des „Kündigungsassistenten“ die Voraussetzungen des §312k BGB als nicht erfüllt an.

Das OLG hat sich hier der klägerischen Sichtweise angeschlossen und der Klage stattgegeben.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das OLG zweitinstanzlich entschieden. Vorangegangen war eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Koblenz. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig. Somit wird es keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Die Rechtsprechung reagiert hier auf die Tendenz einiger Unternehmen, die Anforderungen zu verwässern, die § 312k BGB für eine vereinfachte Kündigung macht. Natürlich möchten die Anbieter ihre Kunden möglichst lange an sich binden. Da ist ihnen eine vereinfachte Kündigungsmöglichkeit – wie sie seit dem 1.7.2022 zwingend in § 312k BGB vorgeschrieben ist - schon ein Dorn im Auge. Vermutlich deshalb versuchen Unternehmen durch den Aufbau und die Gestaltung ihrer Websites Verbraucherinnen und Verbraucher vom einfachen Kündigungsweg wegzulenken.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil zeigt, dass § 312k BGB strikt anzuwenden ist. Die Rechtsprechung (hier das OLG Koblenz) gibt eindeutig zu verstehen, dass es keinen Raum für eine unternehmerfreundliche Auslegung von § 312k BGB sieht.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

An dieser Stelle sind die Verbraucherzentralen auf die Mithilfe der Konsumenten angewiesen. Nur durch deren Aufmerksamkeit im Internet und Meldung entsprechender Webseiten können schwarze Schafe, also Unternehmen, die sich nicht an die Bestimmung des § 312k BGB halten, ausfindig gemacht werden. Erst dann können von dort Maßnahmen ergriffen werden. Diese könnten dann in einer Abmahnung oder gar Klage zu sehen sein.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des OLG Koblenz vom 19.09.2024 hat das Aktenzeichen AZ 2 U 437/23.

Stand: November 2024

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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