Phytoöstrogene – Ersatz für den Hormonersatz?
Unter Phytoöstrogenen werden sekundäre Pflanzenstoffe verstanden, die ähnliche Eigenschaften wie das menschliche Hormon Östrogen haben. Hierzu zählen zum Beispiel Isoflavone und Lignane. Sie können mit den Östrogenrezeptoren im menschlichen Körper reagieren und die Aktivität der körpereigenen Östrogene nachahmen oder blockieren.
Zwar wirken die Phytoöstrogene bei weitem nicht so stark wie das menschliche Hormon, allerdings können sie, je nach Lebensmittelzufuhr und individuellem Stoffwechsel, eine höhere Konzentration im Körper erreichen, als das Östrogen. Phytoöstrogene sind antioxidativ und können das Zellwachstum hemmen.
Phytoöstrogenen werden viele positive Eigenschaften auf die Gesundheit nachgesagt – besonders bei Frauen in den Wechseljahren und nach der Menopause.
Phytoöstrogene in Lebensmitteln
In besonders hohen Mengen kommen Phytoöstrogene in Sojaprodukten vor. Aber auch Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Leinsamen, Sonnenblumen- und Kürbiskerne sind gute Quellen für die Pflanzenstoffe. Obst und Gemüse weisen nur geringe Konzentrationen auf.
Fermentationsprozesse, wie sie bei der Herstellung von Tempeh oder Miso aus Soja ablaufen, Klima, Erntezeit und die jeweilige Sorte können den Gehalt von Phytoöstrogenen in Lebensmitteln zusätzlich erhöhen.
Isoflavonhaltige Nahrungsergänzungsmittel in den Wechseljahren
Als Wechseljahre wird die Phase der natürlichen Umstellung der Sexualhormone bei Frauen bezeichnet. Die Hormonumstellung von Östrogen und Progesteron im Blut der Frau findet meist zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr statt und kann über mehrere Jahre andauern. Währenddessen kommt es anfangs zu einem unregelmäßigen, im späteren Verlauf zum vollständigen Erliegen des Menstruationszyklus und somit der Fruchtbarkeit – der Menopause. Da die Hormone während der Umstellung zeitweise verrückt zu spielen scheinen, treten bei einigen Frauen Wechseljahrs-Beschwerden auf, zum Beispiel Hitzewallungen und Schweißausbrüche, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen.
Zur Linderung der Beschwerden , werden häufig Nahrungsergänzungsmittel - zum Beispiel Rotklee- oder Soja-Isoflavone - aus Apotheken oder Drogerien als Alternative zu einer Hormonersatztherapie beworben. Sie sollen eine ähnlich gute Wirkung erzielen und dabei als Naturprodukt keine Nebenwirkungen aufweisen.
Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) konnte allerdings auf Basis eingereichter Studien nicht feststellen, dass die Einnahme isoflavonhaltiger Nahrungsergänzungsmittel bei Hitzewallungen hilft. Daher sind derartige Werbeaussagen für diese Produkte auch verboten.
Nicht von Aussagen auf Produkten täuschen lassen!
Dennoch bewerben einige Hersteller solche Nahrungsergänzungsmittel mit Aussagen wie "für Ihr Wohlbefinden in den Wechseljahren". Auch durch die Zugabe von Vitaminen wie B1, B6 oder K, bei denen Gesundheitsaussagen erlaubt sind, soll das Image aufpoliert werden. So kann ein Präparat, dem zum Beispiel B6 beigefügt wurde, die Aussage „trägt zur Regulierung der Hormontätigkeit bei" tragen.
Allerdings: Diese Vitamine können problemlos über eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung zugeführt werden. Eine Nahrungsergänzung ist hier in den seltensten Fällen sinnvoll oder notwendig.
Guter Rat gefragt
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt sogar vor Nahrungsergänzungsmitteln mit Phytoöstrogenen. So können Isoflavone in isolierter Form und bei hoher Dosierung die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen oder zu Veränderungen des Brustdrüsengewebes führen. Möglicherweise könnte dies die Brustkrebsentstehung fördern – insbesondere dann, wenn ein familiär erhöhtes Brustkrebsrisiko besteht.
Daher hat die EFSA Tageshöchstmengen für diese Produkte empfohlen. Bei Präparaten auf Soja-Basis sind das 100 Milligramm (mg) Isoflavone pro Tag über einen Zeitraum von höchstens zehn Monaten. Für Präparate auf Rotklee-Basis werden maximal 43,5 mg Isoflavone pro Tag für höchstens drei Monate angeraten.
Die Verbraucherzentralen raten Frauen in den Wechseljahren von der Einnahme Isoflavonhaltiger Nahrungsergänzungsmittel eher ab, da während der Wechseljahre bereits ein erhöhtes Brustkrebsrisiko besteht.
Wer sich für eine Einnahme solcher Produkte entscheidet, sollte vorab den Gynäkologen oder Hausarzt zu Rate ziehen und die Einnahme auch ärztlich überwachen lassen.
Ausgewogene Ernährung versorgt gut und sicher mit Phytoöstrogenen
Wer Soja und aus Soja hergestellte Produkte verträgt, ist mit einer ausgewogenen, vollwertigen Ernährung ausreichend mit Phytoöstrogenen versorgt. Die zusätzliche Aufnahme in Form von Nahrungsergänzungsmitteln ist damit unnötig. Hinzu kommt der Nebeneffekt, dass durch die Lebensmittelzufuhr auch viele andere, gesundheitsförderliche Nährstoffe wie Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe zugeführt werden. Daher können diese Lebensmittel in normal üblichen Mengen auch bedenkenlos verzehrt werden.
Studien deuten darauf hin, dass besonders von Nährstoffen im Verbund aus komplexen, unverarbeiteten Lebensmitteln, wie etwa Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Gemüse und Obst, ein präventiver oder sogar therapeutischer Effekt ausgeht, und nicht von einzelnen, isolierten Nährstoffen. (Sie)
Stand: April 2021