Auf einer mit dem Wort beschrifteten Uhr wird der Begriff Mahnung angezeigt

Kunden von Versandhändlern aufgepasst bei der Mahngebühr

Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg handelt ein Versandunternehmen irreführend und unlauter, wenn es seinen Kunden eine hohe Mahngebühr pauschal in Rechnung stellt, ohne dass sich diese aus den AGB ergibt oder individuell zwischen den Parteien vereinbart wurde.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen das Handelsunternehmen Otto GmbH & Co KG (auch Otto-Versand genannt) vor dem Oberlandesgericht Hamburg.

Der Beklagte hatte seinen Kunden eine pauschale monatliche Mahngebühr von zehn Euro in Rechnung gestellt, obwohl diese weder individuell zwischen den Vertragsparteien vereinbart war noch sich aus den in dem Vertrag verwendeten AGB ergab. Hiergegen wendet sich die Klägerin und begehrt Unterlassung dieser Pauschalierung.

In der Vorinstanz vor dem Landgericht Hamburg wurde die Rechtsansicht der Klägerin bestätigt und der Klage stattgegeben. Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Wir befinden uns nun in der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht (OLG).

Welche Positionen vertreten die Parteien?

Der Beklagte vertritt folgende Auffassung: Es müsse dem Verbraucher klar sein, dass es sich bei ihm um ein Unternehmen handele, dass in einem stark umkämpften Markt arbeite, besonders hohen Wert auf feste Kundenbeziehungen lege und gerade deshalb „in Bezug auf die angebotenen Zahlungsoptionen wie auch in der Forderungsbearbeitung auf Flexibilität bedacht ist“. Aus den genannten Gründen kann die pauschale Mahngebühr von zehn Euro auch als angemessen angesehen werden. Im Übrigen handele es sich bei den vorgeschlagenen Mahngebühren um eine bloße Meinungsäußerung, der ein Kunde ja nicht zustimmen müsse.

Für den Kläger ist die Einlassung der Beklagten nicht ganz nachvollziehbar und nicht glaubhaft dargetan. So fehlten Hinweise darauf, warum der Kunde vorgenannte Stellung des klägerischen Unternehmens kennen müsste. Außerdem handele es sich bei der Angabe von zehn Euro Mahngebühr um eine „unwahre“ Angabe nach § 5 Abs.1 Satz 2 1. Alt. UWG, die man schon alleine deshalb nicht als bloße Meinungsäußerung ansehen könne.

Diese Ansicht hat auch das streitentscheidende Oberlandesgericht Hamburg in seinem Beschluss angenommen und somit die Entscheidung der landgerichtlichen Vorinstanz bestätigt.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das Oberlandesgericht Hamburg in einem Berufungsverfahren entschieden. Eine weitergehende Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ist zwar noch möglich, jedoch nicht mehr zu erwarten. Diese Entscheidung gibt nun im Großen und Ganzen die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Hamburg wieder; und es kann vernünftigerweise nicht davon ausgegangen werden, dass sich der unterlegene Beklagte diese Entscheidung noch einmal kostenpflichtig vom BGH bestätigen lässt.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Verbraucher können sich darauf verlassen, dass Unternehmen (wie hier der Otto-Versand) genau begründen müssen, warum gerade bei ihnen solch außergewöhnlich hohe Mahnkosten entstehen. Im Regelfall werden rund 2,50 bis fünf Euro als Mahnkosten anfallen.

Ist der Beschluss gut?

Ja. Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieser Beschluss schützt den Verbraucher davor, unternehmerischer Willkür bei der Erhebung von Mahngebühren ausgesetzt zu sein. Wenn ein Unternehmen höhere Mahnkosten als die üblichen geltend macht, muss es auch transparent darlegen können, weshalb diese erheblichen Mehrkosten entstehen. Ansonsten kann man durchaus vermuten, dass solch erheblich überhöhte Mahnkosten als zusätzliche Einnahmequelle dienen. Dies ist genauso unzulässig, wie man das Schweigen des Verbrauchers auf die Ankündigung der Erhebung überhöhter Mahnkosten als Zustimmung zu deren Erhebung werten darf.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucher sollten immer genau prüfen, ob die ihnen in Rechnung gestellten Mahngebühren angemessen sind.

Bei dieser Prüfung ist Folgendes zu beachten: Es gibt im deutschen Recht keine Regelung darüber, in welcher Höhe die Mahnkosten genau anzusetzen sind. Allerdings finden sich im BGB einige Kriterien, aus denen sich die Höhe der Mahngebühren ergeben sollte. Die Höhe der Mahngebühren muss „angemessen“ und „verhältnismäßig“ sein. Der Gläubiger darf sich keine neuen Gebühren ausdenken, sondern es dürfen nur die tatsächlich entstandenen Mehrkosten berechnet werden. Die geltend gemachten Kosten müssen in direkter Verbindung zum Mahnschreiben stehen (also zum Beispiel Kosten für Papier, Druck, Porto). Nicht zu diesen Kosten gehören aber Kosten für Personal und Verwaltung im Mahnwesen. Letztere Kosten sind solche des allgemeinen Geschäftsbetriebs. Nach gefestigter Rechtsprechung werden gegenwärtig folgende Kosten für eine Mahnung als angemessen erachtet:

  • 2,50 bis 5,00 Euro für eine erste Mahnung
  • 5,00 bis 7,50 Euro für eine zweite Mahnung
  • 7,50 bis 10,00 Euro für eine dritte Mahnung

Zu beachten ist hierbei jedoch, dass auch 5,00 EURO unangemessen zu hoch sein können, wenn diese nicht nachgewiesen werden können. (Quelle: www.gründerlexikon.deÖffnet sich in einem neuen Fenster)

Wo ist der Beschluss zu finden?

Der Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg vom 22.12.2021 hat das Aktenzeichen AZ 15 U 14/21.

Stand: Januar 2022

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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