Eierschale mit Eigelb

Lebensmittel für besonders empfindliche Personengruppen

Zu besonders empfindlichen Personengruppen zählen Menschen, deren körpereigene Abwehrkräfte gegenüber lebensmittelbedingten Infektionen beeinträchtigt oder noch nicht vollständig ausgebildet sind. Dazu gehören kleine Kinder, Senioren (insbesondere, wenn ihre Abwehrkräfte geschwächt sind), Schwangere und Menschen, deren Abwehrkräfte durch Vorerkrankung oder Medikamenteneinnahme geschwächt sind.

Diese Personengruppen werden oft mit der englischen Abkürzung YOPI für young (jung), old (alt), pregnant (schwanger), immunosuppressed (immunsupprimiert) bezeichnet. Für die Ernährung dieser und anderer Personengruppen in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (z. B. Kita, Altenheim, Wohnheim, Tagesstätte, Krankenhaus, Reha) gibt es besondere rechtliche Vorgaben:

Durch Paragraph 17 Tier-LMHV2 ist die Abgabe von Rohmilch in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegungen untersagt. Durch Paragraph 20 a Tier-LMHV2 ist vorgegeben, dass mit Rohei hergestellte Speisen in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung nur dann an YOPIs abgegeben werden dürfen, wenn durch ein geeignetes Verfahren die Abtötung von Salmonellen vor der Abgabe sichergestellt ist. Auch privat sollten YOPIs auf den Verzehr von Rohmilch und Rohei verzichten. Dazu gehören auch mit Rohei hergestellte Desserts wie Tiramisu, Parfait oder Zabaione. Alle übrigen mit Rohei hergestellten Speisen, z. B. Rührei, gekochtes Ei oder Spiegelei, sollten vollständig durchgegart sein.

Von bestimmten Lebensmittel wird abgeraten

Von der Abgabe folgender Lebensmittel an YOPIs durch Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung wird zusätzlich abgeraten1, und auch privat sollten YOPIs auf diese Lebensmittel verzichten:

Aus der Produktgruppe „Milch und aus Milch hergestellt, einschließlich Käse“:

  • unter Verwendung von Rohmilch hergestellte Produkte (z. B. Butter, Milchmischgetränke, Nachspeisen), die nicht kurz vor Verzehr nochmals ausreichend erhitzt werden
  • Käse aus Rohmilch mit Ausnahme von mindestens 6 Monate gereiftem Hartkäse (z. B. Parmigiano Reggiano, Grana Padano)
  • Sauermilchkäse und Weichkäse aus pasteurisierter Milch, der mit Oberflächenschmiere (Gelb- und/oder Rotschmiere) hergestellt wurde (z. B. Harzer, Mainzer, Olmützer Quargel, Limburger, Munster)
  • in der Einrichtung zur Gemeinschaftsverpflegung selbst hergestelltes Speiseeis

Aus der Produktgruppe „aus Fleisch einschließlich Geflügel hergestellt“:

  • nicht durchgegartes Fleisch oder Geflügel (z. B. Steak, rosa Entenbrust, Carpaccio)
  • rohe Hackfleischzubereitungen (z. B. frisches Mett, Hackepeter, Tatar)
  • streichfähige, schnell gereifte Rohwürste (z. B. frische Mettwurst, Teewurst, Braunschweiger)

Aus der Produktgruppe „aus Fischen oder Meerestieren hergestellt“:

  • roher Fisch und rohe Meerestiere (z. B. Sushi, Sashimi, Austern)
  • geräucherte oder gebeizte Fischereierzeugnisse (z. B. Räucherlachs, Stremellachs, geräucherte Forelle, Räuchermakrele, Graved Lachs)

Aus der Produktgruppe „aus Obst, Gemüse und anderen Pflanzenteilen hergestellt“:

  • rohe Sprossen/Keimlinge (z. B. in Salaten)
  • rohe Tiefkühlbeeren (z. B. in Desserts und Torten)
  • rohes Tiefkühlgemüse (z. B. in Smoothies, Salaten)
  • Getreidemehle und nicht gebackene Teige daraus

Erhitzen vor Verzehr

Zum Schutz vor Listeriosen kann es ratsam sein, nicht nur rohe, sondern auch bereits erhitzte, verzehrfertige Lebensmittel vor der Ausgabe erneut zu erhitzen. Alternativ können diese Produkte durch andere verzehrfertige Lebensmittel ersetzt werden, die aufgrund ihres Herstellungsverfahrens frei von Listerien sind (z. B. Vollkonserven)1. Abgepackte, verzehrfertige Brüh- oder Kochwurstaufschnitte, Weichkäse und Feinkostsalate sollten nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr abgegeben bzw. verzehrt werden, und auf eine ununterbrochene Kühllagerung muss geachtet werden.

