Worum geht es bei der Entscheidung?
Hier hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (VZ-BW) gegen den Kosmetikhersteller L`Oréal auf Unterlassen der weiteren Werbung mit sogenannten „Mogelpackungen“ geklagt. Als Mogelpackung wird eine Fertigpackung bezeichnet, wenn diese ihrer Gestaltung und Befüllung nach in relevanter Weise über ihre relative Füllmenge täuscht. Konkreter Stein des Anstoßes war eine Werbung des Beklagten für ein Herrenwaschgel (Füllmenge 100 ml) im Internet. Die Kunststofftube war hier auf dem Verschlussdeckel stehend abgebildet. Der untere durchsichtige Teil der Tube zeigte sehr gut den orangefarbenen Inhalt. Nach oben hin verjüngte sich das Behältnis jedoch in Richtung Falz und war nunmehr intransparent silbern eingefärbt. Besonders auffällig: In dem intransparenten silbernen Teil war das Behältnis leer. In den beiden vorangegangenen Prozessen vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf und dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf war die Klägerin jeweils unterlegen. Aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde ließ der BGH doch noch die Revision zu. In dieser Revisionsinstanz befinden wir uns nun.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Die klagende VZ-BW ist der Ansicht, dass hier eine wettbewerblich relevante Täuschung vorliege und die Werbung mit der streitgegenständlichen „Mogelpackung“ gegen Wettbewerbsrecht verstoße.
Die beklagte L´Oréal sieht das ganz anders. Die beiden Vorinstanzen hätten einstimmig befunden, dass hier keine Täuschung vorliege. Es befinde sich exakt die gleiche Menge des streitgegenständlichen Produkts in der Verpackung wie dies auf der Verpackung angegeben sei. Es liege hier also schon objektiv keinerlei Täuschung vor.
Der BGH ist hier der Ansicht der klagenden Verbraucherschutzorganisation gefolgt.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat der BGH, das höchste deutsche Gericht, abschließend entschieden. Nachdem die beiden Vorinstanzen des LG Düsseldorf und OLG Düsseldorf sich noch auf die Seite von L´Oréal schlugen, gab der BGH den Verbraucherschützern aus Baden-Württemberg Recht. Es wird keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?
Dieses Urteil hat eine klarstellende Wirkung für Verbraucherinnen und Verbraucher: Grundsätzlich ist es gestattet, eine größere Verpackung zu verwenden, als dies der Inhalt erforderlich macht. Verboten ist es allerdings in der Werbung zu suggerieren, dass die Tube, Dose oder Packung einen größeren als den tatsächlichen Inhalt hat.
Ist die Entscheidung gut?
Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Der BGH verhindert hier weitsichtig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durch Werbung des Kosmetikherstellers L´Oréal bewusst in die Irre geführt werden können. Somit wird es keinen Irrtum mehr über die tatsächliche Füllmenge dieses Herrenduschgels geben, denn L´Oréal darf zukünftig nicht mehr durch irreführende Werbung daran arbeiten, dass die Vorstellung der Verbraucherinnen und Verbraucher von der tatsächlichen Füllmenge abweicht (Stichwort: Werbung mit einer „Mogelpackung“).
Was kann der Verbraucher jetzt tun?
Man kann Verbraucherinnen und Verbrauchern hier nur zunächst den allgemeinen Hinweis geben: Augen auf beim Produktkauf! Man sollte sich nicht von der Packung beziehungsweise von der Aufmachung eines Produkts zum Kauf desselben verleiten lassen. Maßgebliches Kriterium sollte immer die auf der Packung angegebene Füllmenge sein. Erst wenn der Preis im Verhältnis zur tatsächlichen Füllmenge angemessen erscheint, kann man von einem guten Kauf sprechen.
Sollte Verbraucherinnen beziehungsweise Verbrauchern noch die Werbung mit einer „Mogelpackung“ begegnen, wäre unmittelbar die Verbraucherzentrale vor Ort zu kontaktieren, damit von dort aus dem Treiben Einhalt geboten werden kann und die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden können.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.05.2024 hat das Aktenzeichen Az. I ZR 43/23.
Stand: Juli 2024