Eine Person tippt auf dem Smartphone. Im Hintergrund sieht man verschiedene abgegebene Bewertungen aus dem Internet in einer Karussellansicht.

Aufgepasst bei Sternebewertungen im Internet

Laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) muss bei einer durchschnittlichen Sternebewertung im Internet auch die Gesamtanzahl der Bewertungen sowie der Zeitraum angegeben werden, in dem die Einschätzungen abgegeben wurden.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Geklagt hat hier eine Organisation, die sich der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs verschrieben hat. Beklagte dieses Rechtsstreits ist die Betreiberin einer Homepage, die auf ihrer Seite den Kunden (Immobilienveräußerern) die Bewertung von Maklern anbietet. Hierbei wirbt sie unter anderem mit den durchschnittlichen Sternebewertungen, allerdings ohne eine Angabe zu der Gesamtzahl der abgegebenen Bewertungen und dem Zeitraum der Bewertungsabgabe. Es gibt auch keine Aufgliederung, wie viele Bewertungen einer Sterneklasse zuzuordnen sind. Die Klägerin strebt nun gerichtlich an, dass diese als unlauter erachtete Werbung unterlassen wird.

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die von ihr geforderten Angaben notwendig sind, damit eine seriöse Einschätzung von Sternebewertungen für Verbraucher überhaupt erst möglich ist. Es mache für Verbraucherinnen oder Verbraucher definitiv einen Unterschied, ob der Mittelwert der Sternebewertungen aus zwei oder aus 2.000 Bewertungen gebildet werde und ob Bewertungen aktuell sind oder bereits mehrere Jahre zurückliegen. Im Übrigen hätten Verbraucherinnen und Verbraucher ein vitales Interesse daran, wie die einzelnen Bewertungen zustande gekommen seien. Es mache definitiv einen Unterschied, ob einer durchschnittlichen 3-Sterne-Bewertung entweder sechs 3er-Bewertungen oder aber drei 1er- und 3 5er-Bewertungen zugrunde liegen würden.

Die Beklagte sieht die Sache hier komplett anders. Insbesondere habe Sie kein geschäftliches Interesse daran zurückzuhalten, wie sich ein Mittelwert aus den Einzelbewertungen aus den einzelnen Sterneklassen zusammensetzt. Dies könnte somit auch nicht unlauter sein.

Der BGH hat sich hinsichtlich der ersten beiden Punkte der klägerischen Sichtweise angeschlossen. Hinsichtlich einer Aufschlüsselung danach, wie viele Bewertungen den einzelnen Sterneklassen zuzuordnen sind, ist der BGH allerdings der Sichtweise der Beklagten gefolgt,

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat der BGH, das höchste bundesdeutsche Gericht in Zivilsachen, in einem Revisionsverfahren abschließend entschieden. Es wird keine weitere Entscheidung in dieser Sache mehr geben.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Dieses Urteil schafft endlich Klarheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher darüber, welche „Pflichtangaben“ bei einer Sternebewertung mit anzugeben sind. Die Anzahl der Einzelbewertungen, aus denen sich die Durchschnittsbewertung ergibt, und der Zeitraum, in welchem eine Sternebewertung erfolgt ist, gehören nach diesem Urteil offensichtlich dazu.

Verbraucherinnen beziehungsweise Verbraucher sollten bei Sternebewertungen zukünftig auch immer mit einer Information über diese Punkte versorgt werden. 

Ist die Entscheidung gut?

Es ist gut, dass  sich der BGH für diese zusätzlichen Pflichtinformationen für Verbraucherinnen und Verbraucher entschieden hat. Dennoch kann dieses neuerliche Urteil zu Sternebewertungen nicht über das Grundproblem bei frei abgebbaren Sternebewertungen hinwegtäuschen. An dieser Stelle sind die gekauften (gefakten) positiven Bewertungen zu nennen, die das Gesamtbild, beziehungsweise die jeweilige Durchschnittsbewertung erheblich verzerren können.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Meines Erachtens macht es deshalb für Verbraucher keinen Sinn, Sterne-Durchschnittsbewertungen in den eigenen Entscheidungsprozess für ein Produkt oder eine Dienstleistung einzubeziehen. Etwas sinnvoller erscheint es da schon, nur die negativen Bewertungen zu lesen und zu überlegen, ob man sich mit dem Risiko anfreunden kann, dass diese dort beschriebenen negativen Eigenschaften eines Produktes oder einer Dienstleistung tatsächlich auch vorliegen. Aber Vorsicht: Auch bei diesen negativen Bewertungen besteht natürlich die ernst zu nehmende Möglichkeit, dass sie von beispielsweise Konkurrenten gekauft sind.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25.07.2024 hat das Aktenzeichen I ZR 143/23. 

Stand: September 2024

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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