Ragout im Kochtopf, daneben ein Zweig Rosmarin und ein Löffel

Nachhaltige Fleischküche – alles vom Tier auf den Teller!

Ein Tier besteht aus viel mehr als Filetstück, Brust oder Keule. Die Ganztierverwertung kann schmackhaft und preiswert sein und helfen, weniger Lebensmittel zu verschwenden.

Von der Nase bis zum Schwanz

Was früher ganz normal war, ist heute eher selten geworden: Während Filetstücke, Keulen, Lendchen und Steaks regelmäßig auf dem Speiseplan stehen, lassen sich Innereien nur noch selten auf den Tellern finden. Warum nicht auch einmal zu den vermeintlich unedleren Fleischkomponenten greifen?

Essen ohne Reste

Heutzutage sind Tierbestandteile mit hohem Anteil an Bindegewebe oder Organfett sowie Innereien, die bis zur Nachkriegszeit traditionell verwendet wurden, zu weiten Teilen aus den Metzgereiauslagen und Speiseplänen verschwunden.

Gleichzeitig ist eine Fleischküche nachhaltig, die alle Bestandteile des Tiers berücksichtigt.   Gerichte aus Leber, Niere, Zunge und Herz sind schmackhafte Alternativen, die vermeiden, dass wertvolle Lebensmittel entsorgt werden, die noch hätten verzehrt werden können. Die Verwertung des ganzen Tiers kann zudem helfen, weitere Ressourcen wie Wasser, Treibstoff und Futtermittel sowie CO2 einzusparen und die Umweltbelastung durch die Tierhaltung zu verringern. Denn je mehr vom Tier verwertet wird, desto mehr Personen werden pro Tier satt und desto weniger Tiere müssen gefüttert, verarbeitet und transportiert werden. Auch zollt man dem Tier mehr Respekt, wenn man es als Ganzes wertschätzt.

Einkauf in (Bio-) Qualität

Frisch und preiswert können Teilstücke auf Bio-Höfen oder in Bio-Metzgereien erstanden werden. Beim Kauf sollte darauf geachtet werden, dass die Fleischteile vom Schlachttag stammen und im Kühlschrank gelagert werden. Insbesondere Innereien sind leichter verderblich und innerhalb von zwei bis drei Tagen zu verarbeiten. Wer größere Mengen einkauft und einfriert, sollte diese spätestens nach drei Monaten zubereiten und vor der Zubereitung bis zu 24 Stunden im Kühlschrank auftauen lassen, um den Saftgehalt des Fleisches zu erhalten.

Wie gesund sind Innereien?

Kalbsleber deckt den Tagesbedarf an Folsäure, Rinderherz den an Vitamin B2 und Schweineleber den Tagesbedarf an Eisen. Dass tierische Innereien gute Vitamin- und Nährstofflieferanten sind, ist allseits bekannt. Doch machen sie immer wieder auch Schlagzeilen aufgrund nachgewiesener Schadstoffe wie Cadmium, Blei, Dioxine oder Quecksilber. 

Zu den Aufgaben der Leber zählt es beispielsweise, dem Körper Schadstoffe zu entziehen. Manche Umweltschadstoffe können sich daher in der Leber der Tiere anreichern. Die Menge an Schadstoffen, die beim Verzehr von Leber aufgenommen wird, hängt damit von der Umgebung ab, in der das Tier aufgewachsen ist und von der Zeit, in der sich die Schadstoffe anreichern konnten, also dem Alter des Tieres.

In der Regel stammen die Innereien von vergleichsweise kurzlebigen Tieren wie Kalb, Schwein oder Geflügel. Erfolgt der Verzehr von Leber wie empfohlen im Rahmen einer ausgewogenen Mischkost, ist die Aufnahme von Schadstoffen in Relation zu den konsumierten Mengen begrenzt. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ein- bis zweimal pro Woche Fleisch und Wurstwaren (insgesamt 300 bis 600 Gramm pro Woche) verzehrt werden und somit deutlich weniger, dafür aber qualitativ hochwertiges Fleisch zubereitet wird.

Schwangere sollten laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aufgrund des hohen Gehaltes an Vitamin A vorsorglich darauf verzichten, Leber zu verzehren und auch leberhaltige Produkte nur selten und in geringem Maße zu sich nehmen. Auch für Menschen, die unter Gicht leiden, ist ein Verzehr von Leber und anderen Innereien aufgrund der hohen Gehalte an Purin nicht angeraten. Innereien von Tieren enthalten mehr Cholesterin als das Muskelfleisch. Wer auf eine cholesterinarme Ernährung achtet, sollte dies berücksichtigen.

