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Dynamische Stromtarife: Wer kann von ihnen profitieren?

Steigende Energiekosten belasten die Geldbeutel von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Lässt sich mit dynamischen Stromtarifen wirklich Geld sparen im Vergleich zu festen Tarifen – und welche Chancen und Risiken bringen flexible Tarife mit sich? Lesen Sie hier.

Wäre es nicht wunderbar mit geringem Aufwand und wenigen Klicks die eigenen Stromkosten deutlich zu senken? Möglich werden soll das laut Stromanbietern durch den Wechsel in einen ihrer dynamischen Stromtarife. Bereits jetzt verlangt der Gesetzgeber von Anbietern, dass sie einen dynamischen Tarif im Angebot haben.

Doch vor der Auswahl eines neuen Tarifs sollten sich Verbraucherinnen und Verbraucher genau informieren, ob ein dynamischer Stromtarif für sie wirklich günstiger ist und welche Voraussetzungen notwendig sind, damit sich mit solch einem Vertrag tatsächlich Geld sparen lässt.

Zusammensetzung des Strompreises

Das Geld, das letztlich an den Stromanbieter fließt, macht mittlerweile nur noch rund die Hälfte des eigentlichen Strompreises aus. Darin beinhaltet sind Provisionen, Gewinnmargen oder Grundentgelte wie Vertriebskosten. Maßgebliche Kostenanteile sind aber auch Netzentgelte für den Transport zum Kunden und Steuern sowie Abgaben, die vom Gesamtpreis an den Staat gehen.

Wer erfahren möchte, wie hoch der tatsächliche Preis nur für den gelieferten Strom ist, müsste sich mit einem komplexen Berechnungsschema auseinandersetzen und die Aufschläge seines Lieferanten kennen. So werden im Kostensegment „Abgaben und Steuern“ beispielsweise die Mehrwertsteuer in Prozent des jeweils aktuellen Steuersatzes erhoben. Die Stromsteuer selbst hat hingegen einen Festbetrag von 2,05 Cent pro Kilowattstunde (kWh) und die Konzessionssteuer wird über einen Einwohner- und Kommunalschlüssel errechnet und kann zwischen 1,32 Cent und 2,39 Cent liegen. Zusätzlich zu den genannten Einzelkosten kommen ein „Kraft-Wärme-Kopplung-Aufschlag“, der Aufschlag für besondere Netznutzung und die Offshore-Netzumlage.

Schnell-Check Strompreis

Ein Blick auf die beiden Jahresdurchschnittswerte „Strompreis an der Strombörse“ und „Verkaufspreis pro kWh“ lassen einen groben Rückschluss darauf zu, inwieweit ein dynamischer Stromtarif Einsparpotenzial bieten kann. So zahlten Verbraucher in Deutschland Mitte 2025 im Schnitt 40 Cent für eine Kilowattstunde. Im gleichen Zeitraum lag der Preis für eine Kilowattstunde Strom an der Strombörse laut Bundesnetzagentur bei rund sieben bis neun Cent. Daraus lässt sich erkennen, dass ein dynamischer Tarif nur circa ein Fünftel des Gesamtstrompreises direkt beeinflussen kann.

Strompreis-Dynamik durch Börsenhandel

Auch wenn nur rund ein Fünftel des Strompreises durch den Börsenhandel beeinflusst wird, gibt dieser die Preisentwicklung im Stromhandel vor. Ausschlaggebend ist dabei, wie viel Strom zu welchem Zeitpunkt im Angebot ist oder sein wird. Je höher das Stromangebot, desto geringer der Preis. Der Strompreis wird im Voraus für den Folgetag festgelegt und ändert sich auch im Tagesverlauf. Insbesondere Solarstrom lässt daher die Preise im Sommer zur Mittagszeit purzeln. Diese schwankende Preisbildung machen sich die Anbieter von dynamischen Tarifen zunutze. Während im klassischen Tarifhandel langfristige Lieferverträge die Grundlage sind und damit auch Risikozuschläge eingepreist werden müssen, reicht ein Anbieter eines variablen Stromtarifs den aktuellen Preis an den Endkunden weiter. Somit wird das Risiko, dass ein Strompreis steigt, vom Anbieter auf den Kunden verlagert.

Voraussetzungen für dynamische Strompreise

Die abgenommene Strommenge wird alle 15 Minuten von einer Messeinheit an den Stromlieferanten übermittelt und dieser kann daraus den Rechnungsbetrag bilden. Hierfür benötigt man einen sogenannten Smart Meter zur automatischen Verbrauchsablesung. Das Gerät besteht aus zwei Teilen – einer Messeinheit und einem Kommunikationsmodul, das die Verbrauchswerte digital übermittelt. Es gibt aber auch Anbieter, die für Haushalte mit alten analogen Zählern Erfassungsgeräte anbieten. Alternativ kann auch eine Monatsabrechnung gewählt werden. In diesem Fall liest der Stromkunde zum Monatsende den Zählerstand ab und der Anbieter berechnet aus dem Strompreisverlauf des abgelaufenen Börsenmonats die Stromkosten.

