Ein älterer Herr sitzt an einem Tisch mit einem Laptop vor sich. Auf dem Tisch befindet sich zudem ein Stiftekorb. Der Herr bedient den Laptop und hat gleichzeitig ein Handy in der linken Hand.

Den Digitalen Nachlass regeln

In einer zunehmend digitalisierten Welt ist es wichtiger denn je, sich frühzeitig Gedanken über den eigenen digitalen Nachlass zu machen. Ein gut geplanter digitaler Nachlass sorgt dafür, dass die eigenen digitalen Schätze und Verantwortlichkeiten im Fall der Fälle in die richtigen Hände gelangen und kann gleichzeitig ein Gefühl der Sicherheit geben.

Häuser, Wertsachen, Möbel oder Autos sind nur wenige Beispiele für Dinge, die Teil des Nachlasses einer verstorbenen Person sein können. Sie alle vereint, dass sie in die Hand genommen und physisch weitergegeben werden können. Auch Geldwerte auf der Bank oder Verträge bei Versicherungen waren bisher zumeist örtlich zugänglich, indem man als legitimierter Erbe in die nächstgelegene Filiale der Dienstleister gegangen ist. Beim digitalen Nachlass ist das anders.

Was gehört alles zu einem digitalen Nachlass?

Vermögenswerte wie beispielsweise Geld, Edelmetalle oder Wertpapiere können heute weltweit in den unterschiedlichsten Anlageformen erworben werden. Dabei ist nicht nur der Zugang zu den Anlagen Teil des digitalen Erbes, sondern mit Kryptowährungen sind auch die eigentlichen Werte nur noch digital vorhanden beziehungsweise zugänglich.

Neben direkten Werten aus dem Finanzsektor sind als weiteres wichtiges Gut alle Versicherungen einzustufen, die Ansprüche auf Zahlungen aus einem Nachlass begründen. Gab es früher die Versicherungspolice, die im Schrank bis zum Tag X lag, können solche Vermögenswerte heute in digitaler Form von Nachlassgeber abgelegt sein. Alleine die Information, dass es die Anlagen gibt, ergibt sich nicht mehr unbedingt aus vorliegenden haptischen Unterlagen. Wird die Versicherungspolice von einem Onlinekonto aus verwaltet oder bezahlt, könnte es für die Erben zumindest aufwändig werden, sich Kenntnis oder Zugang zu verschaffen.

Auch Kunstgüter können heutzutage rein digital gekauft und wieder veräußert werden. Ähnlich wie bei Kryptowährungen können diese an sich nur noch in digitaler Form vorliegen. Sind solche Werte vorhanden, ist es für die Erben essentiell über diese in Kenntnis gesetzt zu werden.

Sich dem digitalen Nachlass zu Lebzeiten zu widmen, lohnt sich

Der digitale Alltag hat sich in so ziemlich allen Bereichen des Lebens eingenistet. Accounts bei Anbietern sozialer Medien, Online-Shops, Energie- und Wasserversorgern, das passwortgeschützte Login am eigenen Rechner, Cloud-Dienste für Fotos, digitale Bücher und vieles mehr sind einem digitalen Nachlass zuzuordnen. Nach dem Tod des Erblassers stehen die Hinterbliebenen oft vor der Situation, dass sie sich keinen Zugang zu den unterschiedlichen Accounts verschaffen können. Daher ist es hilfreich, wenn sowohl der Nachlassgeber als auch die Erben sich gemeinsam die Zeit nehmen und schon zu Lebzeiten die relevanten Accounts durchgehen und die notwendigen Angaben dokumentieren.

Wer nicht möchte, dass eigene Texte, Bilder und andere Informationen nach dem Ableben auf unbestimmte Zeit weiterhin im digitalen Raum vorhanden sind, muss sich im Vorfeld darum kümmern die Accounts aufzuräumen oder nicht mehr genutzte Accounts zu löschen. Eine gesetzlich vorgeschriebene Zwangslöschung für die Anbieter, weil der Account nicht mehr genutzt wird, gibt es nicht.

Erben haben Recht auf Zugang zum digitalen Nachlass

In Deutschland können sich Nachlassnehmer auf die Erbgesetzgebung und unterschiedliche Urteile deutscher Gerichte berufen, wenn Anbieter den Zugang zu einem digitalen Erbe verweigern.

  • Der Zugang zu digitalen Konten oder Gütern darf nicht verwehrt werden. Ein solcher Nachlass wird genauso behandelt wie eine physische Erbschaft.
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen der Accountanbieter können das Zugangsrecht nicht aushebeln.
  • Abonnements oder andere wiederkehrende Zahlungen können gekündigt werden.

Wichtig: bestehende Accounts in sozialen Medien der verstorbenen Person dürfen nicht für neue Posts genutzt werden, weil dies das Persönlichkeitsrecht der Toten missachten würde.

Frühzeitig handeln

Es gibt leider keine einheitliche Vorgehensweise bei den unterschiedlichen Online-Diensten im Hinblick auf das digitale Vermächtnis. So müssen sich Erben selbst mit den Regeln des betreffenden Online-Anbieters auseinandersetzen und in Erfahrung bringen, welche Optionen für ein digitales Vermächtnis vorgegeben werden.

Für die Hinterbliebenen ist es sehr hilfreich, wenn der Erblasser ihnen zu Lebzeiten eine Vollmacht für den Zugang zu den digitalen Diensten erteilt. Auch in Form eines Testamentes können bestimmte Festlegungen zum digitalen Eigentum geregelt werden. Für die im Testament benannten Erben können damit die Rechte und Pflichten, nicht nur für den herkömmlichen Besitz, sondern auch für die digitalen Werte und damit verbundenen Berechtigungen und Pflichten, festgelegt werden. Da es sich bei Nachlässen allgemein um ein juristisch kniffliges Thema handelt, ist der Gang zu einem Notar oder einer Rechtsberatung zu empfehlen.

Eine nicht zu unterschätzende Hürde ist, dass Passwörter und Zugangscodes nach dem eingetretenen Todesfall nicht mehr zugänglich sind, weil diese vom Erblasser „mit ins Grab genommen wurden“. Gerade in der Auseinandersetzung mit ausländischen Anbietern kann es - bei unterschiedlicher Rechtsauslegung - zu Problemen kommen. Es macht daher durchaus Sinn, einer oder mehreren Vertrauenspersonen zu Lebzeiten Zugang zum eigenen „Passwortschatz“ zu geben. (eck)

Stand: Mai 2025