Eine junge Frau zeigt eine ablehnende Haltung

Widerruf beim Internetkauf: Ja oder Nein?

Bestellt ein Verbraucher im Internet eine Ware, kann er den Vertrag widerrufen. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Es gibt einige Regelungen im Gesetz, die es den Händlern ermöglichen, das Widerrufsrecht auszuschließen. Häufig kommt es zum Streit darüber, ob ein Widerrufsrecht besteht oder nicht.

Allgemeines zum Widerrufsrecht

Verbrauchern steht bei Fernabsatzverträgen in den meisten Fällen ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Fernabsatzverträge sind Verträge, die ausschließlich mit E-Mail, Telefon, Post,SMS oder per Videochat verhandelt und abgeschlossen werden. Außerdem gilt das Widerrufsrecht bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden. Für das Bestehen eines Widerrufsrechts spielt es keine Rolle, ob es bei dem jeweiligen Vertrag um Waren oder Dienstleistungen geht.

Wer sein Widerrufsrecht ausüben möchte, muss die Gründe dafür nicht nennen. Er muss aber den Widerruf gegenüber dem Händler in eindeutiger Weise erklären. Am besten ist es, die Widerrufserklärung per Mail, Post oder Fax zu senden und die Versand- bzw. Eingangsbestätigung gut aufzuheben.

Achtung: Wer ein Warenpaket kommentarlos zurückschickt, hat sein Widerrufsrecht nicht wirksam ausgeübt.

Die wichtigsten Ausnahmen im Überblick

Das Widerrufsrecht besteht nicht uneingeschränkt. Der Gesetzgeber hat einen abschließenden Katalog mit Ausnahmen vom Widerrufsrecht formuliert. Diese gelten zum Beispiel, wenn die Ware - wie bei Maßanzügen - auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten ist, ebenso beim Kauf schnell verderblicher Waren wie frischen Lebensmitteln oder Verträgen über die Lieferung von Zeitungen oder Zeitschriften, es sei denn, es handelt sich um ein Abo. In anderen Fällen besteht zwar grundsätzlich ein Widerrufsrecht, dieses kann aber vor Ablauf der Widerrufsfrist entfallen. Zum Beispiel bei versiegelten Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind (wenn der Verbraucher das „Siegel“ zerstört hat).

Achtung: Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht gelten nur, wenn der Händler den Verbraucher deutlich über die Ausnahmen informiert hat.

  • Waren, die speziell nach Wünschen des Verbrauchers angefertigt wurden
    Das Widerrufsrecht besteht grundsätzlich nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher notwendig ist oder die Ware eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Soweit also bei der Herstellung der Ware individuelle Wünsche und Vorgaben des Kunden berücksichtigt wurden und die Ware deshalb nicht mehr zum Verkauf (oder nur noch zu einem erheblich reduzierten Preis) an Dritte geeignet ist, besteht für Verbraucher kein Widerrufsrecht. Die Auswahl eines T-Shirts nach Größe und Farbe bedingt noch keinen Ausschluss des Widerrufsrechts, ebenso kann nur mit der Auswahl eines Autoreifens anhand der individuellen Fahrzeugdaten ein Ausschluss des Widerrufsrechts nicht begründet werden. Nicht von der Ausnahmevorschrift umfasst ist auch der Kauf eines PC, der auf Wunsch des Kunden aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt wurde, wenn die Teile vom Unternehmer nach Rückgabe wiederverwendet werden können (BGH, Urteil vom 19.03.2003, Az.: VIII ZR 295/01). Anders sieht es im Textilbereich bei maßgeschneiderten Anzügen oder bei individuell gravierten Schmuckstücken aus, für die kein Widerrufsrecht besteht.
     
  • Schnell verderbliche Ware
    Ausgeschlossen werden kann das Widerrufsrecht auch bei Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde. Zu denken ist beispielsweise an die Lieferung bestimmter Lebensmittel oder Schnittblumen.
     
  • Versiegelte Waren
    (§ 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr.3 BGBÖffnet sich in einem neuen Fenster)
    Verträge über die Lieferung versiegelter Waren können grundsätzlich widerrufen werden. Wird die Versiegelung jedoch nach der Lieferung entfernt, erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig bei Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind. Beispiele: Kosmetika, Zahnbürsten, In-Ear-Kopfhörer oder Telefone, lose verkaufter Tee oder Arzneimittel. Voraussetzung ist, dass der Händler die Ware nicht weiterverkaufen kann, weil eine Verunreinigung nach Entfernen des Siegels vorliegt.

