Waagschalen der Justicia

Aufgepasst bei Schweigen auf neue Banken-AGB!

Nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Hannover stimmen Bankkunden durch die Kontonutzung nicht automatisch Vertragsänderungen zu, die sich beispielsweise aus veränderten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ergeben.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Hier klagt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Sparda-Bank wegen eines möglichen Wettbewerbsverstoßes.

Im Mai und Juli 2022 forderte die Sparda-Bank Ihre Kunden schriftlich zur expliziten Zustimmung zu ihren neuen Vertragsbedingungen auf. In einem gesonderten Schreiben im September erklärte die Beklagte, dass sie zukünftig auch die Kontonutzung als Zustimmung werten wird, zum Beispiel im Wege von Überweisungen, Abhebungen am Automaten und bargeldlosen Zahlungen

Gegen die Tatsache, dass die Beklagte so verfährt, wendet sich der Kläger im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Hannover.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Die Beklagte ist der Ansicht, dass ihr Verhalten nur konsequent sei. Schließlich habe sie Kunden zweimal (nämlich im Mai und Juli 2022) die Möglichkeit eingeräumt, ihre explizite Zustimmung zu den neuen Vertragsbedingungen zu erklären. Wenn ein Kunde bzw. eine Kundin im Anschluss an diese zwei Möglichkeiten – bei denen er bzw. sie gegebenenfalls auch seine bzw. ihre Ablehnung hätte äußern können – weiterhin die vertraglichen Leistungen in Anspruch nimmt, so sei es auch nur konsequent hierin eine konkludente Zustimmung zu den neuen Vertragsbestimmungen zu sehen.

Der Kläger steht vor allem auf dem Standpunkt, dass dem Schweigen im Rechtsverkehr kein Erklärungsgehalt beigemessen werde. Hierfür habe sich der Gesetzgeber in § 151 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu Recht entschieden. Man dürfe demnach ein Schweigen nicht als Zustimmung zum veränderten Vertragsinhalt (und seien es auch nur geänderte AGB) werten.

Der letzten Ansicht hat sich auch das LG angeschlossen. Zusätzlich sieht es in dem Verhalten des Beklagten einen klaren Wettbewerbsverstoß, einen Verstoß gegen grundlegende vertragliche Prinzipien und eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat das LG erstinstanzlich entschieden. Grundsätzlich könnte die Beklagte hiergegen noch das Rechtsmittel der Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Celle einlegen. Dies ist jedoch nicht zu erwarten, da das Urteil dem altbewährten juristischen Dogma folgt, dass dem Schweigen (bis auf hier nicht vorliegende Ausnahmen) grundsätzlich kein Erklärungswert beigemessen wird (vgl. § 151 BGB).

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Verbraucherinnen und Verbrauchern wird im Bankensektor der Rücken gestärkt. Banken dürfen ihr Schweigen nicht als Zustimmung zu geänderten Vertragsbedingungen werten. Die Rechtsstellung der Bankkunden wird durch dieses Urteil deutlich aufgewertet.  

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Es bleibt bei der grundsätzlichen Wertung, dass dem Schweigen im Rechtsverkehr kein Bedeutungsgehalt beigemessen wird (vgl. auch § 151 BGB).  Eine Ausnahmekonstellation wie zum Beispiel das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das als Zustimmung hierzu gewertet wird, wenn auf beiden Vertragsseiten Kaufleute handeln, liegt hier nicht vor.

Was kann der Verbraucher jetzt tun?

Die Verbraucherinnen und Verbraucher sollten genau überprüfen, ob sich ihre Bank bei ihren Verhaltensweisen ihnen gegenüber auf Vertragsänderungen bzw. Änderungen ihrer AGB beruft. Dies geht nur dann, wenn sie auch aktiv diesen Änderungen zugestimmt haben. Sollte dies nicht der Fall sein, kann sich die Bank nicht erfolgreich auf eine Veränderung berufen und für Verbraucherinnen und Verbraucher bleibt alles beim Alten. Eine konkludente Zustimmung durch Schweigen – und das zeigt dieses Urteil einmal mehr – wird es nicht geben.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des LG Hannover vom 28.11.22 hat das Aktenzeichen Az 13 O 173/22.

Stand: Dezember 2022

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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