Frau mit Kopfhörern sitzt auf dem Sofa und schaut auf ihr Smartphone

Achtung bei Preisanpassungsklauseln in Spotify-Abonnementverträgen

Nach einem Urteil des Landgerichts Berlin sind die Preisanpassungsklauseln des Streamingdienstes Spotify in seinen Abonnementverträgen unzulässig.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hatte gegen den Streamingdienst Spotify wegen der Nutzungsbedingungen seiner Abonnementverträge geklagt.

Das Unternehmen Spotify, das seinen Sitz in Schweden hat, behielt sich in seinen Nutzungsbedingungen vor, die Abonnementgebühren und sonstigen Preise zu erhöhen, um die gestiegenen Gesamtkosten für die Bereitstellung des Streamingdienstes zu kompensieren. Unter den Begriff der Kosten fallen beispielsweise Produktions- und Lizenzkosten, Personal-, Verwaltungs- und Finanzierungskosten sowie Steuern, Gebühren und sonstige Abgaben.

Eine Verpflichtung zur Gebührensenkung bei gefallenen „Kosten“ sahen die Nutzungsbedingungen der Beklagten nicht vor. Der Kläger hält diese Preisanpassungsklausel in den Nutzungsbedingungen der Beklagten für unzulässig.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Hauptargument der Beklagten ist, dass die Kosten für Streamingdienste auf dem Markt ohnehin nur steigen würde. Dies sei schon immer so gewesen, so dass es keiner Möglichkeit der Gebührenanpassung nach unten bedürfe.  

Der Kläger tritt dem entschieden entgegen. Das Argument der Beklagten sei unzutreffend. Auch ihre Kosten hingen teilweise von Kosten ab, die sinken könnten. Paradebeispiel hierfür sei die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer im zweiten Halbjahr 2020. Spotify habe diese Senkung zwar an die Kundinnen und Kunden weitergegeben. Eine Verpflichtung hierzu ergebe sich aus dem Wortlaut der Klausel der Nutzungsbedingungen jedoch nicht. Nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung seien Kostensenkungen genauso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und es bestehe eine Verpflichtung erstere an Kundinnen und Kunden weiterzugeben genauso wie die Möglichkeit zur Weitergabe letzterer. Demnach sei die streitgegenständliche Klausel in den Nutzungsbedingungen der Beklagten wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben und unangemessener Benachteiligung der Verbraucher (vgl. § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam.

Letzter Ansicht hat sich auch das Landgericht Berlin angeschlossen und der Klage stattgegeben.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Nein, hier hat das Landgericht Berlin erstinstanzlich entschieden. Die Beklagte hat zwar Berufung zum Kammergericht Berlin eingelegt. Es ist jedoch zu erwarten, dass das Kammergericht diese Entscheidung für die Beklagte kostenpflichtig bestätigen wird. Das Landgericht hat sich hier für mehr Verbraucherschutz entschieden und Spotify dazu verpflichtet, bei überraschendem Fallen der „Kosten“, diese auch verpflichtend an die Verbraucher weiterzugeben. Eine anderslautende Entscheidung wäre nur möglich, wenn das Kammergericht eine Rolle rückwärts machte und die finanziellen Interessen von Spotify höher gewichten würde als berechtigte Interessen des Verbraucherschutzes, was meines Erachtens nicht zu erwarten ist.

Wie wirkt sich das Urteil am Ende auf die Verbraucher aus?

Diese Entscheidung bestätigt die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Klausel benachteiligt die Verbraucher entgegen der Gebote von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist deshalb unwirksam. Darauf darf sich die Beklagte folglich bei einer Preisänderung nicht berufen.

Ist die Entscheidung gut?

Ja, Daumen uneingeschränkt nach oben. Dieses Urteil stärkt den Nutzern von Spotify-Abonnementverträgen den Rücken. Denn, wenn sich die Situation bei der Inflation und den von ihr beeinflussten Kosten ins Gegenteil umkehrte, so müsste dies gerechtigkeitshalber genauso in den Preisen berücksichtigt werden. Auch wenn diese Situation noch nicht absehbar ist, so ist nicht ausgeschlossen, dass sie in Zukunft eintritt. Nach den jetzigen Nutzungsbedingungen könnten die Preise jedoch dann so hoch bleiben, ohne bei niedrigeren Kosten automatisch fallen zu müssen.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucherinnen und Verbraucher sollten alle ihre Abonnementverträge daraufhin überprüfen, ob sie neben der Möglichkeit zur Preisanpassung nach oben wegen gestiegener Kosten auch die Verpflichtung des Unternehmers zur Preisanpassung nach unten bei gefallenen Kosten vorsehen.

Dieses Urteil hat zwar unmittelbar nur Rechtswirkung für Spotify-Abonnementverträge, allerdings besteht auch Ausstrahlungswirkung für andere Verträge, falls es vom Kammergericht bestätigt wird. Noch ist die Berufung anhängig, aber wir – vom Verbraucherfenster – halten Sie über deren Ausgang auf dem Laufenden.

Auf die streitgegenständliche Klausel in den Nutzungsbedingungen – und das sollten Verbraucherinnen und Verbraucher genau überprüfen - darf sich die Beklagte bei Preiserhöhungen zukünftig nicht mehr berufen. Diese Klausel ist – wie dieses Urteil bestätigt – unwirksam.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 28. Juni 2022 hat das Aktenzeichen Az 52 O 296/21. Die Berufung wird beim Kammergericht Berlin unter dem Aktenzeichen Az 23 U 112/22 geführt.

Stand: September 2022

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

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