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Benutzer von Flirt- und Dating-Portalen aufgepasst bei Fake-Profilen

Nach einem Urteil des Landgerichts Berlin ist die Betreiberin eines Flirt- und Dating-Portals dazu verpflichtet, ihre Kunden deutlich im Vertragstext darauf hinzuweisen, dass einige von ihr verwendeten Nutzerprofile nicht echt sind. Anderenfalls wäre die Werbung auf der Startseite der Beklagten irreführend.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Sliik GmbH, die das Flirt- und Dating-Portal „icatched.de“ betreibt, vor dem Landgericht Berlin auf Unterlassung.

Auf der Plattform der Beklagten konnte man nach der Registrierung und der Erstellung eines Profils Kontakt mit anderen Nutzern aufnehmen, um diese kennenzulernen. Die Beklagte warb mit dem Slogan „Treffen und Spaß haben“. Doch wie sich völlig überraschend herausstellte, steckten hinter den verfügbaren Profilen nicht nur echte, sondern auch zahlreiche künstlich angelegte Profile („Fake-Profile“). Letztere wurden von Mitarbeitern der Beklagten moderiert. Mit solchen Nutzern ist weder ein Treffen noch eine Liebesbeziehung möglich. Die Beklagte gab an, dass mehr als 8.000 solcher Profile existieren. Doch auf die Existenz solcher Profile wies sie lediglich in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) hin.

Der Kläger begehrt nun von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung solcher Fake-Profile.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Beklagte gibt hier zu verstehen, dass ihr überhaupt kein Fehlverhalten vorzuwerfen sei. Jeder Vertragspartner werde bereits vor Vertragsabschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hingewiesen, dass sich unter den angezeigten Profilen auch Fake-Profile befinden könnten. Ein Widerspruch zu dem Werbeslogan „Treffen und Spaß haben“ könne Sie deshalb nicht feststellen.   

Der Kläger ist hier gänzlich anderer Ansicht. Verbraucher haben nach seinen Worten beim Besuch eines Dating-Portals die Erwartungshaltung, dass sie ausschließlich andere private Nutzer kennenlernen, treffen und gegebenenfalls mit ihnen eine nähere Beziehung eingehen wollen. Diese Erwartungshaltung werde durch die Aufmachung des Angebots der Beklagten noch verstärkt. Mit dem Moderator eines künstlichen Profils sei das jedoch gänzlich unmöglich.

Das Landgericht hat sich der klägerischen Ansicht angeschlossen und die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung von Fake-Profilen verurteilt. Auf die gelegentliche Verwendung von Fake-Profilen hätte die Beklagte vor Vertragsschluss deutlich im Vertragstext (und nicht nur in den AGB) hinweisen müssen. Der interessierte Verbraucher müsse wissen, ob hinter den Profilen, die ihn anschreiben oder kontaktieren, eine Person steckt, die gar kein Interesse am Kennenlernen hat und nur gegen Entgelt mit ihm kommuniziert. Ein Hinweis auf die solche Profile in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist da jedenfalls nicht ausreichend.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das Landgericht Berlin erstinstanzlich entschieden. Theoretisch könnte gegen diese Entscheidung noch Berufung zum KG Berlin eingelegt werden. Dies ist jedoch nicht zu erwarten. Zum einen geht es hier nicht um die strittige Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, bei der es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gäbe. Hier geht es vielmehr um die Bewertung eines Lebenssachverhalts als irreführend. Zum anderen entspricht ein zunehmender Verbraucherschutz und Schutz vor Irreführungen im Internet absolut dem Zeitgeist.

Aus den genannten Gründen wird die Beklagte wohl vernünftigerweise kein Rechtsmittel mehr gegen diese Entscheidung einlegen und sich dieses Urteil von einer höheren Instanz nicht noch einmal kostenpflichtig bestätigen lassen.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Die User des Dating-Portals „icatched.de“ werden hier davor geschützt, einem Irrtum zu unterliegen, indem man sie davor schützt, auf Fake-Profile hereinzufallen. Die Beklagte wird durch dieses Urteil dazu verpflichtet, dass sie ihre einmal eingegangene vertragliche Verpflichtung, der Herstellung von tatsächlichen Kontaktmöglichkeiten gegen Entgelt nicht mittels Vermittlung von Fake-Profilen erfüllen darf.

Ist das Urteil gut?

Ja. Daumen uneingeschränkt nach oben. Das Landgericht stärkt hier den Benutzern von Dating-Portalen den Rücken.

Den Betreibern von Flirt- und Dating-Portalen wird es zukünftig noch schwerer möglich sein, den hochsensiblen Bereich von Emotionen und Gefühlen der User zu missbrauchen, um mit Fake-Profilen Profit zu machen.   

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des LG Berlin vom 17.02.2022 hat das Aktenzeichen Az 16 O 62/21.

Stand: März 2022

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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