Aus der Sicht eines Mannes auf einem Sofa: Er hat die Beine auf einen Schemel gekreuzt gelegt und hat in der linekn Hand eine Fernbedienung. Im Hintergrund sieht man einen Fernseher an der Wand. Die Szene ist in einem Wohnzimmer.

Aufgepasst bei der Einführung von Werbung durch Video-Streamingdienste!

Das Landgericht (LG) München I hat auf eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hin entschieden: Es war nicht zulässig, dass der Video-Streamingdienst Amazon Prime im Frühjahr 2024 Werbung in Filmen und Serien eingeführt hat.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Amazon Digital Germany GmbH. Diese informierte im letzten Jahr ihre Bestandskunden via E-Mail darüber, dass ab Februar 2024 Amazon Prime Video-Titel Werbung enthalten würden. Da sich der Preis für eine Mitgliedschaft jedoch nicht ändern würde, bestünde allerdings kein Handlungsbedarf. Wer aber eine werbefreie Option sehen wolle, müsste nunmehr 2,99 Euro pro Monat extra zahlen.

An diesem Vorgehen stört sich der vzbv und begehrt klageweise dessen Unzulässig-Erklärung.

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Der klagende vzbv sieht in der Extra-Berechnung von monatlich 2,99 Euro für die werbefreie Nutzung des Amazon-Prime-Video-Abos eine unzulässige Vertragsänderung durch Amazon. Bis dato wurden die Angebote von Amazon Prime Video nämlich gänzlich ohne Werbeunterbrechungen angeboten. Eine Berechtigung zur einseitigen Vertragsänderung sähen weder die Vertragsbedingungen noch das Gesetz vor. Demnach sei der Klage stattzugeben und das Verhalten der Amazon Digital Germany GmbH für unzulässig zu erklären.
Die beklagte Firma Amazon hält ihr Verhalten für angemessen und völlig rechtmäßig. Es sei heutzutage Usus, dass Dauerschuldverhältnisse aufgespalten würden in kostenpflichtige ohne Werbung und kostenfreie mit Werbung. Das sei der Lauf der Zeit und an dieser Entwicklung vermöge auch der vzbv nichts zu ändern.
Das LG München I hat sich der Sichtweise des klagenden vzbv angeschlossen und das angeprangerte Verhalten von Amazon für unzulässig erklärt.

Dieses Urteil ist auch ein wichtiger Etappensieg auf dem Weg der Verbraucherzentrale (VZ) Sachsen. Diese versucht mit einer Sammelklage zu erreichen, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern ihre seit Februar 2024 zu viel gezahlten Monatsbeiträge zurückerstattet werden. Hier erhält man nähere Informationen über das Sammelklageverfahren der VZ Sachsen, dem sich bisher etwa 150.000 Verbraucherinnen und Verbraucher angeschlossen haben: https://www.verbraucherzentrale-sachsen.de/faq/vertraege-reklamation/amazon-sammelklage-faq-und-ausfuellhilfe-95864Öffnet sich in einem neuen Fenster

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das LG München I erstinstanzlich entschieden. Theoretisch könnte gegen dieses Urteil noch Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) eingelegt werden. Dies ist jedoch nicht zu erwarten, da Amazon einsehen muss, dass es unzulässig ist, einmal geschlossene Verträge nachträglich einseitig zu ändern.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Zunächst hat das Urteil eine klarstellende Wirkung für Verbraucherinnen und Verbraucher. Der von ihnen einmal mit Amazon geschlossene Vertrag hat so auch Bestand und darf nicht nach Vertragsschluss einseitig von Amazon geändert werden.

Dieses Urteil ist als wichtiger Appell an Rechtssicherheit und -klarheit zu verstehen. Die von Verbraucherinnen und Verbrauchern einmal eingegangenen Vertragsverhältnisse dürfen nicht einseitig von Unternehmerseite geändert werden.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Hier orientiert sich das LG München I an der Verbindlichkeit der einmal eingegangenen vertraglichen Willenserklärungen. Es war nun einmal das werbefreie Amazon-Prime-Video-Abo ursprünglicher Vertragsgegenstand. Das Landgericht räumt dem einmal geäußerten Rechtsbindungswillen zu bestimmten Konditionen einen Vertrag abschließen zu wollen einen höheren Stellenwert ein als unternehmerischen Interessen an zusätzlichen Werbeeinnahmen. Sehr gut so!

Das oben Gesagte gilt nur für Altverträge. Neuverträge dürften nur gegen eine Zusatzabgabe werbefrei erhältlich sein. Dies müsste dann aber auch so im Vertragstext zu lesen sein. Dann kann man selbst darüber entscheiden, ob man einen Vertrag mit oder ohne Werbung abschließen möchte.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Verbraucherinnen und Verbraucher sollten dieses positive Urteil zum Anlass nehmen, um sich gegebenenfalls – so wie etwa 150.000 Verbraucherinnen und Verbraucher vor ihnen – der Sammelklage der VZ Sachsen anzuschließen (näheres zur Sammelklage unter https://www.verbraucherzentrale-sachsen.de/faq/vertraege-reklamation/amazon-sammelklage-faq-und-ausfuellhilfe-95864).
Verbraucherinnen und Verbraucher sollten dieses Urteil auch allgemein zum Anlass nehmen, um kritischer auf Vertragsanpassungen bei ihren Dauerschuldverhältnissen zu reagieren. Zu einseitigen Vertragsänderungen müssten Unternehmer jedenfalls durch die verwendeten Vertragsbedingungen oder das Gesetz ermächtigt werden.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des LG München I vom 16.12.25 hat das Aktenzeichen Az 33 O 3266/24.

Stand: Dezember 2025

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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