Eiweißbrot

„High Protein“-Lebensmittel: Braucht man die wirklich?

Beim Nährstoff Eiweiß denkt mancher an „fit und gesund“. Deshalb werden immer mehr Lebensmittel wie Brot, Müsli oder Joghurt mit einer Extraportion Eiweiß angereichert und teuer verkauft. Doch brauchen wir so viel Eiweiß?

In vielen Lebensmittelgruppen wie Nudeln, Brot, Frischkäse, Wurst, Eis oder Schokoriegel gibt es immer mehr Alternativen mit einem höheren Eiweißgehalt. Der kritische Verbraucher fragt sich, ob diese Produkte für eine gesunde Ernährung nötig sind.

Eiweiß gehört zu einer vollwertigen Ernährung

Eiweiß gehört mit Fett und Kohlenhydraten zu den Hauptnährstoffen, die der Körper zum Leben braucht. Ob Stoffwechsel, Muskulatur oder Zellwachstum – ohne genügend Eiweiß würde der Körper nicht richtig funktionieren.

Viele Lebensmittel versorgen uns mit Eiweiß. Wichtige tierische Eiweißquellen sind Eier, Fleisch und Milchprodukte wie Käse, Joghurt und Quark. Zu den pflanzlichen Eiweißlieferanten gehören vor allem Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen, aber auch Nüsse, Getreide und Kartoffeln.

Wie hoch ist der tägliche Eiweißbedarf?

Für einen Erwachsenen empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung am Tag 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht aufzunehmen. Bei einem Körpergewicht von 70 Kilogramm beträgt somit der tägliche Eiweißbedarf 56 Gramm, bei 90 Kilogramm Gewicht sind es 72 Gramm Eiweiß. Diese Eiweißmenge lässt sich mit einer normalen ausgewogenen Mischkost leicht aufnehmen. Auch für erwachsene Breitensportler mit einer mittleren Trainingsintensität empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung diese Energiezufuhr. Lediglich ältere Menschen ab 65 Jahren sollten pro Tag 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht zuführen.  

Eine zu hohe Eiweißaufnahme ist für die meisten Menschen unschädlich. Aufpassen müssen jedoch Menschen mit einer Niereninsuffizienz oder mit Gicht.

Eiweiß hat gutes Image

Während Fett wegen seines hohen Kaloriengehaltes und den Krankheitsfolgen bei zu hoher Fettzufuhr eher ein negatives Image hat, wird der Nährstoff Eiweiß positiv bewertet. Der Grund: Vielen ist bekannt, dass Eiweiß für das Wachstum und den Muskelaufbau nötig ist. Auch möchte man lieber ein paar Muskeln mehr als einen angefutterten Hüftspeck haben.

Auch beim Abnehmen kann eine eiweißreiche Ernährung unterstützen, da Eiweiß gut sättigt und gegen den Heißhunger hilft. Zudem regt es den Stoffwechsel an. Dennoch gelingt Abnehmen auf Dauer nur dann, wenn weniger Kalorien zugeführt als verbraucht werden. Ist die Kalorienbilanz zu hoch, kann nicht benötigtes Eiweiß auch in Fett umgewandelt werden.

Immer mehr eiweißangereicherte Lebensmittel im Angebot

Beim Gang durch den Supermarkt entdeckt man zahlreiche mit Eiweiß angereicherte Lebensmittel. Die Produktpalette ist breit, angefangen von Brot und Backwaren über Drinks, Eiweißriegel und Nudeln bis hin zu Quark und Pudding. Für Sportler, Fitnessbegeisterte und Menschen, die auf eine gesunde Ernährung achten, scheint es nicht mehr zu reichen, diesen Nährstoff mit natürlichen eiweißreichen Lebensmitteln zu sich zu nehmen, denn die Nachfrage nach High-Protein-Lebensmitteln wächst. Dies gilt insbesondere für eiweißangereicherte Milchprodukte wie Pudding, Joghurt, Joghurtdrinks, Fruchtdrinks und Kefir. Aber auch in vielen Bäckereien werden Abendbrötchen oder Brot mit einem höheren Eiweißgehalt angeboten.

Wie werden Lebensmittel mit Eiweiß angereichert?

Da Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen, Erbsen, Kichererbsen oder Mungobohnen eiweißreich sind, werden sie als Mehl gern zur Eiweißanreicherung bei Brot und Nudeln verwendet. So enthält Eiweißbrot mit etwa 20 Prozent Eiweiß dreimal so viel Eiweiß wie klassisches Brot aus Weizen- und Roggenmehl. Bei Nudeln aus gemahlenen Hülsenfrüchten ist der Eiweißgehalt doppelt so hoch als bei Nudeln aus Weizengrieß.

