Auf einem Schneidebrett wird mit einem großen Küchenmesser ein Stück Lauch für den Regrow-Selbstversuch abgeschnitten. Weiteres Gemüse wie Rote Beete und Sellerie lieben ebenfalls auf dem Brett bereit.

Regrowing – Frische Pflänzchen aus Gemüseresten ziehen

Aus Gemüseresten, die normalerweise in der Tonne landen, nur mit etwas Wasser, Licht und Geduld frisches Gemüse ziehen: Das klingt doch verlockend und lohnenswert, das Ganze einmal selbst auszuprobieren.

Einfach mal ausprobiert!

„Probieren geht über Studieren“, sagt der Volksmund zu Recht. Wir wollen unsere Leserschaft in loser Folge an unseren Erfahrungen teilhaben lassen. Unser Redaktionsteam schildert eigene Eindrücke aus dem Verbraucheralltag hier ganz persönlich und ohne Filter. Für diese Folge hat unsere Autorin Esther Zerback das Nachwachsen von Gemüseresten  getestet.

Sie ist Ernährungswissenschaftlerin und interessiert sich für nachhaltige Themen. Im Hessischen Landwirtschaftsministerium ist sie für Lebensmittelwertschätzung zuständig und weiß auch privat Nahrung wertzuschätzen und nicht zu verschwenden.

Was ist Regrowing und wie funktioniert’s?

Der Begriff Regrowing kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „nachwachsend“. Beim Regrowing ist der Name Programm, denn es geht darum, frisches Gemüse aus Gemüseresten auf der heimischen Fensterbank nachwachsen zu lassen. Das soll ganz einfach gehen. Man braucht dafür nur Wasser, Licht, Wärme, etwas Geduld und natürlich Gemüsereste. Möglich wird das Nachwachsen von Gemüseresten dadurch, dass sich einige Pflanzen vegetativ, also ohne Samen, vermehren. Solche Pflanzen besitzen teilungsfähiges Gewebe und klonen sich einfach.

Welches Gemüse eignet sich für Regrowing?

Für Regrowing sind viele, aber nicht alle Pflanzen geeignet. Einige Gemüsesorten lassen sich besonders schnell und unkompliziert nachziehen. Diese eignen sich insbesondere dann, wenn man sich, so wie ich, das erste Mal an ein Regrowing-Projekt heranwagt. Nach meiner Recherche sollen sich für das Regrowing ohne besondere Vorkenntnisse vor allem folgende Gemüsesorten eignen:

  • Frühlingszwiebeln: Sie gelten als nahezu gelingsicher für Neulinge, da Regrowing mit ihnen fast immer funktioniert. Erste Veränderungen sind in der Regel bereits nach einem Tag zu sehen.
  • Lauch: Auch Lauch soll sich sehr einfach nachziehen lassen. Wichtig ist, dass die Lauchstange noch Wurzeln hat.
  • Karotten: Die Karotte an sich kann im Wasserglas nicht nachwachsen, dafür aber ihr Grün, was beispielsweise zum Verfeinern von Salaten genutzt werden kann.
  • Salat : Anstatt den Strunk in der Biotonne zu entsorgen, kann man ihn aufheben und in Wasser stellen. Nach einer Weile sollen neue Salatblätter austreiben.
  • Staudensellerie: Hier soll sich, wie bei der Karotte, das Grün einfach nachziehen lassen.
  • Chinakohl: Auch Kohlsorten sollen sich gut für Regrowing eignen.
  • Rote Bete: Im Wasserglas lassen sich die Blätter der Roten Bete ziehen, nicht aber die Knolle selbst.

So läuft das Regrowing-Experiment ab

Zunächst benötigt man für Regrowing nur einen geeigneten Gemüserest, ein passendes Gefäß und etwas Wasser.

