Ein Mann sitzt an einem Laptop, mann sieht nur Arme und Hände. Im Vordergrund des Bildes sind Icons eingeblendet, die einen Richterhammer, eine Waage und ein Gericht abbilden.

Aufgepasst bei der Kündigung von Online-Verträgen

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) München I muss die Kündigung von Online-Verträgen auch ohne Anmeldung auf der Webseite möglich sein. Auf der Webseite des von Sky betriebenen Streamingdienstes WOW war dies erst nach Login und Angabe persönlicher Daten möglich.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Geklagt hat hier der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Sky Deutschland Fernsehen GmbH & Co KG. Die Beklagte betreibt unter anderem den Streamingdienst namens „WOW“. Auf dessen Webseite erscheint seit Mitte 2022 zwar ein Kündigungsbutton, jedoch führte dieser nur zu einer Unterseite, auf der Abonnentinnen oder Abonnenten nicht direkt kündigen konnten, sondern zunächst ihre Email-Adresse und ihr Passwort hinterlegen mussten. Hintergrund der Klage ist, dass derjenige, der im Internet Abonnements oder sonstige Laufzeitverträge anbietet, seit Juli 2022 einen sogenannten Kündigungsbutton auf seiner Webseite bereitstellen muss, um eine einfach zugängliche Kündigung zu ermöglichen - und zwar ohne sich vorher beim Kundenkonto einloggen zu müssen.

Zur Erklärung: Der Wortlaut des § 312k Abs. 1, Abs. 2 BGB lautet wie folgt:

§ 312k Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr

(1) Wird Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, das einen Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet, so treffen den Unternehmer die Pflichten nach dieser Vorschrift. Dies gilt nicht

1. für Verträge, für deren Kündigung gesetzlich ausschließlich eine strengere Form als die Textform vorgesehen ist, und

2. in Bezug auf Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen, oder für Verträge über Finanzdienstleistungen.

(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags nach Absatz 1 Satz 1 über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die

1. den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund,

b) zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit,

c) zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags,

d) zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll,

e) zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn und

2. eine Bestätigungsschaltfläche enthält, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein.“

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Wer im Internet Abonnements und Laufzeitverträge anbietet, muss seit Juli 2022 einen sogenannten Kündigungsbutton bereitstellen. Dieser muss vor allem auch unmittelbar und leicht zugänglich sein. Dies ist nach Ansicht des Klägers hier nicht der Fall.

Die Beklagte erwidert hierauf, dass auf ihrer Homepage (mit ihrer URL) nicht unmittelbar ein Vertrag abgeschlossen würde, dies sei nur auf einer Unterseite, auf die man nach einem Klick weitergeleitet würde, der Fall. Somit müsse sie hier auch keinen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Kündigungsbutton bereitstellen.  Der Kläger entgegnet dem, dass der Begriff Webseite im Sinne der hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 312k BGB (siehe oben) weit zu verstehen sei und selbstverständlich auch Unterseiten erfasse.

Das LG hat sich hier der klägerischen Sichtweise angeschlossen und die Gestaltung des Kündigungsprozesses durch die Beklagte für rechtswidrig erklärt. Zunächst entspreche es den gesetzlichen Vorgaben, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher durch klicken des Kündigungsbuttons unmittelbar auf eine Seite gelangten, auf der sie ihre Kündigungserklärung per Mausklick abgeben könnten. Außerdem müsse es möglich sein, eine Kündigung durch die Angabe gängiger Identifizierungsmerkmale wie Name, Anschrift und/oder Geburtsdatum vorzunehmen. Desweiteren führt das LG aus:

„Verlangt ein Unternehmen – wie hier – die vorherige Anmeldung mittels eines Passworts, ist die Bestätigungsseite zudem nicht leicht zugänglich im Sinne der Vorschrift. Denn die Abfrage eines, von dem Verbraucher gegebenenfalls vor längerer Zeit erstellten und diesem möglicherweise nicht mehr erinnerlichen Passworts, schränkt die Kündigungsmöglichkeit des Verbrauchers unnötig ein, zumal kein Grund ersichtlich ist, eine solche Kündigungsmöglichkeit nicht zusätzlich zu der gesetzlich vorgesehenen Identifizierung mittels Angaben nach § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB anzubieten. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit der Beklagten ist damit jedenfalls nicht verbunden.“

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

 Es handelt sich hier um ein erstinstanzliches Urteil. Die Beklagte hatte hiergegen zunächst Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) München eingelegt. Diese wurde am 27.12.23 zurückgenommen. Das Urteil ist somit rechtskräftig und es wird keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher erhält durch dieses Urteil die Sicherheit, dass die gesetzliche Regelung des § 312 k BGB kein loses politisches Versprechen ist, sondern die Einrichtung eines gesetzeskonformen Kündigungsbuttons auf Webseiten der entsprechenden Unternehmen auch von der Rechtsprechung eingefordert wird.

Trotz dieses positiven Urteils wird die seit Mitte 2022 geltende gesetzliche Regelung des § 312k BGB („Kündigungsbutton“) nur von circa 42 Prozent der Unternehmen gesetzeskonform umgesetzt. Diese nicht zufriedenstellende Zahl ergibt sich aus einer statistischen Befragung des vzbv von 3.000 Unternehmen aus dem Sommer des letzten Jahres.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Verbraucherinnen und Verbrauchern wird durch dieses Urteil der Rücken gestärkt. Die Vorschrift des § 312k BGB steht nicht nur pro forma im Gesetz, um Verbraucherschützer ruhig zu stellen, sondern sie wird von der Rechtsprechung durchaus ernst genommen und wie dieses Urteil zeigt, auch durchgesetzt.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher sollte die Verbraucherzentralen hier unterstützen. Sobald festgestellt wird, dass ein Kündigungsbutton bei Internet-Verträgen nicht existiert oder ein solcher nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 312 k Abs. 2 Satz BGB entspricht, so wäre unmittelbar die Verbraucherzentrale vor Ort zu kontaktieren, damit die dann notwendigen Maßnahmen getroffen werden können (zum Beispiel: Abmahnung, strafbewehrte Unterlassungserklärung, Unterlassungsklage).

Wo ist das Urteil zu finden?

 Das Urteil des LG München I vom 10.10.2023 hat das Aktenzeichen Az 33 O 15098/22.

Stand: Januar 2024

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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