Innereien vom Wild

Innereien wildlebender Tierarten wie Wildschweine, Reh-, Damwild oder Hasen sollten nur alle zwei bis drei Wochen verzehrt werden, empfiehlt das BfR. Grund dafür ist, dass die Innereien von Wild zum Teil hohe Gehalte an Dioxinen und PCB sowie anderen Schadstoffen aufweisen.

Leber, Herz und Magen

Gerichte aus dem Herz von Kalb, Rind, Schwein oder Lamm gelten als Delikatesse – werden jedoch immer seltener verzehrt. Gedünstet, geschmort oder gegrillt erinnert der Geschmack an Wildfleisch und kann je nach Zubereitungsart ganz neue Geschmackserlebnisse hervorrufen. Die Mägen von Schwein, Geflügel und Schaf oder der Pansen von Wiederkäuern werden oft in Streifen geschnitten (Kutteln) oder gefüllt (Saumagen) angeboten. Kutteln finden auch in Suppen, Ragouts und Eintöpfen Verwendung.

Daneben ist auch die Niere von Schwein, Lamm, Kalb oder Geflügel, die Wachstumsdrüse (Bries), das Hirn oder die Lunge von Kalb oder Lamm essbar. Während die Wachstumsdrüse und das Hirn leicht nussig schmecken, ist der Geschmack der Lunge vergleichsweise neutral und wird häufig sauer zubereitet zum Beispiel mit Zitronen und Weißweinessig. Die Zunge von Rind, Kalb oder Lamm ist ein fettarmer und nährstoffreicher Eiweißlieferant. Sie zählt zu den beliebtesten Innereien und wird gedünstet, geschmort oder als Ragout zubereitet. Schweinezungen werden auch häufig in Wurst verarbeitet; gepökelte Zungen finden sich oft als Aufschnitt in der Metzgereiauslage.

Der Magen einer Sau…

…die Gedanken einer Frau und der Inhalt einer ‚Worscht‘ bleiben ewig unerforscht“, sagt ein deutsches Sprichwort. Tatsächlich sind in verschiedenen Wurstwaren wie Blut-, Leber- oder Presswurst sehr verschiedene Bestandteile wie Schweineschwarte, Leber, Kopffleisch sowie Schweineblut, Schweinefüße oder –schwänze verarbeitet. Dass Wurstwaren so beliebt sind, zeigt, dass auch Fleischgerichte wieder mehr auf die vermeintlich unpopuläreren Tierbestandteile setzen könnten. Sie eröffnen neue Geschmackshorizonte und können auch in preislicher Hinsicht attraktiver sein als die Edelstücke.

Außer-Haus-Verpflegung

Auch Restaurants setzen zunehmend wieder mehr darauf, ganze Tiere zu verwerten. Die Zubereitung setzt handwerkliches Geschick und Kreativität voraus. Auf eine Ganztierverwertung zu setzen kann sich aber auch hier auszahlen, da der Kilopreis bei Abnahme größerer Teile des Schlachtkörpers im Vergleich zu einzelnen Teilstücken deutlich sinken kann. Wichtig ist dabei, die (vorzerlegte) Ware bei der Metzgerei vorzubestellen.

Egal, ob in der Kantine, dem Restaurant oder Zuhause: Wer vergessene Gerichte wiederentdecken, neue Genüsse testen und vielfältige Texturen kennenlernen möchte, probiert was aus und leistet mit der Ganztierverwertung gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.

Mit Crowdbutching Schlachttiere teilen

Wem ein Viertel Kuh zu viel ist, der kann Crowdbutching (von engl. Crowdfunding – Schwarmfinanzierung und butching – Schlachtung) ausprobieren. Beim Crowdbutching beteiligen sich Verbraucher nicht an einem Unternehmen, sondern an einem Tier - zum Beispiel einem Rind oder einem Schwein. Sie kaufen Teile des Tieres ein, welches erst dann geschlachtet und verkauft wird, wenn das ganze Tier verkauft wurde. So wird gewährleistet, dass das ganze Tier verwertet und keine essbaren Bestandteile weggeworfen werden.

Eine nachhaltige Verwertung bedeutet auch, dass neben den verzehrbaren Bestandteilen alle weiteren Teile des Tieres, wie die Haut (Lederwaren) oder die Federn ( Daunenwaren) genutzt und verarbeitet werden. (Kup)

Stand: Dezember 2023