Windkraftanlagen auf Feldern und zwischen Waldstücken im Sonnenaufgang

Ökostrom – nicht immer ist drin, was draufsteht

Ökostromtarife stehen bei Stromkunden und Energieversorgern hoch im Kurs. Bei der Auswahl des Angebotes sollte nicht nur auf eine umweltverträgliche Erzeugung geachtet werden, sondern auch darauf, dass der Ausbau neuer Anlagen gefördert wird.

Ökostrom – was ist das?

Der Bezug von Ökostrom wird als Möglichkeit der Einflussnahme auf eine stärker ökologisch orientierte, „saubere“ Stromerzeugung in Deutschland beworben. Bei der Tarif- und Anbieterwahl ist zu beachten, dass nicht alle Ökostrom-Angebote einen zusätzlichen Umweltnutzen aufweisen.

In erster Linie ein Herkunftsbegriff

Der Begriff Ökostrom ist rechtlich nicht definiert oder geschützt. Verstanden wird darunter in der Regel Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wurde: aus Wind- und Wasserkraft, Biomasse, Sonnenlicht und -wärme oder Erdwärme. Damit liefert der Begriff lediglich eine Aussage über die Herkunft der Energie, nicht aber über die genauen Umstände der Produktion. Strom aus seit Jahrzehnten bestehenden Wasserkraftwerken kann daher genauso als Ökostrom bezeichnet werden wie Energie, die in erst kürzlich errichteten Windkraftanlagen gewonnen wurde.

Viele Verbraucher wünschen sich jedoch Letzteres. Sie entscheiden sich gerade deshalb für Ökostrom, weil sie damit den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben möchten.

Ökostrom-Label und -Zertifikate

Um Kunden in solchen Situationen eine Orientierungshilfe zu bieten, wurden vor einigen Jahren Ökostrom-Labels oder Ökostrom-Zertifikate eingeführt. Die Labels sollen Stromkunden dabei helfen, Angebote zu finden, die nicht nur umweltverträglich erzeugt wurden, sondern zusätzlich einen ökologischen Mehrwert haben, weil ein Teil der Einnahmen wiederum in erneuerbare Energien investiert wird. Zertifizierter „Grünstrom“ ist damit klar von Ökostrom-Basistarifen abzugrenzen, bei denen fast ausschließlich Strom aus alten Wasserkraftwerken genutzt wird, ohne dass zusätzliche Investitionen garantiert sind.

Viele hessische Grundversorger werben im Zusammenhang mit ihren Ökostrom-Produkten zusätzlich mit einem besonderen ökologischen oder sozialen Engagement. Häufig wird dem Verbraucher beispielsweise zugesagt, dass er durch den Bezug von Ökostrom bestimmte lokale Projekte unterstützen kann. Dabei reicht die Palette von Baumpflanzaktionen über energetische Eigenheimsanierungen bis hin zur Unterstützung eines Nationalparks. Leider sind die verfügbaren Informationen jedoch oftmals sehr knapp gehalten, sodass Kunden nur schwer nachvollziehen können, wie groß das Engagement des Versorgers tatsächlich ist. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich daher, noch mal nachzufragen und um genauere Informationen zu bitten.

Grundsätzlich gilt: Wer sich für den Bezug von Ökostrom interessiert, sollte stets genau hinschauen, da sich die angebotenen Produkte in vielerlei Hinsicht unterscheiden.

Welche Label gibt es?

Derzeit helfen vor allem Gütesiegel, um Ökostrom mit tatsächlichem Umweltnutzen von Strom zu unterscheiden, dem nur ein ökologischer Anstrich verpasst wurde. Mittlerweile existiert eine Vielzahl von Ökostrom-Labels, die auf unterschiedlichen Vergabekriterien beruhen. Zu den anspruchsvolleren zählen zurzeit folgende Siegel bzw. Anforderungsprofile:

Einige Ökostromanbieter lehnen eine Zertifizierung durch OK-Power oder GSL ab und verfolgen noch schärfere Kriterien. Bei den Zertifikaten des TÜV NORDÖffnet sich in einem neuen Fenster und des TÜV SÜDÖffnet sich in einem neuen Fenster sollten Verbraucher auf die genaue Bezeichnung der Labels achten, da beide TÜV-Gesellschaften mehrere Siegel herausgeben.

