Eine Frau schaut auf einen geöffneten Brief und macht ein prustendes, besorgtes Gesicht. Mit der rechten Hand betätigt sie einen Lichtschalter.

Post vom Energieversorger - immer lesen!

Hohe Preise, weniger Geld im Portemonnaie und Lieferverträge, die sich automatisch verlängern. Die Situation für Kunden ist auch im dritten Jahr nach dem großen Energiepreisschock nicht rosig. Wir haben die Energieexpertin der Verbraucherzentrale Hessen (VZH) nach den besten Tipps gefragt.

Nicole Hensel (Frankfurt am Main) leitet den Bereich Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale. Sie kennt die Probleme der Verbraucherinnen und Verbraucher – aber auch die andere Seite. In den vergangenen Jahren hat sie ein Netzwerk von regionalen „Runden Tischen“ aufgebaut, an denen sich unter anderem Verbraucherschützer und Versorgungsunternehmen treffen. Im Gespräch mit dem Verbraucherfenster verrät sie, was Kundinnen und Kunden selbst tun können und in welchen Fällen der Kontakt zur Verbraucherzentrale sinnvoll ist.

Frau Hensel, wenn wir Sie um den ultimativen Tipp bitten, den Energiekunden unbedingt beherzigen sollten …

… dann lautet der schlicht und einfach: Leute, macht die Briefe auf! Wenn ein Schreiben vom Strom- oder Gasversorger kommt, dann sollte man das sofort lesen. Auch dann, wenn es auf den ersten Blick wie ein Werbeschreiben aussieht.

Was kann passieren, wenn die Briefe ungeöffnet liegen bleiben?

Da kann eine Menge passieren und die Folgen sind fast immer unangenehm. Denken Sie an Preiserhöhungen. Da hat man nach der Ankündigung ein Sonderkündigungsrecht spätestens bis zum Inkrafttreten der neuen Preise. Danach nicht mehr. Und dann gilt der neue Vertrag mit der teureren Energie – im schlimmsten Fall - wieder ein ganzes Jahr lang. Das kann happig werden. Ich kenne einen Fall, wo Kunden nun 60 Cent statt vorher 27 Cent pro Kilowattstunde bezahlen müssen.

Dieses Sonderkündigungsrecht bei angekündigten Preiserhöhungen muss man als Kunde selbst wahrnehmen?

Ja, das ist so. Einfach den Anbieter zu wechseln über eine Vergleichsplattform hilft da nichts. Aber das ist schon der zweite Schritt. Der erste heißt: Brief aufmachen, lesen und realisieren, dass da eine Frist tickt. Ich rate auch allen Kunden mit Altverträgen – also aus dem Jahr 2022 und älter, – dass sie sich die Verträge genau anschauen im Hinblick auf Preise und Laufzeiten. Ein Anbieterwechsel kann sich lohnen.

Wer die Frist nicht einhält, muss mehr bezahlen. Es gibt aber Menschen, die wollen den Versorger gar nicht wechseln, sondern haben Schwierigkeiten damit, ihre Energieschulden zu bezahlen. Was haben säumige Kunden zu befürchten, wenn sie die Post nicht öffnen?

Im schlimmsten Fall wird es kalt und dunkel, weil Strom und Gas gesperrt werden. Erst kommt die Sperrandrohung, irgendwann die Sperrankündigung - jeweils per Brief. Nicht zu reagieren und nicht an die Tür zu gehen, ist keine Lösung. Irgendwann kommt nämlich der Gerichtsvollzieher und bringt den Mitarbeiter des Versorgers mit, der die Sperre einbaut. Doch soweit muss es gar nicht erst kommen. Denn die Energieversorger bieten sogenannte Abwendungsvereinbarungen an. Das sind Ratenzahlungen, mit denen man aus den Schulden kommt. Mein Rat ist: Wenn man merkt, dass man den Abschlag oder die Energierechnung nicht bezahlen kann, sollte man sofort mit der Verbraucherzentrale reden. Diese Energieschuldenberatung ist kostenlos.

Kann die Verbraucherzentrale helfen, Energiesperren abzuwenden?

Ja, das haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder unter Beweis gestellt. Wir können zusammen mit den Betroffenen und den Versorgungsunternehmen eine Sperre abwenden, wenn wir früh genug davon erfahren. Strom und Gas sollen fließen, aber auch bezahlt werden. Wenn die Sperre erst einmal sitzt, dann ist das viel schwieriger.

In welchen anderen Fällen können Sie Energiekunden helfen?

Wenn die Rechnung vom Versorger nicht nachvollziehbar ist oder man das Gefühl hat, die Preisänderung ist nicht gerechtfertigt, dann schauen wir uns das an und geben Rat. Auch wenn ein Vertrag untergeschoben wurde – am Telefon oder an der Haustüre. Da werden Interessierten wundersame Versprechungen gemacht wie superniedrige Abschlagszahlungen. Dabei ist das gar nicht entscheidend. Es geht immer um den Arbeitspreis pro Kilowattstunde und den Grundpreis. Unser Energierechtstelefon ist erst einmal kostenlos. Viele Fragen kann man schon am Telefon klären. Kosten fallen erst an, wenn eine persönliche Beratung nötig ist.

Zum Schluss noch eine Frage zu Fernwärme. Viele Kommunen planen jetzt Wärmenetze nicht nur in Neubaugebieten, sondern auch im Bestand. Sollte man als Immobilienbesitzer auf diese Energieart umstellen?

Ich betrachte das mit gemischten Gefühlen. Im Blick auf die Umweltauswirkungen ist Fernwärme positiv zu bewerten. Aber es gibt immer noch Transparenzprobleme bei den Wärmenetzen, ein Preisvergleich ist schwierig und es rechnet sich auch nur bei wirklich großen Netzen. Wir haben es bei Wärmenetzen außerdem immer mit einem Monopol zu tun. Es gibt da nur einen Anbieter und man kann nicht wechseln. Ich empfehle, dass man in jedem Fall vorab eine Energieberatung in Anspruch nimmt, um festzustellen, ob sich das lohnt. Diese Beratung bieten wir auch an.

Frau Hensel, vielen Dank für das Gespräch. 

Ein Portrait von Nicole Hensel
Nicole Hensel von der Verbraucherzentrale Hessen e. V.

Hier gibt es guten Rat

  • Energiepreise

    Fragen zum Vertrag, zu Preisen und Energierechnungen beantworten VZH-Experten in der Hotline kostenlos, wenn keine Unterlagen geprüft werden müssen. Wenn Unterlagen überprüft werden müssen, ist die Beratung kostenpflichtig.

    Telefon: (069) 97 19 40 247

    Montag: 10 bis 14 Uhr

  • Energieschulden

    Hohe Nachzahlungsforderungen des Energieanbieters oder Probleme mit der Zahlung von Abschlägen stehen an? Die Abrechnung ist fehlerhaft oder eine Energiesperre droht? Die VZH-Experten kümmern sich darum.

    Telefon: (069) 971 940 190

    Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag: 9 bis 13 Uhr

    Mittwoch: 9 bis 17 Uhr

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(zö)

Stand: Januar 2025

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