Es ist sehr wichtig den Gemüserest so abzuschneiden, dass er nicht zu kurz wird. Ein gewisser Teil des Stängels oder der Wurzel sollte also intakt bleiben. Bei Lauchzwiebeln sollte das Stück beispielsweise fünf bis sechs Zentimeter lang sein. Auch bei Wurzelgemüse, bei dem nur die Blätter nachwachsen können, darf der Gemüserest nicht zu kurz geraten. Bei Roter Bete beispielweise sollte der Anschnitt mindestens zwei bis drei Zentimeter vom oberen Ende entfernt erfolgen. Beim Anschnitt empfiehlt es sich ein sauberes Messer zu verwenden, um keine Verunreinigungen auf die Anschnittfläche zu bringen.

Der abgeschnittene Gemüserest wird anschließend in ein geeignetes Gefäß mit etwas frischem, lauwarmem Wasser gestellt. Hierbei ist es wichtig, die Gemüsereste nicht zu ertränken. Lediglich die Wurzeln oder ein kleiner Teil des Gemüserestes sollte im Wasser stehen.

Der perfekte Standort für die Gemüsereste ist ein Fensterbrett mit reichlich Licht. Von jetzt an heißt es geduldig sein, die Reste beim Nachwachsen beobachten und am besten täglich, mindestens aber alle zwei Tage das Wasser wechseln. Damit sich keine Bakterien bilden, sollten beim Wechseln des Wassers hin und wieder auch noch die Wurzeln kurz mit Wasser abgespült werden.

Mein Fazit zum Regrowing-Experiment

Grundsätzlich begeistert es mich, dass man aus Gemüseresten mancher Gemüsesorten mit wenigen Mitteln und ohne viele Vorkenntnisse frisches Gemüse nachwachsen lassen kann – dafür braucht es weder einen Garten noch einen Balkon und auch keinen besonders grünen Daumen! Toll fand ich an dem Experiment außerdem, dass sich bei Gemüsesorten wie beispielsweise Frühlingszwiebeln und Lauch schon nach sehr kurzer Zeit, in meinem Fall nach einem Tag, Fortschritte erkennen ließen und das Regrowing tatsächlich bei einigen Sorten funktioniert hat. Mich haben die schnell sichtbaren Fortschritte motiviert, an dem Projekt dranzubleiben und fleißig täglich das Wasser zu wechseln.

Ein positiver Nebeneffekt vom Regrowing ist auch, dass man einen kleinen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung leisten kann und in kleinem Umfang Ressourcen schont, indem aus bereits vorhandenen und erzeugten Lebensmitteln noch mehr Essbares gewonnen wird. Geschmeckt hat das Regrowing-Gemüse übrigens auch. Meine kleine Ernte habe ich in einen Salat geschnippelt.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Personen, die Spaß an Biologie und Pflanzen haben, auch richtig Freude an einem Regrowing-Projekt entwickeln können und es eine gute Möglichkeit ist, vor allem Kindern den behutsamen Umgang mit Pflanzen und den Wert von Lebensmitteln näher zu bringen.

Als etwas ernüchternd empfand ich bei meinem ersten Regrowing-Versuch, dass sich mit dem Regrowing allein der Gemüsebedarf definitiv nicht decken lässt. Die Gemüsemengen, die sich nachziehen lassen sind doch sehr überschaubar, sodass man sich den Gang in den Supermarkt oder auf den Wochenmarkt nicht sparen kann. Zusätzlich musste ich die Erfahrung machen, dass sich nicht alle Gemüsereste nachziehen lassen, auch wenn sie sich eigentlich dafür eignen. Eine Garantie, dass das Regrowing funktioniert, gibt es also nicht. Wenn man ein Regrowing-Experiment startet, muss man außerdem bereit sein, täglich wenige Minuten zum Wasserwechseln aufzuwenden.

Ich habe mich dafür entschieden, dem Regrowing in Zukunft hin und wieder einmal eine Chance zu geben. Es kontinuierlich zu betreiben, kann ich mir persönlich nicht vorstellen, da Aufwand und Ertrag hierbei für mich in keinem passenden Verhältnis stehen. (ez)

Stand: Mai 2024

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