Worum geht es bei der Entscheidung?
Hier klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Lufthansa AG wegen der Verwendung einer noch näher zu bezeichnenden Vertragsbedingung. Genauso wie dies auch andere Anbieter tun, bietet die Lufthansa Tarife an, die nur dann gültig sind, wenn alle im Flugschein enthaltenen Teilstrecken vollständig und in der gebuchten Reihenfolge angetreten werden. Die beklagte Lufthansa AG behielt sich in einer Klausel ihrer Vertragsbedingungen jedoch vor, den Flugpreis nachträglich anpassen zu können, falls Kundinnen oder Kunden ihren Flug für eine gebuchte Teilstrecke nicht antreten.
An der Gültigkeit dieser Klausel stört sich die Klägerin, hält sie selbst für ungültig und möchte sie deshalb gerichtlich überprüfen lassen.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Die Lufthansa AG ist der Ansicht, die streitgegenständliche Klausel sei notwendig, um einem möglichen Missbrauch der Buchung von günstigeren Tarifen für gewisse Teilstrecken zu begegnen. Der klagende vzbv sieht die Gefahr eines Missbrauchs zwar auch, dnnoch sieht er in der streitgegenständlichen Klausel eine unangemessene Benachteiligung für alle Verbraucherinnen und Verbraucher, die tatsächlich einen Teilflug wegen beispielsweise einer attestierten akuten Krankheit schuldlos nicht antreten können. Der Ansicht des klagenden vzbv hat sich das OLG Köln hier angeschlossen und die streitgegenständliche Klausel der Vertragsbedingungen der beklagten Lufthansa AG wegen unangemessener Benachteiligung der Verbraucherinnen und Verbraucher für unwirksam erklärt.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat das OLG Köln in einem Berufungsverfahren entschieden. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde zwar wegen grundsätzlicher Bedeutung des Falls zugelassen, es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der BGH sich hier plötzlich gegen die mehr Verbraucherschutz bedeutende Entscheidung des OLG stellen und anders entscheiden würde. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beklagte diese Entscheidung noch einmal kostenpflichtig vom BGH bestätigen lassen wird.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?
Dieses Urteil wertet die Vertragsstellung von Verbraucherinnen beziehungsweise Verbrauchern gegenüber ihrem Vertragspartner Lufthansa AG enorm auf. Wenn sie entschuldigt (weil attestiert reiseunfähig krank) einen Teilflug nicht antreten können, darf die Lufthansa nicht berechtigt sein, die Verbraucherinnen beziehungsweise Verbraucher neben dem Reiseverhinderungsgrund noch mit der weiteren Strafe eines nachträglich höheren Flugpreises zu belegen.
Ist die Entscheidung gut?
Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Das OLG Köln gibt Verbraucherinnen beziehungsweise Verbrauchern das Gefühl nicht mehr willkürlich dem Finanzinteresse der Lufthansa AG ausgesetzt zu sein. Es gibt auch Fälle – dies ist im Grunde genommen der Normalfall – die einen berechtigterweise daran hindern, einen Teilflug anzutreten. Es käme nun einer zusätzlichen Bestrafung durch die Lufthansa gleich, wenn man es ihr dann gestatten würde, den Flugpreis nachträglich zu erhöhen. Dies ist – und dem schiebt dieses Urteil einen Riegel vor – nun nicht mehr möglich.
Was kann der Verbraucher jetzt tun?
Die Beklagte wird die streitgegenständliche Klausel zukünftig nicht mehr verwenden, da das OLG diese Klausel für unwirksam erklärt hat. Sie wird sich womöglich auch weiterhin das Recht vorbehalten, Verträge im Nachhinein anzupassen. Dazu wird sie dann wahrscheinlich die Rechtsfigur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (WGG) heranziehen. Die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher sollte sich davon nicht beirren lassen und mittels eines Dokumentes (zum Beispiel eines ärztlichen Attests) nachweisen, warum sie beziehungsweise er einen Teilflug nicht antreten konnte. Dann sollte sie beziehungsweise er weiterhin unter Hinweis auf dieses Urteil darauf bestehen, den günstigeren Tarif in Anspruch nehmen zu können.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des OLG Köln vom 07.06.2024 hat das Aktenzeichen Az 6 U 139/23.
Stand: August 2024