Reklamationen bei Pauschalreisen
Treten Mängel an der gebuchten Urlaubsstätte auf, ist es wichtig, richtig und fristgerecht den Mangel zu reklamieren. Denn Frist- oder Formfehler führen dazu, dass Entschädigungsansprüche von unzufriedenen Urlaubern vom Reiseveranstalter und auch später vom Gericht zurückgewiesen werden.
So reklamieren Sie richtig
- Mängel sofort vor Ort reklamieren
Festgestellte Reisemängel sind unverzüglich beim Reiseleiter vor Ort mitzuteilen. Dem Reiseveranstalter muss die Möglichkeit eingeräumt werden, den Mangel zu beseitigen. Dem Reiseleiter, der als Vertreter des Reiseveranstalters fungiert, muss dazu eine angemessene Frist eingeräumt werden. Der Reiseleiter wird am besten über die Hotelrezeption erreicht.Ist vor Ort kein Reiseleiter anwesend, sollte schnellstmöglich telefonisch Kontakt mit dem Reiseveranstalter aufgenommen werden. Eine zusätzliche E-Mail an Reiseleiter und –veranstalter kann später als Beweis dienen. Mängel dokumentieren
Viele Veranstalter bieten bereits vor Ort ein Beschwerdeformular an. Die festgestellten Mängel sind schriftlich und mit Datum festzuhalten. Dabei sollte der Mangel so genau wie möglich beschrieben werden, so sollte zum Beispiel nicht bloß der Hinweis „Schimmel“ vermerkt werden, sondern auch die Größe und der Umfang und an welcher Stelle im Hotelzimmer der Mangel vorgefunden wurde. Der Erhalt dieser Mängelliste sollte - wenn möglich – vom Reiseleiter schriftlich bestätigt werden. Falls eine Bestätigung durch den Reiseleiter nicht möglich ist, können auch andere Personen, zum Beispiel andere Urlauber, die Mängel bezeugen. Wenn die Mängelliste per Mail an den Reiseleiter geschickt wird, ist die eigene Mail-Adresse in das Cc-Feld zu setzen, um eine Kopie zu erhalten.Gibt es kein Beschwerdeformular durch den Veranstalter oder vom Hotel, kann eine Mängelanzeige auch selbst erstellt werden. Die „Reisemängelanzeige vor Ort“ sollte neben der vereinbarten Reiseleistung nach dem Reisevertrag und der Auflistung der Mängel am Urlaubsort auch noch formale Angaben enthalten wie Name des Reisenden, Reiseveranstalter, Buchungsnummer, Urlaubsort, Hotel/Schiff, Zimmer/Kabinennummer, Name der Reiseleitung sowie das Datum der Beanstandung.
- Beweise sammeln
Der unzufriedene Urlauber muss mögliche Mängel nachweisen. Deshalb sind neben der Beschreibung der Mängel Fotos, Videos oder Zeugenaussagen mit Datum wichtig. Bei manchem Mangel wie Baulärm oder eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des Pools kann ein Protokoll hilfreich sein.
- Sofortige Beseitigung von Mängeln
Dreckiges Hotelzimmer, verschmutzter Pool – mit der Mängelliste dürfen Urlauber die Beseitigung der vorgefundenen Zustände innerhalb einer angemessenen Frist verlangen. Sollte der Reiseveranstalter in dem festgesetzten Zeitraum, die Mängel nicht beseitigen, kann der Reisende selbst zur Tat schreiten. Dadurch aufkommende Kosten können anschließend vom Reiseveranstalter zurückverlangt werden. Als eine angemessene Frist gilt: Kurze Reise, kurze Frist! Bei einer Woche Pauschalurlaub zählt eine Zwei-Tage-Frist als angebracht. Ist allerdings ein sofortiges Handeln unabdingbar, ist keine Frist nötig.
- Entschädigungsansprüche fristgerecht stellen
Nicht jedem ist bekannt, dass nach der Rückkehr aus dem Urlaub Ansprüche binnen eines Monats beim Reiseveranstalter geltend gemacht werden müssen. Eine genaue Mängelbeschreibung ist auch hier wichtig. Wer sich nur beim Reiseleiter vor Ort beschwert, hat keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Reisepreisminderung wegen Reisemängeln.
- Entschädigungsanspruch genau formulieren
Im Schreiben an den Reiseveranstalter sollte genau benannt sein, um wie viel der Reisepreis gemindert werden soll oder ob sogar eine komplette Rückzahlung gefordert wird.
Entschädigungssumme anhand „Frankfurter Tabelle“ festlegen
Empfehlenswert ist es, eine gütliche Einigung zwischen Reisendem und dem Reiseveranstalter zu erreichen. Wer sich unsicher ist, wie hoch die Entschädigungssumme bei einem Mangel ist, kann die „Frankfurter Tabelle“Öffnet sich in einem neuen Fenster als Orientierung für die Höhe des Schadensersatzes heranziehen. An dieser orientieren sich auch Anwälte und Gerichte, wenn es zu keiner Einigung zwischen geschädigtem Urlauber und Reiseveranstalter kommt.
Orientierungshilfe bieten auch die „Kemptener Tabelle“Öffnet sich in einem neuen Fenster oder die Mängelliste des ADACÖffnet sich in einem neuen Fenster.
Nachfolgend einige Beispiele für Mängel und ihre Preisminderung entsprechend der Frankfurter Tabelle:
- Doppelzimmer statt Einzelzimmer: 20 Prozent Minderung
- Fehlender Meerblick trotz Zusage: 5-10 Prozent Minderung
- Ungeziefer: 10–50 Prozent Minderung
- Lärm am Tage: 5–25 Prozent Minderung
- Lärm in der Nacht: 10–40 Prozent Minderung
- Eintöniger Speiseplan: 5 Prozent Minderung
- bei Zusage: fehlender oder verschmutzter Pool: 10–20 Prozent Minderung
- bei Zusage: fehlende Kinderbetreuung: 5–10 Prozent Minderung
- Ausfall von Landausflügen bei Kreuzfahrten: 20–30 Prozent Minderung
Geld oder Gutschein
Wenn ein echter Reisemangel besteht, der korrekt reklamiert wurde, hat der geschädigte Reisende Anspruch auf Geld. Mancher Reiseveranstalter bietet einen Gutschein aus Kulanz an, den jedoch der Reisende nicht akzeptieren muss.
Ersatzleistungen oder Kündigung des Vertrags möglich
Sind die Mängel als immens einzustufen, hat der Reisende Anspruch auf eine Ersatzleistung, zum Beispiel ein anderes Zimmer oder sogar ein anderes Hotel. Zudem kann dann auch der Vertrag noch vor Ort gekündigt und eine Rückerstattung für nicht in Anspruch genommene Leistungen eingefordert werden. Dann muss allerdings auch die Rückreise angetreten werden.
Bei Ferienhäusern und –wohnungen wird die Sache komplizierter
Weisen Ferienhaus oder –wohnung Mängel auf, kann sich die Reklamation schwieriger gestalten. Denn nicht immer bieten die Reiseveranstalter die Unterkünfte selbst an, oft vermitteln sie lediglich Wohnungen und Häuser. Gibt es Probleme in den Unterkünften, ist der Vermittler nicht haftbar zu machen, lediglich der Anbieter. Daher sollte im Falle eines Mangels der Anbieter der Unterkunft für Reklamationen ausgemacht werden. (sie)
Stand: Juni 2024