Nach der Zeitumstellung im Herbst wird es in Hessen bereits zum späten Nachmittag hin dunkel. Diese verringerte Lichteinstrahlung schlägt vielen Menschen direkt aufs Gemüt: Die Stärke des Schwermutes kann dabei vom umgangssprachlichen Winterblues bis zur klinischen Ausprägung einer ernsthaften Erkrankung gehen. Der Winterblues wird in der Fachsprache auch als „Subsyndromale saisonale affektive Störung“ (s-SAD) bezeichnet. Diese mildere Form der „Saisonalen affektiven Störung“ (SAD) belastet je nach Quellenlage etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Menschen in Deutschland. Grund dafür ist, dass durch die geringe Lichteinstrahlung die Ausschüttung von Hormonen und Botenstoffen im Gehirn beeinflusst wird. Dadurch kann die Gefühlslage und Aktivität vieler Menschen beeinträchtigt werden.
Räume sind oftmals zu dunkel
In den meisten Wohn- und Arbeitsräumen bekommen unsere Augen nicht ausreichend Beleuchtungsstärke ab, um unsere innere Uhr auf Tag zu stellen. In der Regel herrschen dort gerade mal 100 bis maximal 500 Lux (siehe Infokasten), die von Leuchtmitteln erzeugt werden. Das bedeutet, wenn wir selten nach draußen gehen und uns kaum im Tageslicht bewegen, fehlt dem Körper die Wahrnehmung, dass es Tag ist. Der Körper bleibt sozusagen im Nachtmodus.
Erst wenn genügend Tages- oder Kunstlicht aus dem blauen Spektrum auf die Rezeptoren in unseren Augen trifft, wird die Produktion des Schlafhormons Melatonin gehemmt und ein Anstieg des sogenannten Glückshormons Serotonin angeregt. Serotonin wirkt nachweisbar positiv auf unsere Stimmung. Deshalb bessert sich die Laune in der Regel durch genügend Lichteinfall am Morgen und wir werden wach.
Lichtmangel kann zu Depressionen führen
Lichtmangel führt zu einer Überproduktion des Hormons Melatonin, welches für den Schlafbedarf zuständig ist. Wir fühlen uns müder, ohne Energie und sind auch leichter niedergeschlagen. Genau diese Symptome – wenn sie permanent vorhanden sind oder sogar noch zunehmen – beschreiben die SAD-Varianten. Sie treten häufig – aufgrund des fehlenden Serotonins – zusammen mit Heißhunger auf Süßigkeiten und kohlenhydratreiche Lebensmittel auf. Zucker und Schokolade liefern den Gehirnzellen Serotonin. So ist es nicht verwunderlich, dass auch eine Gewichtszunahme mit der SAD einhergeht. Eine zudem verringerte körperliche Aktivität oder die Reduzierung sozialer Kontakte und Aktivitäten während der Wintermonate, können die SAD zusätzlich begünstigen.
Tageslicht kann helfen
Auch wenn es Überwindung kostet: Wer es schafft, sich im Herbst und Winter täglich eine Stunde draußen zu bewegen, bekommt auch an trüben Tagen genug natürliches Tageslicht ab, um einer Winterdepression entgegen zu wirken.
Wem es schwer fällt, bei den kühlen Temperaturen eine Runde zu joggen oder einen Spaziergang zu machen, dem kann auch eine Lichttherapie mit einer Tageslichtlampe helfen. Mit diesen speziellen Lampen nehmen die Augen Licht mit einem hohen Blauanteil auf.
Zum Vergleich: Professionelle Lichttherapiegeräte haben ein Tageslichtspektrum mit einer Stärke von mindestens 10.000 Lux und strahlen damit wesentlich heller, als übliche Zimmerbeleuchtungen (circa 500 Lux). Die Lichtstärke des Tageslichts bei einem Winterspaziergang im Freien beträgt rund 2.500 Lux.
Welche Vorteile hat die Lichttherapie bei Winterdepressionen?
Die Lichttherapie gehört heute zu den anerkannten Behandlungsverfahren in der Medizin. Die Wirksamkeit der Lichttherapie ist wissenschaftlich belegt. Auch Menschen, die an Stimmungstiefs in der dunklen Jahreszeit leiden, aber keine Depression aufweisen, können die Lichttherapie nutzen, um ihr Wohlbefinden im Winter spürbar zu steigern.