Risiken dynamischer Stromtarife

Wer einen dynamischen Stromtarif sinnvoll nutzen will, muss den Strompreisverlauf an der Börse regelmäßig im Blick behalten. Krisen oder technische Pannen können den Preis innerhalb eines Tages stark schwanken lassen. Ende Juni 2024 sorgte beispielsweise eine technische Panne an der Strombörse in Paris dafür, dass die Preise durch die Decke gingen. Zwar versuchen die Stromtarif-Anbieter ihre Kunden vor solchen Auswirkungen zu warnen, allerdings muss jeder Kunde auch selbst ein Auge auf seinen Strombezug haben und bei Vorkommnissen eigenständig reagieren.

Ebenfalls möglich ist eine sogenannte Dunkelflaute. Mit diesem Begriff benennt die Energiewirtschaft Phasen, in denen aufgrund von Windstille und gleichzeitig mangelnder Sonneneinstrahlung kein oder nicht genug Strom zur Verfügung steht. Um das Netz in solchen Situationen stabil zu halten und die Liefermengen für die Kunden sicherzustellen, müssen die Stromanbieter auf teuren Strom aus Gas- oder sogar Kohlekraftwerken und Atommeilern zurückgreifen. Eine solche Dunkelflaute hat unmittelbar Einfluss auf den Stromhandel und die Preise können sich vervielfachen. Wie lange ein solcher Zeitraum dauert, ist vom Wetter abhängig.

Eigene Speichergeräte als Grundlage für einen dynamischen Stromtarif?

Der Gedanke an eine eigene Stromquelle, die Energie zur Verfügung stellt, wenn die Preise hoch sind und Strom aufnimmt sobald die Preise in den Keller rutschen, ist verführerisch. Aktuell drängen Firmen mit ihren Speicherprodukten auf den Markt, die in Kombination mit einem dynamischen Tarif genau dafür sorgen sollen. Wer sich für eine solche Lösung interessiert, sollte einige wichtige Punkte beachten:

  • Die notwendige Speicherkapazität, um den eigenen Strombedarf für zwei bis drei Tage zu decken.
  • Häufiges Be- und Entladen ist Stress für einen Akku. Daher sollte die sogenannte Zyklenfestigkeit der Akku-Angebote verglichen werden.
  • Ein Akku, der Ergänzungsmöglichkeiten für weitere Akku-Segmente bietet, kann bei wachsendem Speicherbedarf ebenfalls „mitwachsen“
  • Entscheidend ist, dass der Speicher softwareseitig in der Lage ist, das komplexe Versorgungssystem zwischen externem Laden, Speichern und den häuslichen Verbrauchern zu steuern. Dies geschieht durch ein sogenanntes „Home Energy Management System“ (HEMS). Nur wenn diese Funktionalität vom Speichergerät unterstützt wird, ist der Einsatz im eigenen Haushalt sinnvoll.
  • Nicht zu vergessen ist, dass ein Smart Meter Voraussetzung für die Installation eines Speichergerätes ist. Auch hier ist darauf zu achten, dass das Mess- und Steuergerät mit dem Speicher kompatibel ist und auch an das Stromnetz angeschlossen werden kann.

Für wen lohnen sich dynamische Stromtarife?

Interessant können dynamische Stromtarife besonders für Verbraucherinnen und Verbraucher sein, die vergleichsweise viel Strom verbrauchen und hierbei zeitlich flexibel sind. Hierzu zählen zum Beispiel Personen mit E-Auto oder Stromspeicher. Wer sein E-Auto im Sommer zur Mittagszeit laden kann, hat einen Vorteil durch das große Stromangebot bei niedrigen Preisen. Wenn ein eigener Stromspeicher im Haushalt vorhanden ist, könnte dieser ebenfalls zu Zeiten geladen werden, in denen ein großes Stromangebot und niedrige Preise vorherrschen. Am Abend, wenn die Strompreise in der Regel höher sind, kann dann aus dem Speicher der Strombedarf gedeckt werden. Auch Haushalte, die ihren direkten Stromverbrauch planen können, also beispielsweise die Waschmaschine in Zeiten großen und billigen Stromangebots laufen lassen können, wären bei einem dynamischen Tarif im Vorteil. Wer auf der Verbrauchsseite smarte Geräte einsetzt, die digital gesteuert ihren Strom dann aufnehmen, wenn er günstig zu haben ist, kann von einem dynamischen Stromtarif profitieren. (eck)

Stand: Oktober 2025

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