Die Weinkontrolle ist ein Teil der Lebensmittelüberwachung in Hessen. Mit den Anbaugebieten im Rheingau (rund 3.616 Hektar bestockte Rebfläche) und der Hessischen Bergstraße (knapp 450 Hektar bestockter Rebfläche) liegt Hessen nach Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern bundesweit auf dem vierten Platz der weinproduzierenden Bundesländer. Im Rheingau dominieren Riesling und Spätburgunder mit zusammen über 91 Prozent. An der Bergstraße sind zusätzlich Ruländer, Müller-Thurgau und Grüner Silvaner von Bedeutung.
Bei der Kontrolle werden Etiketten überprüft, um sicher zu stellen, dass der Inhalt in den Flaschen mit den Angaben auf den Etiketten übereinstimmt. Ein Großteil der Arbeitszeit verbringt ein Weinkontrolleur im Außendienst. Bei diesen Kontrollen ist die Überprüfung der Herstellung der Weine und Sekte entsprechend den bestehenden europäischen und deutschen Weinvorschriften besonders wichtig. Dafür werden die Weingüter unangemeldet und ohne vorherige Absprache für eine Kontrolle besucht. Das Ganze ist vergleichbar mit einer unangemeldeten Verkehrskontrolle von der Polizei im Straßenverkehr.
Weinbücher bilden Grundlage für Rückverfolgung
Das Hauptaugenmerk während der Kontrolle liegt auf den Weinbüchern des Betriebs, insbesondere das Herbstbuch und das Kellerbuch. Im Herbstbuch notiert der Winzer während der Ernte die täglich geerntete Traubenmenge, aus welcher Weinbergslage die Trauben stammen und den natürlichen Zuckergehalt der Trauben (Oechsle). Je höher die Oechslegrade sind, umso höher ist die Qualitätsstufe (Kabinett, Spätlese usw.), die im Herbstbuch eingetragen werden darf. Nach dem Herbstbuch während der Traubenernte ist das Kellerbuch die nächste Dokumentationsphase. Hier muss der Winzer alle Weine im Betrieb dokumentieren sowie sämtliche getätigten Behandlungsmaßnahmen und den Lagerort im Keller bis zum fertig abgefüllten Wein erfassen. Ein Auszug aus einer Seite (Weinkonto) ist vergleichbar mit einem Bankkontoauszug. Alle Bewegungen und ergriffenen Maßnahmen müssen mit genauen Informationen zu dem Arbeitsschritt, verbunden mit einer sehr genauen Literangabe, dargestellt werden.
Was wird überprüft?
Wird der Wein mit der richtigen Verkehrsbezeichnung beschrieben? Stimmt die Literangabe im Weinkonto mit der tatsächlichen Menge im Lagerbehältnis überein? Stammt der Wein aus dem bekannten Weinberg im Rheingau oder der Hessischen Bergstraße? Wurden auf dem Tankschild alle Angaben aus dem Weinbuch korrekt übernommen? Wurden alle getätigten Behandlungen innerhalb der Frist im Weinbuch eingetragen? Entsprechen die Behandlungsmaßnahmen den gültigen Vorschriften für das Erntejahr? Wurde die Nummer des Lagerbehältnisses in dem Weinbuch vermerkt? Dies sind nur einige der vielen Kontrolltätigkeiten eines Weinkontrolleurs.
Kontrollen bestätigen Qualität
Eine Kontrolle kann für den Betriebsverantwortlichen durchaus auch vorteilhaft sein. Bei Weinen mit Qualitätsbedenken seitens des Winzers nutzt dieser die Anwesenheit des Weinkontrolleurs, um den Wein verkosten zu lassen. Der Weinkontrolleur kann hier qualitätsfördernde Hinweise für den weiteren Ausbau geben und Weinfehler identifizieren. Ein Weinfehler führt zu einem erheblichen Wertverlust und kann im Extremfall sogar zum Verlust der Verkehrsfähigkeit führen.
Nach der kontrollierten Fassware im Weinkeller geht es in das Lager mit den abgefüllten Weinen weiter. Haben die Weinflaschen ohne Etiketten ein lesbares Schild mit der Verkehrsbezeichnung am Lagerort? Stimmt die Menge der abgefüllten Weinflaschen mit der angegebenen Abfüllmenge in den Weinbüchern überein?
Bei kleineren Verstößen wird der Winzer schriftlich belehrt. Schwerwiegende und zahlreiche Verstöße werden auf der Grundlage der von den Weinkontrolleuren erstellten Prüfberichte in Form von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten geahndet.
Sensorische Prüfung
Neben der Kenntnis des geltenden Weinrechts ist die Sensorik eine wichtige Kernkompetenz bei der Weinkontrolle. Im Laufe der Zeit entwickelt der Weinkontrolleur durch das regelmäßige und aufmerksame Verkosten von Wein einen ausgeprägten Geruchs- und Geschmackssinn. Zunge, Nase, Auge und Gaumen sind sensibilisierter als bei einem Endverbraucher und ermöglichen detaillierte Beschreibungen eines Getränks nach Aussehen, Farbe, Duft und Geschmack. Mit diesen Fähigkeiten wird bei der Verkostung entschieden, ob ein Getränk sensorisch verkehrsfähig ist oder nicht. Die abschließende Beurteilung erfolgt dann nach einer chemischen Untersuchung durch einen Lebensmittelchemiker. (schl)
Stand: März 2022