Eine große Bedeutung beim Eintrag von Mikroorganismen in Lebensmittel haben Gewürze und Trockenkräuter. Zwar können sich in ausreichend getrockneten Lebensmitteln Mikroorganismen nicht vermehren, sie können jedoch in diesen Lebensmitteln überdauern. Werden derart kontaminierte, getrocknete Kräuter und Gewürze zu Lebensmitteln mit höherem Wassergehalt zugefügt und wird auf anschließendes Kochen oder andere Inaktivierungsschritte verzichtet, kann bei unsachgemäßer Lagerung/Warmhaltung eine Vermehrung der Keime und/oder die Bildung mikrobieller Toxine in diesen Lebensmitteln erfolgen3. Es wird daher empfohlen, getrocknete Kräuter sowie Gewürze grundsätzlich vor dem Garen zuzufügen.

Melonen können von der Produktion über den Transport bis hin zur Verwendung im Privathaushalt mit Bakterien, Viren oder Parasiten in Kontakt kommen. Krankheitserreger können beim Aufschneiden der Melonen von der Schale auf das Fruchtfleisch übertragen werden und sich auf dem säurearmen Fruchtfleisch besonders bei warmen Temperaturen gut vermehren. Gemeinschaftseinrichtungen wird daher dringend empfohlen, Melonen nur in den Mengen aufzuschneiden, die innerhalb von etwa zwei Stunden an die Kundschaft abgegeben werden können. YOPIs sollten auf den Verzehr aufgeschnittener Melone, die mehrere Stunden bei Raumtemperatur aufbewahrt wurde, zum Schutz vor Infektionen vorsorglich verzichten. Diese Personen sollten außerdem sorgfältig abwägen, ob sie geschnittene Melonen verzehren wollen, wenn ihnen nicht bekannt ist, ob diese für einen längeren Zeitraum ungekühlt gelagert wurden.

Abwaschen nicht immer ausreichend

Vorgeschnittene und in Folie verpackte Salate können mit antibiotikaresistenten und/oder pathogenen Bakterien belastet sein. In den Plastikbeuteln können sich Mikroorganismen durch die Feuchtigkeit leicht vermehren. Daher sollten YOPIs auf den Verzehr solcher Produkte verzichten und lieber auf frisch zubereitete und gründlich gewaschene Salate zurückgreifen5.

Durch Waschen lassen sich die auf den pflanzlichen Lebensmitteln möglicherweise vorhandenen Krankheitserreger oder antibiotikaresistenten Bakterien jedoch nicht sicher vollständig entfernen. Deshalb ist es in seltenen Einzelfällen notwendig, dass besonders immungeschwächte Personen gemäß Anweisung ihrer behandelnden Ärzte Gemüse und frische Kräuter vor dem Verzehr ausreichend (mindestens zwei Minuten auf 72 Grad Celsius im Inneren des Lebensmittels) erhitzen4.

Für immunsupprimierte Krebspatienten gibt es zudem Empfehlungen, die auf eine keimfreie Ernährung abzielen und unter anderem zum Abkochen von Obst und Gemüse raten6. Obst und Gemüse zum Rohverzehr kann grundsätzlich mit antibiotikaresistenten und/oder pathogenen Bakterien belastet sein, so dass ein Abgabeverbot für besonders immungeschwächte (hospitalisierte) Patienten (z. B. nach Knochenmarkstransplantation) angemessen sein kann. Vor dem Hintergrund des Nutzens für eine gesunde Ernährung wäre ein allgemeines Abgabeverbot in Krankenhäusern bzw. für diese Risikogruppe nach derzeitiger Kenntnis jedoch unverhältnismäßig5.

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) empfiehlt außerdem bei immunsupprimierten Patienten der Risikogruppen 2 und 3 (=schwere und sehr schwere Immunsuppression/-defizienz), das Risiko des Einsatzes von Probiotika (oder deren Freigabe im Sinne einer Unbedenklichkeitserklärung in Hinblick auf probiotische Nahrungsergänzungsmittel) sorgfältig gegen den zu erwartenden Nutzen abzuwägen7.

Links: 

Merkblatt über Lebensmittel für besonders empfindliche PersonengruppenÖffnet sich in einem neuen Fenster

Leaflet about food for particularly sensitive groups of peopleÖffnet sich in einem neuen Fenster

Quellen:

1 „Sicher verpflegt; Besonders empfindliche Personengruppen in Gemeinschaftseinrichtungen“: Handlungsempfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung (Auszug mit Genehmigung der Pressestelle des BfR vom 05.03.2021) https://mobil.bfr.bund.de/cm/350/sicher-verpflegt-besonders-empfindliche...Öffnet sich in einem neuen Fenster

2 Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs

3 „Verfügbare mikrobiologische Standards für getrocknete Küchenkräuter und Gewürze“, Dr. Sara Schaarschmidt, BfR, Rundschau für Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung 2/2016

4 „Melonen: Gesundheitsgefahr durch Verunreinigung mit pathogenen Bakterien“, Stellungnahme Nr. 021/2013 des BfR vom 9. August 2013

5 „Resistente Keime: Rohkost und Salat gut waschen und frisch selbst zubereiten“, Stellungnahme Nr. 013/2019 des BfR vom 12. April 2019

6 Nicht öffentliche Stellungnahme des BfR zu einer möglichen Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch das Vorkommen von Stenotrophomonas maltophila in verzehrsfertigen Lebensmitteln

7 Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut, Anforderungen an die Infektionsprävention bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten, Bundesgesundheitsblatt 2021 – 64:232-264

 

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