Ein junger Mann steht am Bahnsteig und schaut auf sein Handy. Im Hintergrund fährt ein Zug vorbei.

Aufgepasst beim Benutzen der DB-Suchfunktion oder der DB-Navigator-App

Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt darf die voreingestellte Suchfunktion „schnellste Verbindung suchen“ so nicht mehr gebraucht werden. Sie ist irreführend.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Antragssteller ist in diesem Verfahren ein Unternehmen, welches Transportleistungen im Schienenpersonennahverkehr anbietet.  Antragsgegnerin dieses Verfahrens ist die Deutsche Bahn AG (DB). Der Antragssteller stört sich an der Verwendung der voreingestellten Suchfunktion „schnellste Verbindung suchen“ durch die Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin stellte Verbraucherinnen und Verbrauchern auf der Seite www.bahn.deÖffnet sich in einem neuen Fenster und in der DB-Navigator-App eine Suchmaske zur Verfügung, die insbesondere die Eingabe von Start und Ziel, Datum sowie der Abfahrts- und Ankunftszeit erlaubt.  Standardmäßig war voreingestellt „schnellste Verbindung anzeigen“. Der zugrundeliegende Algorithmus zeigte nun drei Suchergebnisse an, die absolut schnellste Verbindung zu der angegebenen Zeit und die danach liegende zweitschnellste und drittschnellste Verbindung. Es erfolgte ausgehend von der schnellsten Verbindung eine zeitliche Vorwärtssuche. Eine zweitschnellste Verbindung, deren Abfahrtszeit zeitlich vor derjenigen der absolut schnellsten Verbindung liegt, wurde demzufolge nicht angezeigt. An der Ausgestaltung der Suchfunktion stört sich der Antragssteller und beantragt sie wegen Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu unterlassen.

Die erste Instanz des Landgerichts Frankfurt hat den Unterlassungsantrag des Antragsstellers zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Antragssteller Beschwerde zum OLG eingereicht. In dieser Instanz befinden wir uns nun.

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass sie die streitgegenständliche Voreinstellung bereits seit Jahren verwende und es noch nie zu diesbezüglichen Klagen gekommen sei. Die Verbrauchererwartung bestehe nur in der korrekten Angabe der schnellsten Verbindungen ab einem bestimmten Zeitpunkt. Die Angabe von eventuell schnelleren zeitlich früher liegenden Verbindungen erwarte die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher nicht.
Der Antragssteller sieht die Rechtslage hier anders. Ihm zufolge erwecke die Suchmaske den Eindruck, als handele es sich bei den angezeigten um die schnellsten Verbindungen. Dies ist seiner Ansicht nach eine Irreführung. Denn deutlich schnellere Zweit- oder Dritt-Verbindungen könnten nur wenige Minuten vor der Wunschzeit liegen. Die Verbraucherinnen beziehungsweise Verbraucher werden durch die bisherige Ausgestaltung der Suchmaske in die Irre geführt. Dies ist zu unterlassen und der Klage stattzugeben.
Der letzten Ansicht hat sich auch das OLG angeschlossen und führt Folgendes aus:

„Verbraucher werden (…) davon ausgehen, dass es sich bei den angezeigten Verbindungen, wie beworben um die (…) schnellsten Verbindungen zu ihrer Suchanfrage handelt, auch weil das Ziel des Verkehrs bei einer Verbindungsabfrage ist, möglichst schnell von A nach B zu kommen (…). Das erweckte Verständnis stimmt jedoch nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein, so dass die Suchfunktion irreführend ist. Es wird zwar zunächst die absolut schnellste Verbindung angezeigt. Hiervon ausgehend springt das Programm jedoch entweder vorwärts (Abfahrtssuche) oder rückwärts (Ankunftssuche) zu den nächsten schnellsten Verbindungen. Die in der Ergebnisliste an zweiter und fortlaufender Stelle angezeigten Verbindungen sind nicht die nächstschnelleren im Hinblick auf die objektive Gesamtfahrtdauer, sondern die nächstschnelleren nach der schnellsten Verbindung. Im Fall einer einstündigen schnellsten Verbindung könne dies dazu führen, dass eine eine Minute davorliegende Verbindung mit der Dauer von 1:01 Stunden gar nicht, die eine Minute nach der schnellsten Verbindung abfahrende Verbindung mit einer Dauer von 2:00 Stunden dagegen als zweitschnellste Verbindung ausgewiesen wird.“

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das OLG in zweiter Instanz entschieden. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist unanfechtbar. Es wird somit keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.

Wie wirkt sich der Beschluss am Ende auf die Verbraucher aus?

Dieser Beschluss wirkt sich auf alle Verbraucherinnen und Verbraucher aus, welche die Suchmaske „schnellste Verbindung suchen“ auf der Seite www.bahn.deÖffnet sich in einem neuen Fenster oder in der DB-Navigations-App gebrauchen. Sie erhalten zukünftig die drei absolut schnellsten Verbindungen zu einer gewissen Zeit angezeigt, nicht mehr die drei schnellsten Verbindungen ab einem genauen Zeitpunkt.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieser Beschluss bewirkt, dass es den Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglicht wird, sparsamer mit ihrer Zeit umzugehen und diese nicht aufgrund einer „falschen“ Angabe in der Suchmaske auf www.bahn.deÖffnet sich in einem neuen Fenster oder in der DB-Navigations-App zu verplempern.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Zwar scheint die DB den streitgegenständlichen Algorithmus der Suchfunktion „schnellste Verbindung anzeigen“ diesem Beschluss entsprechend angepasst zu haben, jedoch kann man Verbraucherinnerinnen und Verbrauchern sicherheitshalber nur raten, ihre Verbindungsabfrage mit einer weiteren um 30 Minuten vor dem gewünschten Abfahrtszeitpunkt liegenden Zeitpunkt zu starten. So lässt sich ein mögliches „Zeitverschwenden“ ersparen. Dieser Rat gilt für alle Buchungen von Online-Tickets (zum Beispiel ÖPNV, Bahn oder Flugzeug).

Wo ist der Beschluss zu finden?

Der Beschluss des OLG Frankfurt vom 21.09.23 hat das Aktenzeichen 6 W 61/23.

Stand: Oktober 2023

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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