Im Vordergrund ist ein Briefumschlag zu sehen, der als Symbol für die E-Mail steht. Im Hintergrund erkennt man einen Mann, der mit seinem Finger auf das Symbol der E-Mail drückt.

E-Mail-Nutzer aufgepasst

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Paderborn muss ein Widerspruch nach E-Mail-Werbung unmittelbar umgesetzt werde. Die oftmals ins Feld geführte Monatsfrist des § 12 Absatz 3 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist nicht anwendbar.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Ein Privatmann (Kläger) hat sich gegen ein im Internet tätiges Unternehmen (Beklagte) gewendet, das ihm weiterhin E-Mail-Werbung zusendete, obwohl er der Verwendung seiner E-Mail-Adresse für die Direktwerbung explizit widersprochen hatte. Der Kläger begehrte somit von dem Unternehmen die Unterlassung weiterer Werbung.

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Wortlaut der DSGVO hier eindeutig ist: Nach Art. 21 Abs. 3 DSGVO dürfen Daten wie die E-Mail-Adresse für die Direktwerbung nicht mehr verwendet werden, wenn einer Direktwerbung explizit widersprochen wurde. Das werbende Unternehmen sei gehalten, den Widerspruch umgehend zu berücksichtigen. Umgehend heißt hier unverzüglich. An diesen Maßstab habe sich die Beklagte nicht gehalten. Der Kläger habe nach dem am 14.09.23 erfolgten Werbewiderspruch noch weitere fünf Werbe-E-Mails von der Beklagten bekommen.

Das beklagte Unternehmen sieht die Sach- und Rechtslage hier ganz anders. Zunächst beruft es sich auf Art. 12 Absatz 3 DSGVO. Diese Vorschrift räume dem Unternehmen eine Bearbeitungszeit von einem Monat zur Berücksichtigung veränderter Kundenwünsche ein. Außerdem habe sie eine weitere Orientierungshilfe zur Umsetzungsfrist des Werbewiderspruchs zu Rate ziehen müssen, was zeitintensiv war und ohnehin eine Bearbeitungsfrist von einem Monat rechtfertige.

Das LG hat sich hier der klägerischen Sichtweise angeschlossen. Insbesondere wird die Beklagte nicht mit der Argumentation gehört, dass sie eine bereits angelaufene Werbeaktion rein faktisch gar nicht mehr stoppen könne.  Außerdem sei der ins Feld geführte Art. 12 DSGVO hier gar nicht einschlägig, sondern Art. 21 Absatz 3 DSGVO.

Zum Nachlesen

Hier ein Auszug der einschlägigen Rechtsnormen.

Art. 12 DSGVOÖffnet sich in einem neuen Fenster 

Transparente Information, Kommunikation und Modalitäten für die Ausübung der Rechte der betroffenen Person

(3) Der Verantwortliche stellt der betroffenen Person Informationen über die auf Antrag gemäß den Artikeln 15Öffnet sich in einem neuen Fenster bis 22Öffnet sich in einem neuen Fenster ergriffenen Maßnahmen unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags zur Verfügung. Diese Frist kann um weitere zwei Monate verlängert werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Komplexität und der Anzahl von Anträgen erforderlich ist. Der Verantwortliche unterrichtet die betroffene Person innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags über eine Fristverlängerung, zusammen mit den Gründen für die Verzögerung. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so ist sie nach Möglichkeit auf elektronischem Weg zu unterrichten, sofern sie nichts anderes angibt.

Art. 21 DSGVOÖffnet sich in einem neuen Fenster

Widerspruchsrecht

(3) Widerspricht die betroffene Person der Verarbeitung für Zwecke der Direktwerbung, so werden die personenbezogenen Daten nicht mehr für diese Zwecke verarbeitet.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Nein, hier hat das LG Paderborn erstinstanzlich entschieden. Grundsätzlich wäre noch eine Berufung gegen diese Entscheidung möglich. Es ist aber nicht zu erwarten, dass gegen diese Entscheidung noch ein Rechtsmittel eingelegt wird, da sie sich an dem eindeutigen Wortlaut der DSGVO orientiert und nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein anderes Gericht diesen ignorieren wird.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucherinnen beziehungsweise Verbraucher aus?

Der Auswirkung dieses Urteils auf die Verbraucherinnen beziehungsweise die Verbraucher sind immens: Man darf nicht mehr mit Werbung in seinem E-Mail-Postfach konfrontiert werden, wenn man einer Werbung explizit vorher widersprochen hat. Dem Spruch „die machen doch ohnehin, was sie wollen, egal wie ich mich entscheide“ wird somit zusehends der Nährboden entzogen.

Ist das Urteil gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil stärkt Verbraucherinnen und Verbrauchern, gerade im Umgang mit unerbetener Werbung in ihrem E-Mail-Postfach enorm den Rücken.  Die nach außen getretene Willensbekundung, keine Werbe-E-Mails mehr bekommen zu wollen, darf nicht durch ein Unternehmen einen ganzen Monat lang unter Verwendung von nichtzutreffenden „Scheinargumenten“ umgangen werden.

Was kann die Verbraucherin beziehungsweise der Verbraucher jetzt tun?

Die Verbraucherinnen beziehungsweise Verbraucher sollten sehr genau überprüfen, ob ihrer Bitte, keine Werbe-E-Mails mehr bekommen zu wollen, sofort und unmittelbar Folge geleistet wurde. Sämtliches – nach diesem Urteil unzulässiges - Hinauszögern durch die Unternehmerseite sollte unmittelbar der Verbraucherzentrale vor Ort gemeldet werden, um die dann notwendigen weiteren Maßnahmen zu besprechen. Dies wären dann gegebenenfalls Abmahnung, Verpflichtung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung oder eine Unterlassungsklage.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des LG Paderborn vom 12.03.2024 hat das Aktenzeichen Az 2 O 325/23.

Stand: April 2024

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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