Ganz klar: Zuerst einmal ist der Hersteller von Lebensmitteln selber dafür verantwortlich, dass seine Lebensmittel in Ordnung sind. Dass sie also allen gesetzlichen und sonstigen Vorgaben entsprechen. Direkt danach kommt aber schon die Amtliche Lebensmittelüberwachung: Lebensmittelkontrolleure kontrollieren Betriebe in denen Lebensmittel hergestellt, verarbeitet, gelagert und abgegeben werden, sie ermitteln bei Krankheitsgeschehen im Zusammenhang mit Lebensmitteln und sie entnehmen Proben, welche anschließend von amtlichen Sachverständigen untersucht und bewertet werden.
Kryptisches Kürzel, viel dahinter
Jeder Hersteller von Lebensmitteln, jedes Restaurant, jeder Lebensmittelhändler muss ein HACCP-Konzept haben und umsetzen. Hazard Analysis and Critical Control Points – dahinter verbirgt sich eine Einschätzung, an welchen Stellen im Umgang mit den Lebensmitteln welche Gefahren bestehen und – das ist das Entscheidende – wie sichergestellt ist, dass trotz dieser Gefahren sichere Lebensmittel produziert werden. Das können eine besonders strenge betriebsinterne Kontrolle sein, besondere Schutzmaßnahmen oder auch einfach nur eine zusätzliche technische Sicherung. Derjenige, der mit den Lebensmitteln umgeht, übernimmt die Verantwortung dafür, dass die von ihm hergestellten Lebensmittel einwandfrei sind.
Trotzdem kann es vorkommen, dass das eine oder andere durchrutscht oder dass es der eine oder andere Betrieb mit der Eigenkontrolle nicht ganz so streng nimmt, wie es der Fall sein sollte. Hier kommt die Amtliche Lebensmittelüberwachung ins Spiel.
Lebensmittelkontrolleure und Lebensmitteluntersuchung
Lebensmittelkontrolleure sind in Hessen bei den Kommunen angestellt. Sie haben einen Beruf gelernt, in dem sie schon viel Erfahrung mit Lebensmitteln gesammelt haben. Sie sind Koch, Bäcker, Fleischer oder etwas Ähnliches. Im Rahmen einer Weiterbildung werden sie u.a. in lebensmittelrechtlichen Grundlagen geschult und absolvieren ein Praktikum in einem amtlichen Untersuchungslabor, beim dem sie in die Lebensmittelanalytik reinschnuppern. Ihre tägliche Aufgabe ist es, die Lebensmittelhersteller in ihrem Landkreis vor Ort zu überwachen. Die Idee dahinter ist die Kontrolle der Kontrolle: Lebensmittelkontrolleure kontrollieren die Eigenkontrollen der Lebensmittelhersteller, deren HACCP-Konzept, die konkrete Situation bei dem Lebensmittelhersteller vor Ort, die Schulung der Mitarbeiter des Lebensmittelherstellers und noch vieles mehr. Wenn sie bei ihrer Kontrolle etwas finden, das nicht in Ordnung ist, führen Sie entweder eine Belehrung durch oder erlassen eine Verfügung, verhängen ein Verwarn- oder Bußgeld oder leiten ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren gegen den Lebensmittelunternehmer ein. Außerdem entnehmen sie Proben, die dann in dem Labor der amtlichen Lebensmittelüberwachung untersucht werden. Die entnommenen Proben bringen sie auf dem schnellsten Weg in den Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) mit seinen Standorten in Gießen, Wiesbaden und Kassel. Hier findet dann die Untersuchung der Lebensmittel statt.
Amtliche Sachverständige
Die amtlichen Sachverständigen des LHL sind Lebensmittelchemiker oder Tierärzte. Jede und Jeder von Ihnen hat ein Spezialgebiet: Die einen beschäftigen sich mit der Mikrobiologie von Fleisch und Wurst, die anderen mit Brot, Brötchen und Backwaren und wieder andere mit Nahrungsergänzungsmitteln. Kommt jetzt zum Beispiel eine Frischkäse-Probe in den LHL, entscheidet der für Frischkäse zuständige Sachverständige, auf was diese Probe alles untersucht werden soll. Können nicht alle Untersuchungen in seinem eigenen Laborbereich durchgeführt werden, gibt er einen Teil der Probe an andere Sachverständige des LHL, die entsprechende Untersuchungen in ihrem Laborbereich durchführen. Liegen alle Untersuchungsergebnisse vor, entscheidet der Sachverständige für Frischkäse an Hand seiner Expertise, ob die Frischkäse-Probe in Ordnung ist oder ob sie beanstandet werden muss.
