Ein Mann hält ein Handy in der Hand und liest dabei ein Dokument

Mobilfunkkunden aufgepasst bei Preiserhöhungen!

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt ist es einem Mobilfunkunternehmen untersagt, Preiserhöhungen einseitig und ohne Widerspruchsrecht vorzunehmen. Eine darauf gerichtete Allgemeine Geschäftsbedingung ist unwirksam. Die Androhung der Sperre des Telefons darf jedoch per E-Mail erfolgen.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Firma Drillisch Online AG auf Unterlassung der Verwendung zweier Geschäftsbedingungen.

In der einen hatte sich die Beklagte vorbehalten, in ihren Mobilfunkrechnungen einseitig Preiserhöhungen in der Höhe von bis zu 5 Prozent vornehmen zu können, ohne ihren Kunden ein Widerrufs- oder Kündigungsrecht einzuräumen. In der anderen hatte sich die Beklagte vorbehalten, bei Zahlungsverzug ihrer Kunden eine Anschlusssperre auch in E-Mail-Form androhen zu dürfen.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass es auch Umstände gäbe, aufgrund derer sie ein berechtigtes Interesse an Preiserhöhungen habe. Da diese Umstände einerseits nicht in ihren Einflussbereich fielen, wäre es andererseits auch nicht angemessen, die Kunden deswegen mit einem zusätzlichen Recht auszustatten. Aus Praktikabilitätsgründen habe man hier die Grenze von 5 Prozent gewählt. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Androhung der Telefonsperrung wegen Zahlungsverzugs per E-Mail führt die Beklagte an, dass sich das Schriftformerfordernis hier nicht nach dem BGB sondern nach dem TelekG richte und die Androhung per E-Mail somit zulässig sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die „Preiserhöhungsklausel ohne Widerspruchsrecht“ gegen die Universaldienstrichtlinie der Europäischen Union (EG-RL 2009/136) verstoße. Diese Richtlinie räumt den Verbrauchern das Recht ein, sich bei Preiserhöhungen vom Vertragsverhältnis loszusagen. Außerdem könne das Recht, sich vom Vertrag zu lösen nicht von der Höhe einer Preisänderung (hier 5 Prozent) abhängen.  Es dürfe keinen Freibrief für Preiserhöhungen von bis zu 5 Prozent geben. Das Schriftformerfordernis werde durch eine Textnachricht per E-Mail auch nicht gewahrt.

Bei der „Preiserhöhungsklausel ohne Widerrufsrecht“ hat sich das Oberlandesgericht der klägerischen Sichtweise, bei der Klausel „E-Mail genügt dem Schriftformerfordernis“ der Sichtweise der Beklagten angeschlossen. Somit hat das OLG Frankfurt der Klage teilweise stattgegeben und sie teilweise abgewiesen.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das Oberlandesgericht in einem Berufungsverfahren entschieden. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Verbraucher sollten bei Preiserhöhungsklauseln ohne Widerrufsmöglichkeit in Mobilfunkverträgen immer hellhörig werden. Diese sind nach diesem Urteil unzulässig. Die Sperrung ihres Telefonanschlusses kann ihnen jedoch nach diesem Urteil zulässigerweise per E-Mail angedroht werden.

Ist das Urteil gut?

Ja und nein, Daumen waagerecht. Einerseits ist es nur konsequent, den Mobilfunkanbietern die Möglichkeit zu nehmen einseitig - von ihren Geschäftsbedingungen gedeckte - Preiserhöhungen vorzunehmen. Andererseits wäre es schön gewesen, wenn man nicht die Sperrungsandrohung des Telefonanschlusses per E-Mail zugelassen hätte. Die Zulässigkeit der „Sperrungsandrohung per E-Mail“ setzt voraus, dass das E-Mail-Postfach täglich kontrolliert wird, was bei nicht technikaffinen Menschen nicht der Fall sein dürfte. Die hier ausgeurteilte Zulässigkeit der Sperrungsandrohung per E-Mail ist weder transparent noch ist sie praktikabel.  Eine Sperrungsandrohung per Brief wäre dies jedoch.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucher sollten sich den von ihnen unterzeichneten Mobilfunkvertrag inklusive der verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen genauestens durchlesen. Sollte sich hierin wider Erwarten noch eine Klausel befinden, in der einseitig Preiserhöhungen ohne Widerrufsrecht enthalten sind, so ist diese Erhöhungsklausel nach diesem Urteil unzulässig.

Sollte für Verbraucher die Rechtsgrundlage einer Forderung teilweise unklar sein, dann sollte nur der Forderungsteil überwiesen werden, der klar ist. Für den anderen, unklaren Forderungsteil sollte man den Gläubiger um Anspruchsgrundlage und nähere Erklärung bitten. Erst wenn der Verbraucher die Antwort plausibel und schlüssig findet, sollte er den Rest überweisen. Einseitige Preisänderungsklauseln sind im Mobilfunkbereich – das zeigt dieses Urteil – unwirksam.

Verbraucher, die aufgrund ihres Verhaltens mit der Sperrung ihres Telefonanschlusses rechnen müssen, sollten täglich ihren E-Mail-Account kontrollieren, damit sie immer aktuell im Bilde darüber sind, ob ihnen die Sperrung ihres Anschlusses tatsächlich angedroht wurde.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt vom 09.04.2020 hat das Aktenzeichen Az 1 U 46/19.

Stand: Juli 2020

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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