Eiweißbrote und Protein-Müslis sind im Trend und versprechen Unterstützung beim Muskelaufbau oder purzelnde Pfunde nach dem Low-Carb-Prinzip. Hierbei soll durch die geringere Zufuhr von Kohlenhydraten die Insulinausschüttung niedrig gehalten werden, um so die Verbrennung von Fetten anzuregen und Gewicht zu reduzieren. Damit die Lebensmittelhersteller mit dem höheren Proteingehalt werben dürfen, muss eine bestimmte Proteinmenge im Lebensmittel enthalten sein. Der Preis, den Verbraucher für diese Produkte zahlen müssen, ist teilweise mehr als doppelt so teuer wie bei vergleichbaren Lebensmitteln ohne Anreicherung.
Was unterscheidet Eiweißbrot von Weizenmischbrot?
Laut Verbraucherzentrale NRW enthalten Eiweißbrote nur etwa 4,5 bis 7 Prozent Kohlenhydrate pro 100 Gramm. Im Vergleich: Ein herkömmliches Weizenmischbrot enthält bei gleicher Menge etwa 44 Prozent Kohlenhydrate.
Dafür ist jedoch der Name Programm. So weist das Eiweißbrot mit 20 bis 26 Prozent etwa dreimal so viel Eiweiß auf, wie das Weizenmischbrot. Den Haupteiweißanteil machen hier beispielsweise Weizen-, Soja-, Lupinen-, Erbseneiweiß sowie Leinsaat, Sonnenblumenkerne oder Chiasamen aus. Außerdem enthalten einige Brote auch tierisches Eiweiß, wie etwa eiweißangereichertes Molkepulver. Die jeweiligen Eiweiße ersetzen Anteile des Getreidemehls.
Neben dem Eiweiß liegen bei den proteinangereicherten Broten allerdings auch Fett und Kalorien höher: So enthalten die Brote nach Angaben der Verbraucherzentrale mit bis zu 13 Prozent etwa drei- bis zehnmal so viel Fett wie herkömmliche Brote. Die Eiweißbrote weisen etwa 250 Kalorien auf, während ein Weizenmischbrot 210 Kalorien hat.
Durchschnittsernährung beinhaltet bereits ausreichend viel Protein
Was bringt diese Extraportion Protein im Brot tatsächlich? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) weist daraufhin, dass die durchschnittliche Ernährung der Bevölkerung bereits ausreichend Protein enthält. Laut den Verzehrsdaten der deutschlandweiten Ernährungserhebung „Nationalen Verzehrsstudie II“ (NVS II) aus dem Jahre 2008 liegen nur elf Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen mit der Proteinaufnahme unterhalb der von der DGE empfohlenen täglichen Zufuhrmenge von 0,8 Gramm/Kilogramm Körpergewicht. Im Durchschnitt nehmen Männer und Frauen sogar mehr Protein auf als empfohlen.
Low Carb-Prinzip am Abend fraglich
Allein durch die Wahl eines Eiweißbrotes zum Abendessen wird sich sehr wahrscheinlich kaum Gewicht reduzieren lassen. Nach wie vor bleibt hierfür die Menge der täglich aufgenommenen Kalorien entscheidend. Zwar gibt es einzelne Untersuchungen, welche daraufhin deuten, dass eine kohlenhydratarme und eiweißreiche Kost am Abend die Gewichtsreduktion unterstützt, jedoch gilt dies bisher noch nicht als ausreichend wissenschaftlich erwiesen.
Das Oberlandesgericht Schleswig (Az: 6 W 1/12) hat daher entschieden, dass das Werben mit dem Slogan „Schlank im Schlaf“ oder „entspricht dem Abnehmkonzept nach Dr. Pape“ irreführend ist.
Proteinzufuhr für Sportler
Breitensportler, die drei- bis viermal in der Woche etwa 30 Minuten körperlich aktiv sind, haben keinen höheren Proteinbedarf und kommen mit der empfohlenen Zufuhr von 0,8 Gramm/Kilogramm Körpergewicht pro Tag aus. Dieser kann bei normaler Durchschnittsernährung problemlos erreicht werden, es sind keine weiteren proteinangereicherten Lebensmittel notwendig. Lediglich im Leistungssport, abhängig von Sportart, Trainings- oder Wettkampfphase ist eine individuelle Beratung und Betreuung zur Proteinzufuhr ratsam. Allerdings werden laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) 70 Prozent der proteinangereicherten Produkte von Menschen gekauft, die keinen Leistungssport ausüben.
Kann eine zu hohe Proteinaufnahme schaden?
Liegen Nierenfunktionsstörungen vor, kann eine zu hohe Proteinaufnahme eine weitere Verschlechterung der Nierenfunktion begünstigen. Bei gesunden Erwachsenen liegen bisher keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege vor, um den Zusammenhang zwischen der Proteinaufnahme und der Nierenfunktion bewerten zu können.
Stand: Mai 2020