Und in der Praxis?
Im Jahr 2019 wurden im LHL etwa 23.800 Proben untersucht, die von Lebensmittelkontrolleuren in Hessen entnommen wurden. Die meisten Proben waren sogenannte Planproben. Hierbei wird im Vorfeld von den Sachverständigen des LHL zusammen mit den Kommunen nach einem sogenannten risikobasierten Ansatz entschieden, welche Proben zu nehmen sind – es werden also die Proben bevorzugt, bei denen vermutlich eher etwas gefunden werden kann: Fleisch weist sicherlich ein höheres Risiko für die Lebensmittelsicherheit auf als Trockenkekse, bei Tortillas mit einem hohen Maisanteil ist die Wahrscheinlichkeit, genveränderte Maissorten zu finden höher, als in einem Pudding, in dem Maisstärke lediglich als Verdickungsmittel eingesetzt wird.
Von den im Jahr 2019 ausgesprochenen Beanstandungen waren die Hauptbeanstandungsgründe in den meisten Fällen (3073 Proben, 12,9 %) Mängel in der Kennzeichnung, der Zusammensetzung der Produkte oder es lagen Anzeichen für eine Irreführung vor: Zum Beispiel war ein als Kochschinken ausgewiesener Schinken gar kein Kochschinken, sondern Formfleisch, das aus Schinkenresten zusammengesetzt wird. Der Volksmund nennt es „Mogelschinken“. Das ist nicht gesundheitsschädlich, der Kunde bekommt aber nicht das, was er sich eigentlich vorgestellt hat.
Insgesamt wurden im letzten Jahr nur 123 der 23.800 Proben (0,52 %) als gesundheitsschädlich eingestuft.
Die meisten Beanstandungen hinsichtlich der mikrobiologischen Verunreinigung wurden bei Fleisch, Wild, Geflügel und daraus hergestellten Erzeugnissen ausgesprochen.
Der LHL untersucht sehr viele Parameter
Jede Probe, die in den LHL kommt, wird zunächst einer sensorischen Untersuchung unterzogen: Sieht die Probe so aus, wie sie aussehen soll und riecht sie auch so? Oft wird die Probe auch verkostet. Danach entscheiden die Sachverständigen, worauf die Probe untersucht werden soll: Das können chemische Parameter sein oder mikrobiologische – je nachdem, was für dieses Lebensmittel besonders wichtig ist. Neben Inhaltsstoffen wie Fett, Zucker, Eiweiß oder Salz können es auch Zusatzstoffe wie Konservierungsstoffe oder Farbstoffe sein, Kontaminanten wie Mineralölrückstände (MOSH / MOAH) oder polyzyklische Kohlenwasserstoffe (PAKs), Rückstände von Pestiziden aus der Landwirtschaft oder Antibiotika aus der Tierhaltung. Weitere Schwerpunkte bei Untersuchungen liegen darin, nicht erlaubte Zusätze von genveränderten Zutaten zu finden oder zu überprüfen, ob Lebensmittel zur Haltbarmachung verbotenerweise bestrahlt wurden. In der Mikrobiologie geht es zum einen um allgemeine Verderbnisparameter wie die Gesamtkeimzahl oder Hefen und Schimmelpilze aber auch um Viren und Bakterien, die zu schwersten Erkrankungen führen können.
Lebensmittelüberwachung - ein Zusammenspiel der Beteiligten: Die Lebensmittelkontrolleure mit ihrem Wissen über die Produktion, die Sicherheit von Lebensmitteln sowie der Anwendung von europäischen und nationalen Vorschriften und das Fachwissen der Sachverständigen über Mikrobiologie, Kennzeichnung und Zusammensetzung von Lebensmitteln. Immer wieder neu und deswegen auch immer wieder spannend. Gesundheit ist ein hohes Gut, was es zu schützen gilt. Die Verbraucher sollen darauf vertrauen können, dass ihre Lebensmittel gesundheitlich unbedenklich und sicher sind.(scho)
Stand: September 2020