Worum geht es bei der Entscheidung?
Dem Rechtsstreit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Eine Familie buchte über eine Onlinebuchungsplattform, welche Pauschalreisen sowie Einzelreisedienstleistungen vermittelt, einen Flug von Zürich nach Auckland mit Zwischenstopp in Los Angeles. Vor der Reise wurde sie weder auf dem Reiseportal noch anderweitig darüber aufgeklärt, dass sie für die USA eine Durchreiseautorisierung (ESTA) benötigt. Da sie über eine solche nicht verfügte, wurde die Familie am Abreisetag am Flughafen nicht zum Flug zugelassen.
Daraufhin klagte ein Verbraucherverband gegen das Onlineportal. Das Landgericht untersagte dem Portalbetreiber Flugreisen anzubieten, ohne auf die Notwendigkeit etwaiger für einen Zwischenstopp erforderlicher Durchreiseautorisierungen hinzuweisen. Gegen diese Entscheidung legte das Onlineportal Berufung zum OLG ein. In dieser Instanz befinden wir uns nun.
Welche Positionen vertreten die Parteien?
Die Tatsache, dass es in einigen Ländern für einen Zwischenstopp notwendige Durchreiseautorisierungen gebe, sei ein Allgemeinplatz, über den sich jeder aus den frei zugänglichen Quellen informieren könne, meint das beklagte Onlineportal. Schließlich bestehe ja keine allgemeine Aufklärungspflicht ihrerseits über allgemein bekannte Lebenssachverhalte.
Der klagende Verbraucherverband sieht es zwar auch so, dass es keine allgemeine Aufklärungspflicht des Portalbetreibers gebe. Jedoch hält er einen pauschalen Hinweis auf möglicherweise erforderliche Transitvisa für erforderlich, damit sich der „verständige Durchschnittsverbraucher“ gut informiert zwischen den auf dem Flugportal angebotenen Flugverbindungen und Flugvarianten entscheiden könne.
Der letzten Ansicht hat sich auch das OLG angeschlossen. Es hält den Verbraucher im Informationsgefälle zum Portalbetreiber für deutlich unterlegen. Die Durchführbarkeit der Reise sei bei der Auswahlentscheidung ein „wesentliches“ Kriterium. So sei sehr wohl ein Fall denkbar, dass es Reisenden wegen kurzfristigen Reiseantritts unmöglich sei, ein Durchreisevisum zu beantragen. Außerdem könnten die mit der Ausstellung eines Visums verbundenen Kosten bei der Auswahlentscheidung für eine Flugroute eine wichtige Rolle spielen. Das bisherige Verhalten des Onlineportals ist – da wettbewerbswidrig – zu korrigieren und der Klage somit stattzugeben.
Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?
Hier hat das OLG zweitinstanzlich entschieden. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde nicht zugelassen. Es bleibt somit nur noch die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einzureichen, da die Sache noch nicht rechtskräftig ist. Dies ist jedoch nicht zu erwarten, da das OLG hier die landgerichtliche Erstentscheidung im Wesentlichen bestätigt hat und die Beklagte das Risiko scheuen wird, sich dieses Urteil noch einmal kostenpflichtig durch ein weiteres Gericht bestätigen zu lassen.
Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?
Dieses Urteil stellt sicher, dass den Reisenden alle für die Durchführung der Flugreise notwendigen Informationen frühzeitig (das heißt vor Vertragsabschluss) und transparent zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Information über etwaige für einen Zwischenstopp erforderliche Durchreiseautorisierungen gehört nach diesem Urteil jedenfalls dazu.
Ist die Entscheidung gut?
Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben! Dieses Urteil stärkt den Transparenzgedanken ungemein. Verbraucherinnen und Verbraucher werden hier frühzeitig daran erinnert, welche Unterlagen sie besorgen müssen, um ihre Flugreise antreten zu können. Der Hinweis auf erforderliche Durchreiseautorisierungen bei einem etwaigen Zwischenstopp ist eine „wesentliche“ Information, die darüber Aufschluss geben kann, ob diese oder gegebenenfalls eine andere Flugroute gewählt wird. Im Übrigen kann ein verpflichtender Hinweis hierauf vor „bösen Überraschungen“ am Abflughafen schützen.
Was kann der Verbraucher jetzt machen?
Man sollte bei Reisen mit Zwischenstopps, die außerhalb Europas liegen, Informationen darüber einholen, ob hier eventuell Durchreisebestimmungen erforderlich sind. Bei einem Onlineportal ist ein persönliches Nachfragen nicht möglich. Empfehlenswert ist deshalb eine Recherche im Internet.
Wo ist das Urteil zu finden?
Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. vom 30.01.2025 hat das Aktenzeichen 6 U 154/24.
Stand: Februar 2025