Worum geht es bei der Entscheidung?
Geklagt hat hier der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen den Betreiber des Onlinedating-Portals „Parship“. Stein des Anstoßes war eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Beklagten. Hiernach sollte sich ein bereits geschlossener Vertrag stillschweigend um weitere zwölf Monate verlängern, wenn er nicht bis zwölf Wochen vor Ablauf der Vertragslaufzeit gekündigt wurde. Außerdem hält es der Beklagte nicht für angemessen Verbraucherinnen und Verbrauchern ein jederzeitiges Kündigungsrecht einzuräumen.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Der beklagte Betreiber des Portals Parship ist der Ansicht, dass für jedefrau und jedermann die Folgen einer nicht rechtzeitigen Kündigung abschätzbar seien. Erst bei einer ausbleibenden Kündigung vor Fristablauf findet eine Vertragsverlängerung um zwölf Monate statt, was auch so für Verbraucherinnen und Verbraucher vorhersehbar sei. Sie haben insofern überhaupt keine Schutzbedürftigkeit. Ein generelles Kündigungsrecht von Verbraucherinnen und Verbrauchern kann nicht bestehen, da dies dem Sinn und Zweck der eingegangenen vertraglichen Verpflichtung widerspräche und einer besseren Planbarkeit von Geschäftsprozessen durch sie entgegenstehe.
Der klagende vzbv ist der Ansicht, dass die streitgegenständliche AGB-Klausel Kundinnen und Kunden grundsätzlich unangemessen benachteilige. Mit einem jederzeitigen Kündigungsrecht könne man dieser Benachteiligung begegnen und auch den Verbraucherinteressen in vorgenannter Vertragskonstellation gerecht werden.
Der BGH hält eine automatische Vertragsverlängerung um weitere zwölf Monate dann für unwirksam, wenn die Kosten für eine Vertragsverlängerung das Entgelt für den ursprünglich eingegangenen Vertrag erheblich übersteigen. Ein jederzeitiges Kündigungsrecht der Verbraucherinnen und Verbraucher sieht der BGH hier nicht.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat der BGH in Karlsruhe, das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, in einem Revisionsverfahren abschließend entschieden. Es wird kein weiteres Verfahren in dieser Angelegenheit mehr geben.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucherinnen und Verbraucher aus?
Dieses Urteil hat eine ganz praktische Auswirkung für Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie werden davor geschützt, durch eine Bedingung in den AGB eines Onlinedating-Portalbetreibers bei nicht rechtzeitiger Kündigung in die Kostenfalle zu tappen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Betrag, der für eine Verlängerung fällig wird, den ursprünglichen Vertragsbeitrag erheblich übersteigt.
Ein jederzeitiges Kündigungsrecht haben Verbraucherinnen und Verbraucher – und das stellt dieses Urteil auch klar – bei Verträgen mit Onlinedating-Portalbetreibern grundsätzlich nicht.
Ist die Entscheidung gut?
Ja und nein. Daumen waagerecht. Einerseits ist es schön, dass Verbraucherinnen und Verbraucher davor geschützt werden, bei kurzen Vertragslaufzeiten und verpasster rechtzeitiger Kündigung in die Kostenfalle zu tappen. Andererseits werden automatische Vertragsverlängerungen aus Verbrauchersicht grundsätzlich eher kritisch gesehen. Einige Rechtsfragen, die bei Verträgen mit Onlinedating-Portalbetreibern auftreten, konnte dieses Urteil zudem nicht beantworten.
Es ist nur konsequent, wenn kein jederzeitiges Kündigungsrecht für Kundinnen und Kunden eingeräumt wird, da ansonsten eine Planbarkeit für die Beklagte völlig ausgehebelt würde.
Was kann der Verbraucher jetzt tun?
Der beklagte Onlinedating-Portalbetreiber muss seine Geschäftsbedingungen dem Urteil entsprechend anpassen. Kundinnen und Kunden dürfen bei kurzer Vertragslaufzeit und verpasster Kündigung nicht in die Kostenfalle tappen und eine teure Mehrbelastung aufgebrummt bekommen. So weit, so gut. Aber was ist, wenn man gar keinen Vertrag mit einem Onlinedating-Portal abgeschlossen hat? Meines Erachtens dürften die Grundsätze dieses Urteils auch auf andere Verbraucherverträge anzuwenden sein. Klauseln in AGB, die eine automatische Vertragsverlängerung bei nicht rechtzeitiger Kündigung vorsehen und zu einer erheblichen Mehrbelastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern führen als der ursprüngliche Vertrag, dürften nach diesem Urteil unwirksam sein. Sie stellen eine unangemessene Benachteiligung von Kundinnen und Kunden dar (vgl. § 307 Abs. 1 BGB).
Bei einer Verwendung solch unwirksamer Klauseln ist die Zahlung zu verweigern und unmittelbar die Verbraucherzentrale vor Ort zu kontaktieren, damit von dort aus die dann notwendigen Schritte unternommen werden können (zum Beispiel Abmahnung, Klage).
Exkurs: Im Bereich des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sind diese Regeln übrigens nicht anwendbar. Seit seiner Novelle vom 01.12.2021 gilt hier ohnehin eine kurze einmonatige Kündigungsfrist.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das BGH-Urteil vom 17.07.2025 hat das Aktenzeichen AZ III ZR 388/23.
Stand: Juli 2025