Die Behandlung mit Licht hilft der inneren Uhr, sich wieder richtig einzustellen. Dabei wird der Melatoninspiegel im Gehirn gesenkt und das Gehirn angeregt, vermehrt Serotonin zu produzieren. Serotonin ist der Botenstoff, der nachweislich gegen Depressionen wirkt und auch als Wirkstoff vieler Antidepressiva bekannt ist. Das Serotonin fördert die Informationsvermittlung der Zellen im Gehirn um wieder effektiver zu arbeiten und das Melatonin abzubauen. Die Denkprozesse werden aktiviert, der Schlafrhythmus stellt sich wieder ein.
Anwendung der Lichttherapie
Die Tageslichtlampe sollte bestmöglich morgens für etwa eine halbe Stunde zum Einsatz kommen. Während der Behandlung sitzen Sie etwa einen Meter vor der Lampe. Sie sollten die Augen offenhalten, können aber während der Bestrahlung durchaus auch lesen, essen oder arbeiten. Wichtig ist, dass das Licht auf die Netzhaut fällt, Sie sollten aber nicht für längere Zeit direkt in die Lichtquelle sehen. Beachten Sie auf jeden Fall die Anleitung des Herstellers für seine Lampe.
Erste Verbesserungen der Symptome zeigen sich nach wenigen Tagen. Der Effekt von einer gefühlten Ruhe, Leichtigkeit und Energie stellt sich meist nach etwa zwei Wochen ein. Die Wirkung zeigt sich allerdings individuell verschieden, sodass bei manchen Menschen bereits eine kurze Behandlung ausreicht.
Vor der Behandlung Rücksprache mit dem Arzt halten
Vor dem Kauf einer Tageslichtlampe oder der Durchführung einer Therapie bei einem Anbieter sollten Sie sich aber noch einmal von Ihrem Hausarzt beraten lassen. Insbesondere wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie mehr als nur einen Winterblues haben. Bei einigen Augenerkrankungen, wie zum Beispiel Grüner Star oder Retinopathien, ist die Anwendung einer solchen Lampe nicht empfohlen. Auch bei der Einnahme von Medikamenten, bei der die Haut lichtempfindlich wird, wie etwa Antibiotika oder entzündungshemmende Arzneimittel, sollte von der Lichttherapie abgesehen oder eine Rücksprache beim Hausarzt vorgenommen werden.
Informieren Sie sich auch unbedingt vorab bei dem von Ihnen gewählten Anbieter über die Kosten und den Umfang der angebotenen Lichttherapie. Prüfen Sie dabei auch, ob der gewählte Dienstleister über die notwendigen Qualifikationen verfügt. Der alleinstehende Begriff „Therapeut“ ist in Deutschland nicht geschützt und sagt nichts über eine vorhandene oder fehlende Qualifikation aus.
Lichttherapiegeräte sollten als Medizinprodukt gekennzeichnet sein
Achten Sie beim Kauf eines Lichttherapiegeräts darauf, dass dieses als Medizinprodukt gekennzeichnet ist. In der Regel handelt es sich dabei um ein Gerät entsprechend der Medizinprodukte-Verordnung MDR (Medical Devices Regulation, Verordnung (EU) 2017/745).
Werfen Sie zudem einen Blick auf Herstellerinformationen und Gebrauchsanweisungen und beachten Sie die Hinweise zu Abstand und Dauer der Anwendung. In ihrer Ausgabe 12/2025 hat die Stiftung Warentest 19 Tageslichtlampen getestet und fünf für gut befunden.
Vollspektrum-Licht für die Raumausleuchtung
Neben der Lichttherapie gibt es die Möglichkeit, Vollspektrum-Lampen in Decken oder Tischlampen einzusetzen. Diese bilden das gesamte Tageslichtspektrum ab. Aufgrund der längeren Beleuchtungsdauer, kann die Lichtintensität geringer sein, als bei der Lichttherapie. Wissenschaftler vermuten, dass eine Vollspektrum-Beleuchtung zum Beispiel am Arbeitsplatz oder in Klassenzimmern vor Winterdepressionen schützen kann und die Konzentrationsfähigkeit unterstützt. (Sie/Eck)