Ein Mann hebt ein Sofa an

Aufgepasst beim Kauf sperriger Waren!

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) muss ein Verkäufer sperriger Waren zur Mängelbehebung zum Käufer fahren. Der Verbraucher muss die sperrigen Waren nicht mehr – und das ist neu – zum Verkäufer zurücksenden.

Worum geht es bei der Entscheidung?

Der Kläger ist ein Verbraucher aus Norddeutschland. Der Beklagte ist ein Händler, der unter anderem Partyzelte verkauft.  Der Kläger erwarb ein solches Partyzelt bei dem Beklagten und ließ sich dieses nach Hause liefern. Wie er nach dem Aufbau des fünf mal sechs Meter großen Zeltes feststellte, war dieses mangelhaft. Daraufhin forderte er den Händler zur Mängelbeseitigung und Abholung des Zeltes bei sich auf. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach und wollte etwaige Mängel nur dann beheben, wenn ihm der Kläger das mangelhafte Zelt zur Begutachtung und dann etwaigen Mängelbeseitigung zusende. Daraufhin trat der Beklagte vom Kaufvertrag zurück und machte seine Rechte aus diesem Rücktritt geltend. Da der Händler an seiner gegensätzlichen Rechtsauffassung festhielt, war nunmehr Klage geboten. Das mit der Rechtssache befasste Amtsgericht Norderstedt legte die Rechtsfrage, ob nun Käufer oder Verkäufer sperriger Kaufgegenstände für den Rücktransport zur Mängelbeseitigung zuständig sind, dem EuGH zur Entscheidung vor.

Welche Positionen vertreten die beteiligten Parteien?

Der Beklagte ist hier der Auffassung, dass für die Rücksendung zur Mängelbeseitigung der Käufer zuständig sei. Eine Berechtigung zum Rücktritt wegen Verletzung vertraglicher Pflichten durch den Verkäufer bestehe somit für den Käufer nicht. Das deutsche Gewährleistungsrecht sei insofern eindeutig und der Käufer müsse die Ware zum Nachbesserungsversuch zurücksenden. Es sei für ihn als Verkäufer logistisch ja gar nicht zu bewältigen, wenn er für den Rücktransport der „sperrigen“ Kaufgegenstände zur Mängelbeseitigung auch noch selbst zuständig wäre.

Der Käufer sieht die Rechtslage hier ganz anders: Er vertritt die Auffassung, dass er berechtigt war, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Verkäufer sich – wie hier - dazu weigert, den Transport zur Mängelbeseitigung des sperrigen Zeltes selbst durchzuführen. Der Verkäufer sei damit seinen Pflichten aus dem Kaufvertrag nicht nachgekommen. Er habe die Mängelbeseitigung somit ernsthaft und endgültig abgelehnt, die regelmäßig damit beginnt, dass der Verkäufer den sperrigen Kaufgegenstand (hier: das sperrige Zelt) beim Käufer abholt.

Dieser Rechtsauffassung hat sich auch der EuGH angeschlossen. Ferner führt er aus, dass es grundsätzlich Sache des Verbrauchers sei, dem Verkäufer die Ware für den Nachbesserungsversuch zukommen zu lassen. Hierbei dürfen dem Käufer einerseits keine zusätzlichen Kosten entstehen; aber andererseits ist dem Käufer hierbei ein gewisses Maß an Unannehmlichkeiten durchaus zuzumuten. Erst dann, wenn eine gewisse Schwelle an Unannehmlichkeiten überschritten ist - wie zum Beispiel „regelmäßig“ bei sperrigen Kaufgegenständen – darf die grundsätzlich unterlegene Stellung des Verbrauchers bei der Überprüfung der Mangelhaftigkeit einer Kaufsache zu Lasten des Verkäufers gehen.

Ist die Sache höchstrichterlich entschieden?

Hier hat der Europäische Gerichtshof (EuGH), das höchste europäische Gericht, eine Grundsatzentscheidung getroffen. Alle nationalen Gerichte innerhalb der Europäischen Union müssen sich zukünftig daran halten.

Wie wirkt sich die Entscheidung auf die Verbraucher aus?

Verbraucher können bedenkenlos bei sperrigen Kaufobjekten zukünftig Mängel rügen und die Mängelbehebung wird nicht daran scheitern, dass die Verpackung und das Rücksenden des Kaufgegenstandes zu problematisch oder gar unmöglich ist. Denn bei sperrigen Kaufobjekten – so stellt der Europäische Gerichtshof hier klar – ist entweder der Verkäufer zur Rücksendung zwecks Mängelbeseitigung verpflichtet oder die Mängelbeseitigung hat durch den Verkäufer beim Verbraucher vor Ort zu erfolgen. Ein oftmals problematisches oder gar unmögliches Zurücksenden durch den Käufer ist nun nicht mehr erforderlich.

Ist das Urteil gut?

Ja, uneingeschränkt Daumen nach oben. Der EuGH hat hier ein Einsehen mit dem Verbraucher. Dieser muss große und sperrige Kaufobjekte nun nicht mehr zur Mängelbeseitigung zurückschicken. Die erneute Gefahr der Beschädigung des Kaufobjektes durch Macken infolge Aneckens infolge des Verpackens oder auf dem erneuten Transportweg besteht nun nicht mehr für den Verbraucher.

Was können Verbraucher jetzt tun?

Verbraucher sollten sich auf alle Fälle die genaue Adresse und Telefonnummer ihres Vertragspartners, des Verkäufers, notieren. Bei einem etwaigen Mangelbeseitigungsanspruch können sie diesen dann problemlos kontaktieren, damit dieser den Mangel vor Ort behebt oder zumindest den Rücktransport zur Mängelbeseitigung selbst vornimmt. Jedenfalls sollte der Verbraucher bei seiner Mängelrüge und seinem Beseitigungsverlangen auf dieses EuGH-Urteil verweisen. Denn viele Verkäufer kennen dieses Urteil noch nicht.

Wo ist das Urteil zu finden?

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 23.05.2019 hat das Aktenzeichen C-52/18. Höchstrichterliche Entscheidung.

Stand: August 2019

Autor

„Ihr gutes Recht“ ist die beliebte Kolumne von Rechtsassessor Nikolai Schmich, LL.M. Für die Leserinnen und Leser des Verbraucherfensters sucht und findet er jede Woche relevante Verbraucherurteile und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Verfahren.

Schlagworte zum Thema