Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Bochum ist es der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG verwehrt, ihr Knuspermüsli Vitalis mit der Aussage zu bewerben, das Müsli enthalte Magnesium, welches zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung beitrage.
Hier klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG auf Unterlassung folgender Werbeaussage auf der Verpackung ihres Vitalis Knusper Müsli: „Dieses Müsli enthält Magnesium, das zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung beiträgt.“ Die Health-Claims-Verordnung der EU lässt nährwerts- und gesundheitsbezogene Werbeaussagen aber nur unter bestimmten Voraussetzungen zu.
Wichtigste Regelung der „Health-Claims-Verordnung“:
„Die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben dürfen nicht falsch oder irreführend sein und müssen von aufmerksamen, durchschnittlichen Verbraucherinnen und Verbrauchern verstanden werden. Die Angaben müssen sich auf allgemein akzeptierte wissenschaftliche Daten stützen und durch diese abgesichert sein. Die Substanz, die Gegenstand der Angabe ist, muss im Endprodukt in einer ausreichenden Menge vorhanden und in einer vom Körper verwertbaren Form verfügbar bzw. im umgekehrten Fall nicht vorhanden oder ausreichend reduziert sein. Die für die behauptete ernährungsphysiologische Wirkung erforderliche Menge, muss durch den Verzehr einer vernünftigerweise anzunehmenden Menge des Lebensmittels bereitgestellt werden. Bei Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent sind gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich verboten, und nur nährwertbezogene Angaben erlaubt, die sich auf einen geringen Alkoholgehalt, eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder eine Reduzierung des Brennwerts beziehen“ (QuelleÖffnet sich in einem neuen Fenster).
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Der Kläger (vzbv) sieht in vorgenannter Werbeaussage einen Verstoß gegen die Heaalth-Claims-Verordnung der EU und begehrt deren Unterlassen. Laut Herstellerangaben enthalte eine 40 Gramm-Portion des Müslis nur 28,3 Milligramm, also ca. 8 Prozent der empfohlenen Tagesdosis an Magnesium. Um überhaupt die ausgelobte Wirkung entfalten zu können, müsse man nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mindestens 15 Prozent der empfohlenen Tagesdosis, also mindestens 56,25 Milligramm zu sich nehmen. In der Werbung sei jedoch nicht davon die Rede, dass die ausgelobte Wirkung erst ab dem Konsum von zwei Portionen à 40 Gramm eintreten könne. Die Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG als Beklagte sieht die Sach- und Rechtslage hier naturgemäß völlig anders. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass das in dem streitgegenständlichen Produkt enthaltene Magnesium die ausgelobte Wirkung haben könne. Es sei ja gerade das Bestreben von Werbung, die Verbraucherin beziehungsweise den Verbraucher zum vermehrten Konsum eines Produktes zu bewegen. Demnach könne die hier gemachte Werbeaussage nicht auf den Konsum einer Portionsgröße reduziert gesehen werden, sondern man müsse das Produkt als Ganzes berücksichtigen.
Das Landgericht hat sich hier der klägerischen Sichtweise angeschlossen und die Beklagte zum Unterlassen vorgenannter Werbeaussage verurteilt.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat das Landgericht (LG) Bochum erstinstanzlich entschieden. Die Beklagte hat gegen diese Entscheidung Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) eingelegt. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar, denn hier hat das Landgericht einen eindeutigen Verstoß gegen die Health-Claims-Verordnung der EU festgestellt, die hier in Deutschland geltendes Recht ist. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein anderes Gericht den vorliegenden Sachverhalt anders bewerten könnte. An dieser Stelle kommt die unter Juristen bekannte Hoffnung zum Tragen, dass man sich vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand befinde.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?
Das Urteil hat Signalwirkung für Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie dürfen nicht mit angeblich gesundheits- oder nährwertbezogenen Wirkungen eines Produktes zu dessen Kauf angeregt werden, wenn diese Wirkungen erst nach überproportionalem Konsum des Produkts eintreten kann.
Darauf, dass die Bestimmungen der Health-Claims-Verordnung der EU eingehalten werden, achtet die Rechtsprechung besonders.
Ist die Entscheidung gut?
Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Es ist wichtig, dass es ein einschränkendes Korrektiv wie die Health-Claims-Verordnung der EU bei gesundheitsbezogener Werbung gibt. Fast jeder möchte die Gelegenheit nutzen, um durch sein Ernährungsverhalten, seine Körperfunktionen auf die eine oder die andere Art und Weise zu beeinflussen. Sehr ernüchternd wäre es da schon, wenn die dann ausgelobte Wirkweise, die einen zum Kauf bewogen hat, dann erst ab einer nicht erwähnten Menge des Konsums eintreten kann und man das Produkt bislang – zwar nicht kostenlos – aber umsonst konsumiert hat.
Was kann der Verbraucher jetzt tun?
An dieser Stelle sind die Verbraucherzentralen auf die Mithilfe der Verbraucherinnen und Verbraucher angewiesen. Letztere können auf der Webseite www.lebensmittelklarheit.deÖffnet sich in einem neuen Fenster Produkte melden, von denen sie sich getäuscht fühlen. Dafür gibt es ein extra MeldeformularÖffnet sich in einem neuen Fenster. Die Plattform wird vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbänden betrieben.
Wo ist die Entscheidung zu finden?
Das Urteil des LG vom 06.12.23 hat das Aktenzeichen I – 13 O 51/23.
Stand: März 2024
Autor
„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.