Worum geht es bei der Entscheidung?
Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Die allermeisten Urteile, die ich Ihnen hier vorstelle, sind ganz frisch. Dieses hier hat schon ein paar Monate auf dem Buckel. Aber jetzt, da die Schokoladenosterhasen in den Regalen wieder den Platz mit den Nikoläusen tauschen, passt es gut.
Hier hat ein Verbraucherverband gegen eine Discount-Supermarktkette geklagt. Die Beklagte hat prominent mit dem Slogan „20 Prozent Rabatt auf alle Ostersüßwaren“ geworben. In einer Fußnote hat sie jedoch dann darauf hingewiesen, dass bestimmte Markenprodukte von der Aktion ausgenommen seien. Der Kläger wendet sich gegen die Zulässigkeit dieser von ihm als unlauter empfundenen Werbung. Das Landgericht Amberg hatte die Klage erstinstanzlich im Wesentlichen abgewiesen. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung zum OLG Nürnberg ein. In dieser Instanz befinden wir uns nunmehr.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Die Beklagte sieht sich hier in ihrer unternehmerischen Freiheit betroffen. Es sei ein ganz normaler Vorgang und eine von ihr selbst zu treffende betriebswirtschaftliche Kalkulation, auf welche Produkte ein 20-prozentiger Nachlass gewährt werden könne und bei welchen Produkten das ausnahmsweise nicht möglich sei. Im Übrigen sei das für die Verbraucher auch nicht verwunderlich oder überraschend, denn die Fußnotenausnahme ist ein seit Jahren und nicht nur im Süßwarenbereich praktizierter Vorgang, gegen den es bisher keine Beanstandungen gegeben habe.
Der klagende Verband ist hier komplett anderer Ansicht: Die Werbeaussage, dass ein Rabatt auf „alle Ostersüßwaren“ gewährt werde, sei aus sich heraus verständlich, bedürfe deshalb keiner weiteren Erklärung in der Fußnote und sei einer Ausnahme somit nicht zugänglich.
Das OLG Nürnberg hat sich der Sichtweise des Klägers angeschlossen und der Klage weitestgehend stattgegeben. Die Werbeaussage des Beklagten vermittle den „Eindruck, dass bereits alles gesagt sei“. em OLG zufolge liege hier eine wettbewerbsrechtlich so genannte „dreiste Lüge“ vor. Hier gehe es gleichwohl nicht um eine bewusste Täuschung, sondern vielmehr darum, dass eine falsche Aussage zu einer leicht zu verifizierenden objektiven Tatsache vorliege.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat das OLG Nürnberg über eine Berufung, also zweitinstanzlich entschieden. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde explizit nicht zugelassen. Es wird somit keine weitere Entscheidung in dieser Angelegenheit mehr geben.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?
Die Auswirkungen dieses Urteils für die Verbraucher sind offensichtlich. Der Unternehmerseite wird infolge dieses Urteils unmöglich gemacht, eine Fehlvorstellung der Verbraucher über eine Preisreduzierung von Ostersüßwaren auszunutzen, obwohl diese gerade nicht von der Rabattaktion betroffen sind.
Rabattaktionen sind so zu verstehen, wie sie prominent beworben werden. Die einmal plakativ herausgestellte Werbeaussage darf nicht im Nachhinein durch Fußnoten wieder relativiert werden. Denkbar wäre eine Formulierung wie: „20 % Rabatt auf fast alle Ostersüßwaren“. Eine Verbrauchertäuschung könnte es jedoch dann sein, wenn das Gros und nicht nur ein kleiner Bestandteil von der Rabattaktion ausgeschlossen ist.
Ist die Entscheidung gut?
Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Verbraucher werden durch dieses Urteil in die Lage versetzt, eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen und nicht im Nachhinein ein böses Erwachen zu erleben, weil die von ihnen ausgesuchten Kaufartikel – wider Erwarten - dann doch nicht rabattiert sind.
Was kann der Verbraucher jetzt machen?
Man sollte grundsätzlich darauf achten, dass sich einmal gemachte Rabattversprechen auf alles also auch auf das komplette Sortiment beziehen. Sollte man – wider Erwarten – feststellen, dass dieses Urteil noch nicht umgesetzt ist und einem auf einige Artikel trotz „allesumfassender Rabattaktion“ kein Rabatt gewährt wurde, so sollte man den zu viel gezahlten Betrag unter Hinweis auf dieses Urteil zurückverlangen.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des OLG Nürnberg vom 23.07.2024 hat das Aktenzeichen Az. 3 U 392/24.
Stand: Januar 2025