    Wichtig: Die Ware muss „versiegelt“ sein, das heißt eindeutig als solche zu erkennen sein, entweder nach der Verkehrsauffassung oder durch einen eindeutigen Hinweis. Die bloße Umverpackung genügt hierfür ohne entsprechenden Hinweis nicht. Denn diese dient vorrangig anderen Zwecken wie etwa dem Schutz vor Verschmutzung, hat aber keine Warnfunktion für die Verbraucher. Das Widerrufsrecht erlischt nicht beim Kauf von Kleidung, Bettwäsche oder Matratzen.
     
  • Waren, die untrennbar mit anderen Gütern vermischt werden
    (§ 312g Abs. 2 S 1 Nr. 4 BGBÖffnet sich in einem neuen Fenster)
    Das Widerrufsrecht erlischt auch dann vorzeitig, wenn Waren „nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt“ werden. Hierunter fällt beispielsweise die Lieferung von Heizöl, wenn dieses nach der Lieferung mit dem Restbestand im Tank vermischt wurde.
     
  • Versiegelte Ton-/ Videoaufnahmen/ Computersoftware
    (§ 312 g Abs. 2 S 1 Nr. 6 BGBÖffnet sich in einem neuen Fenster)
    Ein weiterer Fall, bei dem das Widerrufsrecht vorzeitig erlöschen kann, ist die Bestellung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware auf einem körperlichen Datenträger (wie CD, CD-ROM oder DVD) „in einer versiegelten Packung“, und zwar dann, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Auch hier muss die Versiegelung des Datenträgers eine klar erkennbare Warnfunktion für den Verbraucher haben. Für ihn muss erkennbar sein, dass er sein Widerrufsrecht verliert, sobald er die Versiegelung entfernt.
     
  • Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten
    (
    § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGBÖffnet sich in einem neuen Fenster)
    Bei Verträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten steht dem Verbraucher kein Widerrufsrecht zu. Gleichgültig ist dabei, ob der Vertrag schriftlich oder telefonisch geschlossen wurde. Aber: Bei Abschluss eines Abonnements besteht wiederum ein Widerrufsrecht. Zu beachten ist jedoch die Widerrufsfrist. Ein Widerruf des Abonnements ist grundsätzlich nur innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der ersten Zeitschrift möglich.
     
  • Beherbergung zu anderen Zwecken als Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken und Dienstleistungen im Freizeitbereich
    (§ 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 BGBÖffnet sich in einem neuen Fenster)
    Für Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung, Lieferung von Getränken, weitere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbeschäftigung gibt es nur dann eine Ausnahme vom Widerrufsrecht, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht. Beispiele: Reservierung eines Mietautos oder Catering.
     
  • Dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten
    (§ 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 BGBÖffnet sich in einem neuen Fenster)
    Wird ein Unternehmen von einem Verbraucher ausdrücklich aufgefordert, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, besteht ebenfalls kein Widerrufsrecht.

    Aber: Wenn anlässlich des Besuchs weitergehende Dienstleistungen erbracht werden, die der Verbraucher gar nicht ausdrücklich verlangt hat, oder der Unternehmer Waren liefert, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, besteht diesbezüglich ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
     
  • Dienstleistungen
    (§ 356 Absatz 4 BGBÖffnet sich in einem neuen Fenster)
    Bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen (zum Beispiel Reparatur) erlischt ein bestehendes Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer seine Dienstleistung vollständig erbracht und mit der Ausführung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.
     
  • Digitale Inhalte, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden
    (§ 356 Absatz 5 BGBÖffnet sich in einem neuen Fenster)
    Bei einem Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden ( Download von Software, eBook-Kauf etc.), erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig, wenn der Anbieter mit dem Download begonnen hat und der Verbraucher diesem ausdrücklich zugestimmt hat. Außerdem muss er seine Kenntnis davon bestätigt haben, dass er mit dem Beginn der Vertragsausführung sein Widerrufsrecht verliert. (ve)

Stand: November 2023

Schlagworte zum Thema