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Wie man das digitale Erbe regelt

Die wenigsten Nutzer von Online-Konten haben ihren digitalen Nachlass geregelt, dabei ist es für Nutzer von Sozialen Netzwerken oder Cloud-Diensten ausgesprochen wichtig, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass gesetzliche Erben Zugriff auf die Konten und Daten erhalten. Wer das nicht möchte, muss handeln.

Jeder Dritte trifft Vorkehrungen

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was nach Ihrem Tod mit Ihren Online-Accounts geschehen soll? Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) hat 2018 eine repräsentative Befragung durchgeführt. Lediglich 13 Prozent der Deutschen haben ihren digitalen Nachlass vollständig geregelt. Weitere 18 Prozent haben sich zumindest teilweise darum gekümmert. 65 Prozent geben jedoch an, für den Fall ihres Todes in diesem Bereich nicht vorgesorgt zu haben, was mit ihren Facebook-, WhatsApp- und anderen Online-Konten nach ihrem Tod passieren soll.

Warum die frühzeitige digitale Nachlassregelung so wichtig ist

Der Schutz der Privatsphäre ist ein hohes Gut. Viele Onlinedienste berufen sich etwa auf den Datenschutz und übergeben das Konto eines Verstorbenen nicht ohne eine entsprechende Verfügung an Angehörige. Aus diesem Grund sollte man frühzeitig und unbedingt schriftlich festhalten, wie nach dem Tod mit den eigenen Daten auf persönlichen Datenträgern, E-Mails oder Chat-Protokollen auf externen Servern und Online-Konten zu verfahren ist. Dafür bestehen verschiedene Möglichkeiten, wie Testament, schriftliche Verfügungen oder Vollmachten für bestimmte Personen.

Worauf ist bei der Nachlassregelung zu achten?

Zunächst sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die gesetzlichen Erben über sämtliches Eigentum des Verstorbenen verfügen – und somit auch über die auf Speichermedien und mobilen Endgeräten vorhandenen Daten. Wer diese „digitale Privatsphäre“ schützen und bestimmen möchte, wer darauf Zugriff haben darf oder ob bestimmte Datenträger mit den darauf befindlichen Datenbeständen vernichtet werden sollen, muss zu Lebzeiten rechtssicher dafür sorgen.

Dies gilt auch für die durch das Fernmeldegeheimnis geschützten Daten. Dazu zählen Online-Dienste, E-Mail-Konten und Cloud-Speicher. Auch wenn diesbezügliche Verträge von den gesetzlichen Erben zunächst übernommen werden (müssen) und diese meist Sonderkündigungsrechte wahrnehmen können, ist damit nicht automatisch ein Zugang zu den Daten verbunden. Daher sollte man auch für diese Bereiche des digitalen Nachlasses entsprechend festlegen, ob die Erben und wenn ja in welchem Umfang darauf zugreifen dürfen.

Nachlass auf einem USB-Stick nicht ausreichend

Betreiber von sozialen Netzwerken verlangen in der Regel von den Hinterbliebenen einen Nachweis (Sterbeurkunde), bevor sie das Profil deaktivieren oder gestatten, beispielsweise das Profilbild zu aktualisieren. Facebook bietet seinen Nutzern über die Kontoverwaltung die Möglichkeit an, einen Nachlasskontakt zu bestimmen. Dieser durfte bisher allerdings weder Nachrichten senden noch bereits gesendete oder empfangene Nachrichten lesen. In einem Urteil Öffnet sich in einem neuen Fensterhat der Bundesgerichtshof (BGH) am 12. Juli 2018 entschieden, dass Facebook den Erben Zugang zu dem Nutzerkonto und damit auch zu den Nachrichten des Verstorbenen gestatten muss. Laut BGH besteht kein Anlass, digitale Inhalte erbrechtlich anders als Briefe oder Tagebücher zu behandeln.

Die Eltern der verstorbenen Tochter klagten jedoch weiterhin. Denn Facebook stellte den Hinterbliebenen lediglich einen USB Stick mit einem 14.000 seitigen PDF-Dokument zur Verfügung. Facebook war der Ansicht, dass damit alle Verpflichtungen aus dem Urteil vom 12. Juli 2018 erledigt seien. Einen direkten Zugang zum Konto der Verstorbenen hatten die Eltern dadurch allerdings nicht. Die Eltern argumentierten unter anderem, dass sie den Zugang benötigten, um heraus zu finden, ob ihre verstorbene Tochter Suizidabsichten hatte.

Mit Beschluss vom 27.08.2020 - III ZB 30/20Öffnet sich in einem neuen Fenster- hob der BGH den abweisenden Beschluss des Kammergerichts auf, mit der Begründung, dass die Übergabe mit den darauf befindlichen Dateien nicht ausreichend gewesen sei.  Es müsse sichergestellt werden, dass die Erben auf dieselbe Art und Weise Kenntnis vom Konto und dessen Inhalt nehmen können, wie die Erblasserin selbst. Aktiv nutzen dürfen die Eltern das Konto allerdings nicht.

Die fünf wichtigsten Vorkehrungen für das digitale Erbe

  • Betrauen Sie eine Vertrauensperson mit der Verwaltung Ihres digitalen Nachlasses.
  • Legen Sie handschriftlich fest, wer die Vertrauensperson ist, welche Befugnisse sie für den Fall Ihres Todes hat und welche Aufgaben (beispielsweise Löschung von Konten) sie wahrnehmen soll. Vergessen Sie keinesfalls den unabdingbaren Zusatz, dass die Vollmacht „über den Tod hinaus“ gilt. Datieren und unterschreiben Sie die Vollmacht und übergeben Sie sie an Ihre Vertrauensperson.
  • Teilen Sie Ihren Angehörigen mit, wen Sie mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragt haben.
  • Fertigen Sie eine vollständige Übersicht über alle Benutzerkonten, Soziale Netzwerke, Cloud-Dienste etc. einschließlich der zugehörigen Benutzernamen und Passwörter an und speichern diese auf einem verschlüsselten oder Passwort-geschützen Datenträger. Deponieren Sie diesen beispielsweise in einem Bankschließfach oder bei einem Notar. Informieren Sie anschließend Ihre Vertrauensperson über den Aufbewahrungsort.
  • Fixieren Sie außerdem schriftlich, beispielsweise in Ihrem Testament, was mit Ihrer Hardware (PC, Laptop, Tablet, Smartphone, USB-Sticks etc.) und den darauf befindlichen Daten nach Ihrem Tod geschehen soll. (schl)

Stand: Oktober 2020