Zwei Hände mit einem Brecheisen versuchen eine Tür aufzuhebeln

Aufgepasst: Haftung der Hausratversicherung bei Fahrlässigkeit

Kommt es zu einem Wohnungseinbruch, geht der Versicherungsnehmer einer Hausratsversicherung davon aus, dass die Versicherung den entstandenen Schaden bezahlt. Doch was ist, wenn der Haustürschlüssel durch fahrlässiges Verhalten gestohlen werden konnte? Was versteht man unter fahrlässigem Verhalten?

Laut einem Beschluss des OLG Hamm müssen Hausratsversicherte bei der Verwahrung ihrer Haustürschlüssel sorgsam sein. Ermöglicht man durch sein fahrlässiges Verhalten erst die Entwendung der Wohnungsschlüssel, so verliert man seinen Versicherungsschutz, wenn diese später von Einbrechern verwendet werden. Dies schreibt unser Redaktionsmitglied, Ass.iur. Nikolai Schmich, LL.M., in seiner Kolumne „Ihr gutes Recht“. Hier informiert er über aktuelle Gerichtsentscheidungen. Er beantwortet dabei die wichtigsten Fragen.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Die Klägerin befand sich im Jahr 2013 auf dem Heimweg von einer Betriebsfeier in Begleitung eines Kollegen. Ihr Fahrrad,auf dem sie in einem Korb die Handtasche und den Wohnungsschlüssel abgelegt hatte, ließ sie einige Minuten unbeobachtet, während sie sich ihrem Begleiter zuwandte. Diese wenigen Minuten nutzte ein Dieb, um Wohnungsschlüssel und Handtasche zu entwenden. Noch am Tatort meldete die Klägerin den Diebstahl der Polizei und übernachtete mangels Schlüssels bei einer Verwandten. Als sie sich am nächsten Morgen zur nahe gelegenen eigenen Wohnung begab, stellte sie fest, dass Schmuck, Mobiltelefone, Laptops und weitere Gegenstände im Gesamtwert von 17.500 Euro entwendet wurden.

Die Klägerin begehrt nun von der Beklagten, bei der sie eine Hausratsversicherung unterhält, Ersatz für den infolge des Diebstahls in ihrer Wohnung entstandenen Schaden.

Die Beklagte ist eine Hausratsversicherung in Bonn. Die von ihr verwendeten und von der Klägerin unterschriebenen Versicherungsbedingungen sehen eine Klausel vor, nach der ein Einbruchdiebstahl unter anderem dann vorliegt, wenn ein Dieb in einen Raum eines Gebäudes mittels richtigen Schlüssels eindringt, welchen er innerhalb oder außerhalb des Versicherungsortes durch Diebstahl an sich gebracht hatte, vorausgesetzt, dass weder der Versicherungsnehmer noch der Gewahrsamsinhaber den Schlüsseldiebstahl durch fahrlässiges Verhalten ermöglicht hat.

Die Parteien streiten hier über die Eintrittspflicht für den Schaden in Höhe von 17.500,-€

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte unzweifelhaft den hier entstandenen Schaden ersetzen müsse. Für solche Fälle des Diebstahls des Wohnungsschlüssels sei ja vor allem auch die Hausratsversicherung gedacht. Die Klägerin habe sich auch nur kurz ihrem Begleiter zugewandt, sodass man ihr kein Verschulden an dem Diebstahl vorwerfen könne.

Die beklagte Versicherung sieht die Sach- und Rechtslage hier ganz anders. Genau für den hier vorliegenden Fall habe sie in ihren Versicherungsbedingungen einen Leistungsausschluss geregelt. Durch das minutenlange „Unbeobachtetlassen“ des Fahrradkorbes samt Handtasche und Schlüssel habe die Klägerin fahrlässig gehandelt und potenzielle Diebe zum Entwenden des Schlüssels quasi eingeladen. Der Leistungsausschluss greife demnach ein und sie müsse den Schaden nicht ersetzen.

Letzterer Ansicht hat sich auch das Oberlandesgericht Hamm angeschlossen und die Klage abgewiesen. Die beklagte Hausratsversicherung der Klägerin muss den ihr infolge des „Diebstahls“ entstandenen Schaden von ca. 17.500,-€ nicht ersetzen.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Nein, hier das OLG Hamm in zweiter Instanz entschieden. Diese Entscheidung hat jedoch Rechtskraft erlangt, da die Klägerin keine Rechtsmittel eingelegt hat.

Wie wirkt sich die Entscheidung am Ende auf die Verbraucher aus?

Verbraucher müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie ihren Versicherungsschutz in der Hausratsversicherung verlieren, wenn sie durch fahrlässiges Verhalten ihren Haustürschlüssel entwendet bekommen. Dies gilt für den Fall, dass – wie hier – dann mithilfe des „Originalschlüssels“ in die Wohnung eingedrungen wird und Dinge entwendet werden.

Ist der Beschluss gut?

Daumen waagerecht. Einerseits wäre es hier wünschenswert gewesen, wenn die bestohlene Klägerin Versicherungsschutz erhielte und ihren Schaden aus dem unbefugten Eindringen in ihre Wohnung und Entwenden einiger Gegenstände ersetzt bekäme. Andererseits ist das Urteil nur konsequent, indem es an die grundsätzlich bestehende Eigenverantwortlichkeit und Schadenvermeidungspflicht eines jeden abstellt. Wer diese in vorwerfbarer Art und Weise verletzt, verliert insofern seinen Versicherungsschutz in der Hausratsversicherung.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Der Versicherte sollte bei der Verwahrung seines Haustürschlüssels stets sorgsam sein und diese vor allzu leichtem Zugriff durch Dritte und Diebe schützen. Erst wenn er hierbei die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet und ein nicht zu leichtfertiger Umgang damit die Entwendung durch Diebe erleichtert, haftet seine Hausratsversicherung für die Konsequenzen eines Diebstahls.

Wo ist der Beschluss zu finden?

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.02.2017 hat das Aktenzeichen 20 U 174/16.

Keine Revision zum BGH zugelassen.

Stand: August 2017

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„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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