Ein Mann unterschreibt einen Vetrag

Kunden und Anbieter aufgepasst: Widerruf von Haustür-Handwerkerverträgen

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle bekommt ein Handwerker nach Widerruf eines an der Haustür geschlossenen Vertrages dann keinen Wertersatz für geleistete Arbeiten, wenn er den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier hatten ein Handwerker und ein Verbraucher an der Haustüre einen Vertrag geschlossen. Gegenstand des Vertrages war die Reinigung und Versiegelung von Dachpfannen und Pflastersteinen sowie die Sanierung von Holz zu einem Preis von 21.000 Euro. Nachdem der Verbraucher bereits 12.500 Euro angezahlt und der Handwerker seine Handwerkerleistung teilweise erbracht hatte, widerrief der Verbraucher seine Vertragserklärung und forderte vom Handwerker seine Anzahlung in Höhe von 12.500 Euro zurück. Diesem Rückforderungsbegehren hielt der Handwerker einen vermeintlichen Gegenanspruch für erbrachte Leistungen in Höhe von 8.050 Euro entgegen.

Das Landgericht (LG) Bückeburg hatte dem auf volle Rückzahlung seiner Anzahlung von 12.500 Euro klagenden Verbraucher in der ersten Instanz recht gegeben. Gegen diese Entscheidung legte der beklagte Handwerker Berufung zum OLG Celle ein. In dieser Instanz befinden wir uns nun.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Der Beklagte ist der Ansicht, dass er die geltend gemachten 8.050 Euro von der Rückzahlungsforderung abziehen könne. Dies entspreche den Grundsätzen des Verbraucherbauvertrages, der zwischen den Parteien geschlossen worden sei. Hiernach ist Wertersatz für die bereits erbrachten Handwerker-Dienste zu leisten.

Der Kläger ist der Ansicht, dass hier ein Verbrauchervertrag an der Haustüre geschlossen worden sei. Die notwendige Belehrung sei nicht erfolgt mit der Folge, dass der Vertrag unproblematisch widerrufen werden könne. Wertersatz sei hier nicht zu leisten.  Im Übrigen gebe es keinerlei Hinweis darauf, dass er sich mit seinem Rückforderungsanspruch treuwidrig verhalte. Der Beklagte habe ihm somit die vollen 12.500 Euro zurückzuerstatten.

Das OLG Celle hat sich der Ansicht des ursprünglichen Klägers angeschlossen und die Berufung des ursprünglichen Beklagten zurückgewiesen. Ein an der Haustür geschlossener Handwerker-Vertrag über kleinere Arbeiten am Haus ist ein Verbrauchervertrag, der die Belehrungspflicht des Handwerkers über das zweiwöchige Widerrufsrecht des Verbrauchers nach sich zieht.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das OLG Celle in zweiter Instanz entschieden. Die erstinstanzliche Entscheidung des LG hat das OLG in seiner Entscheidung weitestgehend bestätigt, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass sich der Handwerker diese Entscheidung noch einmal kostenpflichtig von einem weiteren Gericht, nämlich dem Bundesgerichtshof (BGH) bestätigen lässt und das Rechtsmittel der Revision einlegen wird.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Diese Entscheidung macht noch einmal die besondere Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers bei Haustürgeschäften deutlich. Regelmäßig kommt es vor, dass Handwerker einfache Arbeitsleistungen unaufgefordert an der Haustür anbieten. Der Vertrag über diese Leistungen wird häufig handschriftlich an der Haustür geschlossen, ohne dass es zu einer Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften kommt. Nicht selten kommt es dann später zu Streitigkeiten, wenn sich der Verbraucher vom Vertrag lösen und seine Anzahlung zurückfordern will.

Diese Entscheidung stellt klar, dass es sich bei Verträgen über „kleinere Arbeitsleistungen“ am Haus nicht um Verbraucherbauverträge, sondern um einfache Verbraucherverträge handelt, die widerrufen werden können, ohne dass Wertersatz für die bereits verrichteten Handwerkerleistungen erbracht werden muss.

Ist die Entscheidung gut?

Ja und Nein. Daumen waagerecht. Zum einen stärkt das OLG Celle dem Verbraucher den Rücken. Bei Verträgen über kleinere am Haus zu erbringende Arbeitsleistungen ist der Verbraucher wie bei allen anderen Verbraucherverträgen uneingeschränkt schutzbedürftig und somit über sein Widerrufsrecht zu belehren. Diesem Ergebnis würde es im Wege stehen, wenn man in vorgenannter Konstellation einen Verbraucherbauvertrag annehmen würde und der Verbraucher nach Widerruf doch noch Wertersatz leisten müsste.

Zum anderen ist es merkwürdig, dass das OLG den Handwerker hier seine Arbeitsleistung quasi „unentgeltlich“ erbringen lässt und es zulässt, dass der Verbraucher rechtsgrundlos um die Arbeitsleistung des Handwerkers bereichert ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Rückforderung der Anzahlung hier ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen könnte, hatte der Senat gleichwohl nicht.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucher sollten sich darüber bewusst sein, dass es sich bei an der Haustür abgeschlossenen Handwerker-Verträgen über kleinere Handwerkerleistungen um Verbraucherverträge und nicht etwa um Verbraucherbauverträge handelt. Dies hat zur Folge, dass diese Verträge widerrufen werden, bereits erfolgte Vorauszahlungen zurückgefordert werden können und kein Wertersatz geleistet werden muss; vorausgesetzt die Rückforderung verstößt nicht gegen Treu und Glauben.  

Diese Entscheidung sollte nicht zum Anlass genommen werden, um durch einen späten Widerruf unentgeltlich an Handwerkerleistungen zu gelangen. In vielen Fällen wäre der Rückforderungsanspruch ohne Anrechnung der vom Handwerker bereits erbrachten Dienste treuwidrig und käme auch nach Ansicht des OLG Celle nicht in Betracht.

Was können Handwerker tun?

Der Handwerker muss zwingend notwendig an seine Belehrungspflicht des Verbrauchers über dessen zweiwöchiges Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften denken. Da es sich bei den streitgegenständlichen Handwerkerverträgen nicht um Verbraucherbauverträge, sondern um gemeine Verbraucherverträge handelt, kommt Wertersatz nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich der Verbraucher mit seinem Rückforderungsanspruch treuwidrig verhält; regelmäßig ist das jedoch nicht der Fall.
 

Wo ist die Entscheidung zu finden?

Die Entscheidung des OLG Celle vom 26.04.2022 hat das Aktenzeichen AZ 6 U 6/22.

Stand: Mai 2022

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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