Werden Quark, Desserts, Drinks, Joghurt oder Eis als „proteinreich“ beworben, wird der höhere Eiweißgehalt meist durch die Zugabe von tierisches Eiweiß wie Molkenprotein oder Milcheiweiß erzielt. Dies wird vor allem bei fettarmen Milchprodukten mit Süßungsmitteln gemacht, da durch die Einsparung von Fett und Zucker ein höherer Eiweißzusatz möglich ist.

Ein bunter Mix an verschiedenen Eiweißstoffen ist in eiweißangereicherten Müslis und Riegeln zu finden. So wird durch die Zugabe von Sojaflocken, Weizen-, Erbsen und Sojaproteine, Milcheiweiß, Molkeneiweiß oder Magermilchpulver der Eiweißgehalt erhöht.

Hinweis auf höheren Eiweißgehalt erlaubt

In der so genannten Health Claims-Verordnung ist geregelt, welche gesundheitsbezogenen Aussagen bei angereicherten Lebensmitteln zulässig sind. Mit „Hoher Proteingehalt“ darf geworben werden, wenn mindestens 20 Prozent der Energie aus Proteinen stammt. Beträgt der Energiegehalt aus Proteinen mindestens 12 Prozent, ist der Zusatz „Proteinquelle“ erlaubt. Eine Untersuchung von eiweißangereicherten LebensmittelnÖffnet sich in einem neuen Fenster von Stiftung Warentest im Februar 2020 zeigte, dass die Kennzeichnung bei allen Produkten vorschriftsmäßig war.

Eiweißangereicherte Lebensmittel sind für den Hersteller ein lukratives Geschäft

Die veränderte Rezeptur zur Erhöhung des Eiweißgehaltes lassen sich die Lebensmittelhersteller gut bezahlen. So sind die High-Protein-Lebensmittel deutlich teurer als die klassische Variante. Doch Menschen, die sich gesund ernähren möchten oder gern Sport treiben, sind bereit, hierfür mehr Geld auszugeben.

Durch die Eiweißanreicherung wird manches Lebensmittel aus Konsumentensicht aufgewertet. So ist Pudding aufgrund seines Zuckergehaltes eher eine Süßigkeit und wird als Nachtisch verzehrt. Der Eiweiß-Pudding hingegen wird als Lifestyle-Produkt angesehen, der Genuss und Gesundheit verbindet, weshalb der höhere Preis akzeptiert wird.

Mehr Zusatzstoffe und Kalorien

Lebensmittel mit zugesetztem Eiweiß sind nicht automatisch besser und gesünder. Im Vergleich zum herkömmlichen Produkt können sie mehr Fett enthalten, wie dies beim Eiweißbrot der Fall ist. Dieses liefert nämlich mit 9 bis 13 Gramm pro 100 Gramm erheblich mehr Fett als ein normales Vollkornbrot, das nur ein bis drei Gramm Fett aufweist. Je nach Rezeptur kann ein Eiweißbrot auch mehr Kalorien haben als die herkömmliche Variante.

Müsli und Riegel können trotz Eiweißzusatz weiterhin recht viel Zucker enthalten. Ein selbst hergestelltes Müsli aus Joghurt, Haferflocken, Nüssen und Obststücken hat natürlichere Zutaten als ein High-Protein-Müsli mit Zusatz von Aromen, Stabilisatoren, Süßungsmittel und durch technologische Prozesse hergestelltes Magermilchpulver oder Sojaprotein.

Um Fruchtjoghurt mit einem höheren Eiweißgehalt herstellen zu können, muss meist fettarme Milch und Süßungsmittel satt Zucker verwendet werden. Während auf der Verpackung der höhere Eiweißgehalt mit auffallender Aufmachung mit "proteinreich" beworben wird, ist die Verwendung von Süßungsmitteln nur der kleingedruckten Zutatenliste zu entnehmen.

Wer sich bewusst ernähren möchte, sollte sich nicht durch die bunte Verpackung eines eiweißangereicherten Produktes täuschen lassen, sondern einen Blick auf dessen Zutatenliste werfen. Dies gilt besonders für Menschen, die eine Soja-Allergie haben.

Sind eiweißangereicherte Lebensmittel nötig?

In Deutschland sind die Menschen meist gut mit Eiweiß versorgt, so dass eine Extraportion Eiweiß nicht nötig ist, auch nicht bei Freizeitsportlern. Da eiweißangereicherte Lebensmittel recht teuer sind, gibt Stiftung Warentest folgenden Ernährungstipp: „Magerquark ist preisgünstiger und liefert ähnlich viel Eiweiß wie proteinangereicherte Milchprodukte. Auch Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sind gute Eiweißquellen.“ (fra)
 

Stand: Januar 2022

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