Was hat es mit Herkunftsnachweisen auf sich?

Deutlich zu unterscheiden von Ökostrom-Zertifikaten sind Herkunftsnachweise (HKN) für Strom aus erneuerbaren Energien. Diese an der Strombörse handelbaren Nachweise dokumentieren, wenn ein Anlagenbetreiber Strom aus erneuerbaren Energien in das Stromnetz einspeist. Zudem bescheinigen diese Nachweise, dass eine bestimmte Strommenge in das Netz eingespeist wurde. So ist gewährleistet, dass Ökostrom nicht mehrfach verkauft wird.

Darüber hinaus enthält ein HKN weitere Informationen, zum Beispiel zu Alter und Standort der Öko-Anlage sowie zur Art und Weise der Produktion. Allerdings werden dabei keine Ansprüche an die Art der Erzeugung und das Alter der Anlage gestellt. Bei Ökostrom-Siegeln kommt es genau auf diese Informationen an. Hier werden zum Beispiel ausschließlich Herkunftsnachweise berücksichtigt, die belegen, dass die Anlage nicht älter als sechs Jahre ist. In Deutschland erstellt, entwertet und verwaltet das Umweltbundesamt die Herkunftsnachweise.

Herkunftsnachweise aus Deutschland sind selten

In Deutschland wird mittels Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) der Ausbau von erneuerbaren Energiequellen gesetzlich fördert. Ökostromanlagen, die diese Förderung erhalten, dürfen ihren Strom nicht nochmal gesondert als Ökostrom verkaufen und erhalten dementsprechend auch keinen Herkunftsnachweis. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Stromanlagenbetreiber an demselben grünen Strom doppelt verdienen: Über die Förderung und Verkaufserlöse. Da sich so gut wie alle Öko-Stromanlagenbetreiber in Deutschland bislang für die sichere staatliche Förderung entschieden haben, gibt es auch kaum Herkunftsnachweise aus Deutschland, dafür     aber bereits einen hohen Anteil (etwa 50 Prozent) Ökostrom im allgemeinen Strommix.

Greenwashing mit ausländischen Herkunftsnachweisen

Nicht selten werden zudem Herkunftsnachweise aus dem Ausland angekauft, zum Beispiel aus Norwegen. Hier wird Strom zu über 90 Prozent aus Wasser- und Windenergie produziert. Diese Länder verwenden ihren grünen Strom selbst und verkaufen lediglich die Herkunftsnachweise. Dies ist legal, da die Nachweise getrennt vom Strom gehandelt werden können. Stromanbieter hierzulande behaupten dann Ökostrom zu liefern, obwohl die Stromproduktion eigentlich in Atomkraft- oder Kohlekraftwerken stattfindet. Dem Klima hilft das natürlich nicht, ebenso wenig der Energiewende.

Ökostromanbieter, die sich für die Energiewende einsetzen und den EEG-unabhängigen Ausbau erneuerbarer Energien einsetzen, sind daher die beste Wahl, wenn man sich für Ökostrom entscheidet. Die oben genannten Zertifikate helfen dabei, solch einen Anbieter zu finden.

Stromsparen und Ökostrom: Der beste Weg zum Klimaschutz

Auch wenn die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen besonders umweltfreundlich ist, ist es sinnvoll, jederzeit kritisch auf den Stromverbrauch zu schauen - nicht nur der Kosten wegen! Jede Kilowattstunde, deren Verbrauch sich vermeiden lässt, führt an anderer Stelle, an der jetzt noch Strom aus fossilen oder atomaren Kraftwerken verwendet wird, zu einer Umweltentlastung. Rat und Information zum Stromsparen bieten zum Beispiel die Verbraucherzentralen: In bundesweit über 400 Beratungsstellen und Stützpunkten erhalten interessierte Verbraucher eine kompetente und anbieterunabhängige EnergieberatungÖffnet sich in einem neuen Fenster. (sie)

Stand: Oktober 2023

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