Was in Lebensmitteln drin sein darf, regeln das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch sowie zahlreiche europäische und nationale Verordnungen. Deshalb werden im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung regelmäßig Lebensmittelproben vom Landesbetrieb Hessisches Landeslabor untersucht. Was macht konkret die Lebensmittelabteilung des Hessischen Landeslabors? Dieser Frage ging die Verbraucherfenster-Redaktion nach und sprach mit Lebensmittelchemikerin Dr. Manuela Fischer-Zorn über die Aufgaben und organisatorischen Abläufe der Lebensmittel-Abteilung des Landesbetriebes Hessisches Landeslabor (LHL).
VF: Frau Dr. Fischer-Zorn, in welchem organisatorischen Umfeld ist die Lebensmittel-Abteilung des LHL tätig?
Fischer-Zorn: Die Abteilung Lebensmittel des LHL ist ein wichtiger Teil der amtlichen Lebensmittelüberwachung in Hessen. Sie besteht aus drei Fachgebieten, die sich mit der Untersuchung von tierischen Lebensmitteln, pflanzlichen Lebensmitteln sowie Getränken und Bedarfsgegenständen beschäftigen. (1)
VF: Woher kommen die Proben, die in der Lebensmittel-Abteilung des LHL untersucht werden?
Fischer-Zorn: In Hessen obliegt der Vollzug der amtlichen Lebensmittelüberwachung den 26 kommunalen Ämtern für Veterinärwesen und Verbraucherschutz (ÄVV). Diese entnehmen im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit Proben, die in der Lebensmittel-Abteilung untersucht und lebensmittelrechtlich beurteilt werden. (2)
VF: Welche Probenarten gibt es?
Fischer-Zorn: Es wird unterschieden zwischen Planproben und sogenannten anlassbezogenen Proben. Die Planproben machen mit ca. 70 – 75 % den größten Teil aus und werden auf der Basis von risikoorientierten Probenplänen als Stichproben entnommen. Nachproben dienen der Absicherung von Untersuchungsergebnissen. Die Entnahme von Verdachtsproben erfolgt in der Regel im Zusammenhang mit einer Betriebskontrolle.
Nur rund fünf Prozent der Proben sind Beschwerdeproben, die von Verbrauchern entweder bei den ÄVV oder auch direkt im LHL abgeben und für den Verbraucher kostenlos auf die angezeigten Mängel untersucht werden. In der Regel erfolgt hier zusätzlich noch die Entnahme einer Verfolgsprobe durch das zuständige AVV.
VF: Gibt es ein bestimmtes Ablaufschema, nach dem die Proben untersucht werden?
Fischer-Zorn: Obligatorisch beginnen die Untersuchungen mit einem Geruchs- und Geschmackstest. Durch die exakte Beschreibung der Probe, die außer Geruch und Geschmack noch eine Vielzahl von weiteren Merkmalen wie Gewicht, Verpackung, Maße, Beschaffenheit und Konsistenz umfasst, werden die Identität der Probe sowie die erzielten Ergebnisse gerichtsfest abgesichert. Bisweilen treten bei der sensorischen Untersuchung auch Abweichungen zu Tage, die zu weiteren Untersuchungen Anlass geben oder direkt zu Beanstandungen führen können.
VF: Welche Fachleute führen die Untersuchungen durch?
Fischer-Zorn: Unter den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind verschiedene Fachdisziplinen vertreten. Den größten Anteil nimmt die Lebensmittelchemie ein, gefolgt von der Veterinärmedizin; aber auch die Humanmedizin und die Molekularbiologie bereichern das Wissensspektrum der Abteilung.
Unter den technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die Untersuchungen in den Laboren durchführen, finden sich Chemie- und Biologielaborantinnen und –laboranten sowie technische Assistentinnen und Assistenten aus den Fachrichtungen Chemie, Biologie, Landwirtschaft und Medizin.
VF: Welche sind die hauptsächlichen Fragestellungen, die durch die Untersuchungen beantwortet werden sollen?
Fischer-Zorn: Die Arbeit der Lebensmittelüberwachung ist auf den Schutz des Verbrauchers vor Gesundheitsschäden und vor Täuschung ausgerichtet. Diese beiden Schutzgedanken sind auch im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) verankert.
Mikrobiologische und molekularbiologische Untersuchungen dienen in erster Linie dem Schutz der Gesundheit durch Nachweis von Krankheits- oder Verderbserregern (3) sowie Stoffen, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können. Durch chemische Untersuchungen wird die Einhaltung gesetzlicher Höchstmengen an bewusst eingesetzten Zusatzstoffen, unerwünschten Inhaltsstoffen wie Histamin, Rückständen (4) (z. B. Pestizide) oder Kontaminanten (5) (z. B. Schwermetalle) überprüft.
Nicht zuletzt werden die Lebensmittel auch auf ihre Qualität hin untersucht, um eine mögliche Verbrauchertäuschung wie z. B. beim „Schummelkäse“ oder „Mogelschinken“ aufzudecken.
VF: Welche Untersuchungsmethoden werden in Ihren Laboren eingesetzt?
Fischer-Zorn: Bei den chemischen Untersuchungen erstreckt sich die Bandbreite von klassischen nasschemischen Methoden bis hin zu modernen chromatografischen Verfahren mittels diverser Detektoren. Für die mikrobiologischen Untersuchungen werden neben kulturellen Verfahren auch moderne apparative Verfahren wie die Real-Time-PCR oder die Massenspektrometrie eingesetzt. Die Real-Time-PCR wird zudem zur Tierartendifferenzierung und zum Nachweis von Allergenen genutzt.
VF: Wie wird sichergestellt, dass die erarbeiteten Ergebnisse stimmen?
Fischer-Zorn: Der LHL verfügt über ein wirksames Qualitätsmanagementsystem, sämtliche Fachabteilungen des LHL sind akkreditiert. (6) Durch immer wiederkehrende interne und externe Überprüfungsmaßnahmen, die sich auf die eingesetzten Geräte, Verbrauchsmaterialien und auf die vorgegebenen Untersuchungsabläufe erstrecken, werden die Qualität und damit auch die Richtigkeit unserer Ergebnisse sichergestellt.
VF: Was geschieht mit den ermittelten Untersuchungsergebnissen?
Fischer-Zorn: Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund lebensmittelrechtlicher Bestimmungen bewertet. Werden keine Abweichungen festgestellt, erhält das einsendende AVV lediglich einen Kurzbericht. Im Falle von Mängeln wird ein schriftlicher Prüfbericht erstellt. Diese Prüfberichte dienen den ÄVV als Grundlage für ordnungsrechtliche Maßnahmen, wie zum Beispiel die Verhängung von Bußgeldern.
VF: Welche Aufgaben gibt es zusätzlich zu der geschilderten Untersuchungsroutine?
Fischer-Zorn: Neben der Routinearbeit ist der LHL mit der Entwicklung und Erprobung neuer Untersuchungsverfahren befasst.
Das wissenschaftliche Personal arbeitet in verschiedenen Fachgremien mit und wird oft von Vollzugsbehörden, Gerichten oder Staatsanwaltschaften um Stellungnahmen zu lebensmittelrechtlichen Sachverhalten gebeten.
Einen nicht unbedeutenden Anteil macht zudem die Ausbildung von wissenschaftlichem und technischem Nachwuchs aus. Zahlreiche Praktikanten aus der Lebensmittelchemie und der Veterinärmedizin sowie auszubildende Chemie- und Biologielaboranten werden regelmäßig betreut und auf ihre Prüfungen vorbereitet. (7)
VF: Frau Fischer-Zorn, vielen Dank für das Gespräch.