Worum geht es bei der Entscheidung?
Dem Urteil liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Ein Mann aus München hatte in einem Reisebüro eine Pauschalreise gebucht. Ein Mitarbeiter des Reisebüros versicherte dem Mann auf seine Nachfragen hin, dass alle Zimmer des gebuchten Hotels renoviert seien und zeigte ihm dazu sogar Beispielbilder des Reiseveranstalters. Dies war auch dringend notwendig, denn von früheren Ägyptenreisen her kannte der Münchener den schlechten Zustand der Zimmer und legte besonderen Wert auf deren Renovierung. Der Münchener stellte kurz nach der Reisebuchung bei einer Internet-Recherche fest, dass doch nicht alle Zimmer des Hotels renoviert waren. Auf seinen Anruf hin bestätigte das Reisebüro seine Befürchtung. Außerdem erfuhr er dabei, dass für ihn weder ein renoviertes Zimmer vorgesehen noch ein solches überhaupt verfügbar sei. Daraufhin stornierte der Mann seine Buchung umgehend. Der Reiseveranstalter verlangte folglich 657 Euro Stornokosten, die der Münchener nicht zahlen wollte. Somit klagte der Reiseveranstalter gegen den Münchener auf Zahlung der Stornokosten. In diesem Klageverfahren vor dem Amtsgericht (AG) München befinden wir uns nunmehr.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Der Reiseveranstalter ist der Ansicht, dass hier eine Pauschalreise gebucht worden sei. Maßgeblich könne hier nicht sein, was irgendein Mitarbeiter eines Reisebüros sagt, sondern was der gegenwärtige Stand der Renovierungsarbeiten sei. Ein renoviertes Zimmer sei auch nicht Vertragsgegenstand, sondern in der Pauschalreise sei nur die Übernachtung in einem Zimmer vorgesehen. Wenn man eine Pauschalreise zu spät storniere, fallen auch erhebliche Stornierungskosten an. Diese ergeben sich transparent aus einer allgemein bekannten Tabelle. Es ist somit kein Grund ersichtlich, warum der Münchener die Stornierungskosten hier nicht zahlen solle. Der Klage sei demnach stattzugeben.
Der Münchener ist der Ansicht, dass er den Reisevertrag wirksam gekündigt habe. Die Pauschalreise sei durch einen Reisemangel erheblich beeinträchtigt gewesen; die tatsächliche Beschaffenheit des gebuchten Zimmers habe nicht der vereinbarten Beschaffenheit entsprochen. Die Beschaffenheitsvereinbarung sei dem Reiseveranstalter auch zuzurechnen und die Klage somit als unbegründet abzuweisen.
Der Ansicht des Müncheners hat sich auch das AG angeschlossen und die Klage abgewiesen.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat das Amtsgericht erstinstanzlich entschieden. Aufgrund des geringen Streitwerts und der im Urteil zum Ausdruck kommenden eindeutig verbraucherfreundlichen Haltung der Rechtsprechung, ist nicht davon auszugehen, dass das klagende Reisebüro gegen dieses Urteil noch Rechtsmittel einlegen wird.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?
Dieses Urteil räumt einmal mehr mit der Fehlvorstellung auf, dass Reisebüros Verbraucherinnen und Verbrauchern das Blaue vom Himmel versprechen können und mit keinerlei Konsequenzen rechnen müssen, wenn Urlauber auf der Reise ein böses Erwachen erleben. Dieses Urteil zeigt ganz eindeutig, dass dem nicht so ist. Aussagen des Reisebüros sind – wie dieses Urteil zeigt – dem Reiseveranstalter zuzurechnen. Problematisch ist hier jedoch, wie so oft, die Beweisproblematik. Denn wie will ich unzutreffende Versprechungen des Reisebüros beweisen, wenn diese vom Reisebüro vor Gericht bestritten werden? Deshalb ist zu empfehlen, Beratungsgespräche im Reisebüro immer zu zweit durchzuführen. Dann hat man eine Person zu Beweiszwecken dabei und das Reisebüro kann sich nicht mehr herausreden.
Ist die Entscheidung gut?
Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil stärkt den Verbraucherinnen und Verbrauchern demonstrativ den Rücken gegenüber Reiseveranstaltern. Letztere müssen sich die Aussagen von Reisebüros unmittelbar zurechnen lassen. Aus diesem Grund dürften es sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Reisebüros zweimal überlegen, ob sie Kunden gegenüber Angaben ins Blaue hinein machen.
Was kann der Verbraucher jetzt tun?
Verbraucherinnen und Verbraucher sollten ihre Ohren beim Beratungsgespräch im Reisebüro spitzen und genau zuhören. Denn Angaben, die dort gemacht werden, sind dem Reiseveranstalter zuzurechnen. Und – wie gerade schon erwähnt – bei Beratungsgesprächen empfiehlt es sich, eine zweite Person zu Beweiszwecken mitzunehmen.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des AG München vom 08. September 2025 hat das Aktenzeichen Az 112 C 7280/25.